Überfall auf Schrotthändler: Landgericht eröffnet Prozess. Anderer erwartet Geständnis.

Hechingen - Das Verfahren gegen die mutmaßlichen Räuber, die zwei Schrotthändler im Kreis brutal überfallen haben, ist eröffnet. Der Fall ist außergewöhnlich – der Prozessauftakt vor dem Landgericht Hechingen war es auch.
 

Justizbeamte und die Strafverteidiger mussten sich gestern den Weg in den Sitzungssaal förmlich bahnen. Mehr als 50 Zuhörer warteten auf Einlass – Freunde, Familienangehörige und Bekannte der vier Angeklagten. Die mutmaßlichen Räuber, heute 18, 22, 30 und 44 Jahre alt, wurden in Handschellen und Fußfesseln vorgeführt. Während der 44-jährige Drahtzieher der Überfälle scheinbar desinteressiert durch den Saal schaute, blickte der 30-Jährige fast vergnügt Richtung Zuschauerreihen. Die beiden Jüngsten starrten die meiste Zeit vor sich hin. Angesichts der Zuschauerkulisse stellte Richter Herbert Anderer gleich mal die Hausregeln klar: »Das ist kein Kino hier und auch kein Theater. Wer schwätzt, geht raus.«
 

Danach hatte Staatsanwalt Engel das Wort. Fast 20 Minuten lang dauerte es, bis er die Anklageschrift verlesen hatte. Dabei wurden weitere Details öffentlich, die darauf schließen lassen, wie roh die Täter bei ihren Raubüberfällen Anfang des Jahres vorgegangen waren. Dem Hechinger Paar drohten sie, Finger und Zehen abzuschneiden, den Opfern in Balingen hielten sie Pistolen an den Kopf, um Geld zu erpressen. Sie machten mehr als 80 000 Euro Beute, hatten aber gehofft, ihre Opfer noch um weitere 250 000 Euro erleichtern zu können. Im Geschäft mit Altmetall wird wohl gerne bar bezahlt. Als Motiv nimmt die Staatsanwaltschaft Geldnot bei den Angeklagten an.
 

Bislang hüllten sich die vier Männer in Schweigen. Aus diesem Grund hat die Kammer 18 Prozesstage angesetzt, in denen 42 Zeugen vernommen werden sollen. Botschaft: Wir haben Zeit. Außerdem ließ sich Anderer kurz in die Karten schauen: Das LKA sicherte DNA-Spuren am Tatort. »Da bedarf es schon einer sehr, sehr guten Erklärung, um da rauszukommen«, so der Richter. Darüber hinaus zeigte er auf, was den Angeklagten blühen kann, wenn sie auch im Prozess schweigen: »Der Strafrahmen ist in solchen Fällen exorbitant hoch«, so Anderer.

Den erwachsenen Angeklagten blühen im Fall einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Gefängnis. Wenn man jedoch mit dem Gericht rede, könne man aber auch darüber sprechen, warum so junge Männer zu Serientätern geworden seien. Eine »Preisfrage« könnte sein, ob hier noch Jugendstrafrecht möglich wäre, das mildere Strafen vorsieht. Die Angeklagten, die gestern noch nicht vernommen wurden, sollten ihre Prozesstaktik deshalb »sehr, sehr genau« überlegen. Das Gericht erwartet ein »echtes, von Reue getragenes Geständnis«.
 

Die Botschaft kam offenbar an. Während die Angeklagten zurück in ihre Zellen gebracht wurden, saßen Kammer, Staatsanwalt und die Verteidiger noch hinter verschlossenen Türen zusammen. Ob es eine Einigung gab, zeigt sich am 14. September. Dann wird der Prozess fortgesetzt.