Endstation Aviona-Asylbewerberheim. Ein Afghane, der als Helfer der US-Streitkräfte eingesetzt war und aus Angst vor der Rache der Taliban geflohen ist, lebt hier als geduldeter Flüchtling. Wegen Umständen seiner Flucht stand er vor dem Amtsgericht. Foto: Archiv

Ein 27-Jähriger steht wegen der Umstände seiner Flucht nach Deutschland vor dem Hechinger Amtsgericht. Milde Strafe.

Hechingen - In Afghanistan arbeitete er für die US-Armee, im Oktober 2012 wurde ihm der Boden dort zu heiß. Gestern stand ein 27-jähriger Afghane wegen der Umstände seiner Flucht nach Deutschland vor dem Hechinger Amtsgericht.

Die Anklage gegen ihn war fast eine Bagatelle angesichts des Schicksals, das dahinter steht. Der junge Mann, der derzeit im Hechinger Aviona-Flüchtlingsheim lebt, habe nach der Schule in Afghanistan Ökonomie studiert, die Ausbildung aus Geldnot aber unterbrochen. Arbeit fand er bei den US-Streitkräften, die ihn von 2007 an Einheiten zuordneten, die Kampfeinsätze gegen die Taliban führten. Nebenher beendete er sein Studium.

Nun, da der Abzug der ISAF-Streitkräfte näher rückt, wird die Lage für afghanische Helfer wie ihn offenbar lebensgefährlich. Gegen ihn gebe es massive Drohungen der Taliban. Seinen Vater habe man getötet, seine Brüder verprügelt. In seiner Heimat fürchte er um sein Leben.

Sein Ausweg: Als er im Oktober vorigen Jahres im Rahmen einer Schulung mit US-Militärs nach Polen flog, setzte er sich in ein Flugzeug nach München und beantragte Asyl. Die Amerikaner hätten ihm zuvor klar signalisiert, dass sie ihn in ihrem Land nicht aufnehmen werden, erklärte er. In Polen habe er kein Asyl beantragen wollen, weil er befürchtet habe, dass man ihn einfach mit den Amerikanern wieder zurück nach Afghanistan geschickt hätte. Immerhin habe er einen Vertrag unterzeichnet, auf dem er erklärte, nur zur Schulung nach Polen einzureisen.

Der Flug nach Deutschland war dennoch ein Verstoß gegen das Aufenthaltsgesetz. Das war vor dem Amtsgericht auch kaum strittig. Die Strafe dafür: 15 Tagessätze zu je fünf Euro. Man habe hier bewusst eine niedrige Strafe angesetzt, weil der Fluchtgrund des jungen Mannes für jeden nachvollziehbar sei, erklärte der Staatsanwalt. Der weitere Vorwurf, der Afghane habe beim Antrag auf Asyl ein falsches Geburtsdatum angegeben, um seine Spuren zu verwischen, ließ sich nach Ansicht des Richters aber nicht belegen. Der Mann habe seinen korrekten Namen angegeben, und er sei in Deutschland dadurch ja auch problemlos identifiziert worden.

Sichtlich erleichtert nahm der junge Afghane das Urteil auf. Der Vorwurf, dass er absichtlich gelogen hat, war damit vom Tisch. Ihm war das offenbar wichtig. "Ich bin ein Mann des Gesetzes", hatte er zuvor über seinen Dolmetscher betont.