Ein starkes Team geht: Schwanenwirtin Marie Anna Kocheise mit Tochter Nicole Heininger. Foto: Günther Foto: Schwarzwälder Bote

Gastronomie: Marie Anna Kocheise verkauft Traditionshotel in Glatten / Alle Kindheitsträume sind erfüllt

Ihren Abschied hat sie präzise geplant, ihren Nachfolgern hinterlässt sie ein florierendes und geordnetes Unternehmen. Dass Marie Anna Kocheise den "Schwanen" in Glatten Ende Oktober aufgibt, wird allgemein bedauert. Mit dem Hotel-Restaurant hatte sich die rührige Wirtin einst einen Traum erfüllt.

Glatten. Diesen Traum träumte sie bereits als Kind. Hatte doch die kleine Marie Anna Dettling aus Grünmettstetten auf die Frage nach ihren Zukunftswünschen stets nur eine Antwort parat: "Sechs Kinder, einen Hund, einen Porsche und ein Hotel." Jahrzehntelang allerdings sah es nicht danach aus, dass sich all dies erfüllen würde. Beruf, Familie und Hund gab es, aber der Porsche und vor allem das Hotel fehlten noch. Zwar hatte sie sich schon lange nach geeigneten Objekten umgeschaut – vor allem der Lindenhof in Horb hatte es ihr angetan, war für sie aber unerschwinglich –, doch erst ihr 50. Geburtstag brachte sie ihrem Lebenstraum näher.

"An dem Tag erzählte mir meine Schwägerin, dass der ›Schwanen‹ in Glatten zum Verkauf steht. Und am nächsten Morgen um 7 Uhr habe ich ihn mir angeschaut", blickt sie zurück. Nur wenige Monate später feierte Marie Anna Kocheise im Kreis ihrer Familie die Eröffnung ihres eigenen Hotels.

Nach elf erfolgreichen Jahren als Inhaberin des Glattener Hotel-Restaurants geht sie nun in den Ruhestand, ihren geliebten "Schwanen" hat sie bereits verkauft, und einen roten Porsche – es handelt sich um einen 14-PS-Traktor Baujahr 1974 – besitzt sie inzwischen auch.

Den Porsche besitzt sie inzwischen auch – einen Traktor mit 14 PS

Auf ihre Zeit als Gastwirtin blickt Marie Anna Kocheise mit Dankbarkeit, Zufriedenheit und Freude zurück. Dankbar ist sie vor allem für die Unterstützung, die sie in diesen elf Jahren von vielen Seiten erfahren hat. Vor allem ihr Ehemann Karl, die drei Kinder Raphaela, Nicole und Manuel sowie die gesamte Verwandtschaft hätten sie mit ihrem Unternehmen fortlaufend gefördert und unterstützt, erzählt sie und strahlt. Vor einigen Jahren stieg Tochter Nicole Heininger mit in den Betrieb ein – eine Übernahme stand für sie allerdings nie zur Debatte.

Daher stand für Marie Anna Kocheise fest, dass sie die Nachfolge rechtzeitig regeln will. Die permanenten Probleme, freie Stellen – vor allem in der Küche – langfristig zu besetzen, erleichterten ihr den Entschluss, den "Schwanen" zu verkaufen. Mit Michaela Gräter und Werner Sailer fand sie rührige Nachfolger, die den Betrieb ab November in ihrem Sinne weiterführen wollen. Deren Tochter Lena Gräter ist im "Schwanen" bereits seit Juli als Köchin tätig. So kann sich Maria Anna Kocheise nun auf die Zeit nach dem arbeitsintensiven Hotel- und Restaurantbetrieb freuen, gemeinsam mit ihrem Ehemann Karl, ehemaliger Lehrer und Informatiker und langjähriger Ortsvorsteher von Grünmettstetten.

Mit Kocheise sagt eine bemerkenswerte und außergewöhnliche Persönlichkeit Ade, um sich einem neuen Lebensabschnitt jenseits der Gastronomie zuzuwenden. Dabei wurde ihr die Liebe zur Gastronomie bereits in die Wiege gelegt: Ihre Eltern betrieben in Grünmettstetten den Landgasthof Pflug. In dieser Dorfgaststätte mit angeschlossenem Festsaal sammelte die kleine Marie Anna Dettling erste Erfahrungen, fanden doch im "Pflug" unzählige Familienfeiern statt. Dazu kam die Mitarbeit in der Landwirtschaft.

Nach der Schule absolvierte sie eine Ausbildung als Hotelfachfrau – mit Auszeichnung. Später war sie in 17 verschiedenen Hotels tätig, ehe sie eine Fachschule für Hotelmanagement in der Schweiz besuchte und diese – wiederum mit Auszeichnung – abschloss. Dazwischen lagen mehrere Auslandsaufenthalte und Sprachschulen. Nachdem sie Karl Kocheise kennengelernt hatte, entschied sie sich zunächst für eine eigene Familie, der Traum vom eigenen Hotel aber blieb bestehen.

Mit dem "Schwanen" übernahm Maria Anna Kocheise einen Traditionsbetrieb, der 1746 in der Ortsmitte gebaut, mehrfach umgebaut und modernisiert wurde und zu dem viele Jahre lang auch eine Brauerei gehörte. An Pfingsten 1974 brannte das Gebäude bis auf die Grundmauern nieder, danach gab es mehrere Besitzer- und Pächterwechsel. In diesen Jahren waren das Restaurant, der Schwanensaal, die Schwanenbar und die Fremdenzimmer zeitweise an unterschiedliche Besitzer verpachtet. Nach der Übernahme ließ Maria Anna Kocheise den "Schwanen" umfangreich renovieren. Das Gebäude bekam neue Fenster, neue Balkone und eine komplett neue Saalbestuhlung. Im März 2008 war die Eröffnung.

Wie die Wirtin berichtet, hatte sie vielen Jahre lang keinen Urlaub, an den wenigen freien Tagen standen permanent Bauarbeiten an. Ihr großer Einsatz trug bald Früchte: Das Hotel – unter ihrer Regie ausgebaut auf 30 Betten – ist durchgehend geöffnet und fast immer ausgebucht, das Restaurant gleichfalls stark besucht. Während in den Anfangsjahren vor allem Gäste "den Berg runter", also aus der Horber Umgebung, den Weg in den "Schwanen" fanden, ist dieser inzwischen auch von Einheimischen stark frequentiert.

Auf ihre Zeit als Gastwirtin blickt Maria Anna Kocheise daher zufrieden zurück. Auch wenn der Anfang holprig war. War doch damals keine Bank bereit, ihr Projekt "Schwanen" zu finanzieren. Jetzt aber liegen viele gute Jahre hinter ihr: "Wir wurden für unseren Einsatz reichlich entlohnt", bilanziert sie. Und auch ihr damaliger Vorsatz, das eigene Hotel "mit Leben, Liebe und vielen Gästen zu füllen", ist aufgegangen, und sie kann beruhigt Abschied nehmen.

"Ich war schon immer ein Mensch, der die Bühne verlassen hat, solange noch getanzt wird", sagt Maria Anna Kocheise und zitiert eine Zeile aus einem Hesse-Gedicht: "Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten, an keinem wie an einer Heimat hängen." Wohin genau sie ihr weiterer Weg führt, verrät sie noch nicht. Zunächst hat sie sich ein Sabbatjahr auferlegt. Danach plant sie, eine Ausbildung als Heilerin zu absolvieren. Wichtig aber ist ihr: "Ich habe 60 Jahre nach außen agiert, jetzt würde ich gerne nach innen schauen."