Klares Bekenntnis zur schwäbisch-alemannischen Fasnet: der Freiburger Erzbischof Stefan Burger. Foto: Schwarzwälder Bote

Brauchtum: Erzbischof Stefan Burger referiert bei Herbsttagung der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte

Die Kirche billigt die "ehrliche Wollustigkeit". Das machte Freiburgs Erzbischof Stefan Burger bei der Herbsttagung der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) in Haigerloch deutlich.

Haigerloch. Mit dem Erzbischof trat erstmals ein hoher Würdenträger der katholischen Kirche als Referent bei der jährlichen Tagung auf – und schrieb Fasnetsgeschichte. Sein Schwerpunktthema: "Fastnacht und Kirche: Narrenzeit bis zur Fastenzeit?"

Die Fastnacht ist ohne die christliche Kirche nicht denkbar. Und beide – Kirchen und Narrenzünfte sehen sich heute ähnlichen Problemen gegenüber: Sie müssen Werte einfordern, die bei immer weniger Menschen gefragt sind. Daher lag es nahe, einen hohen Kirchenmann als Gastredner einzuladen. Umso mehr, als Stefan Burger in Löffingen im Schwarzwald in einer Narren-Familie aufgewachsen und in seiner Jugend selbst in der Narrenzunft aktiv gewesen war.

Die Fastnacht, so Stefan Burger, knüpfe an heidnische Riten an und trage auch Züge des römischen Saturnalien-Fests, bei dem die gesellschaftliche Ordnung umgekehrt worden sei und "Trinken, Lärmen Scherzen und Lieder singen" für kurze Zeit dem einfachen Volk erlaubt wurden. Die Fastnacht sei jedoch zweifellos christlichen Ursprungs: In der Nacht vor der 40-tägigen Fastenzeit durfte noch einmal ausgelassen gefeiert werden, zum einen, um leicht verderbliche Lebensmittel zu verbrauchen, zum anderen, weil die Kirchenoberen überzeugt waren, dass ein paar Tage "ehrlicher Wollustigkeit" den Menschen danach das Fasten in Vorbereitung auf Ostern leichter mache. Die Fasnet sei also ein "Schwellen-Ritual" mit pädagogischer Intention. Dabei komme der Narr in der Bibel gar nicht gut weg, er sei derjenige, der mit Gott nichts am Hut habe. Die Narrenzahl Elf symbolisiere die Überschreitung der zehn Gebote.

In der von der Kirche gebilligten Fastnacht zeige der Narr in der Maske sein sündiges Wesen, am Ende gewinne aber die göttliche Ordnung die Oberhand. Die Narrenkappe böte den Menschen von jeher auch Gelegenheit, die Obrigkeit und auch die Kirche zu kritisieren. Dagegen sei nichts einzuwenden, ebenso wie gegen Lachen, Fröhlichkeit, Humor und Satire.

Keineswegs dürfte dies aber jemandem zu Schaden werden. Und Gott dürfe auch in den Narrenmessen nicht der Lächerlichkeit preisgegeben werden: "Ein Gottesdienst ist kein Kappenabend", so Burger. Die Fastnacht sei ein wertvolles Erbe, das es zu erhalten gelte: Die Christen schauten hinter das närrische Treiben der Welt.

Früher, so Werner Metzger, anerkannter Fasnetsexperte in seinem anschließenden Vortrag, sei die Fasnet nur das Vorspiel zur Fastenzeit gewesen, heute sei es umgekehrt. Metzger wandte sich gegen die "Veralzheimerung des Brauchtums" auch bei den Theologen, die die Zusammenhänge von Fastnacht und Fastenzeit wieder besser vermitteln müssten. So stünde es den Narren gut, wenn sie am Aschermittwoch in die Kirche gingen. Allgemein sei er jedoch der Auffassung, dass gute Narren meist keine schlechten Christen seien – und umgekehrt.

Den Vorträgen schloss sich eine von Ulrich Fricker moderierte Podiumsdiskussion an, bei der auch Claudia Brunner aus Mundelfingen zu Wort kam, die sowohl in der Kirche als auch in der Narrenzunft stark engagiert ist. Ein großer bunter Abend rundete die Veranstaltung ab.