Am Tübinger Landgericht ging der Prozess im Fall der getöteten Unternehmerin weiter. Foto: Sebastian Bernklau

Am zweiten Verhandlungstag im Prozess um den Tod einer Unternehmerin in Dobel ging es um versuchte Pistolenkäufe der Angeklagten und das Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie und der Firma. Außerdem erklärte der Staatsanwalt, dass gegen den Schwiegersohn ermittelt wurde.

Im Juli vergangenen Jahres ist in Dobel eine 68-jährige Unternehmerin in ihrem Haus gewaltsam zu Tode gekommen. Ein Paar ist nun wegen gemeinschaftlichen Mordes und Untreue – sie hatten mutmaßlich über Scheinfirmen knapp 41 000 Euro aus der Firma gezogen – angeklagt. Die Angeklagte, sie war Prokuristin im Unternehmen, räumte die Untreue am ersten Verhandlungstag ein, bestritt aber eine Beteiligung am Tod der Frau. Ihr amerikanischer Lebensgefährte gab ebenfalls die Untreue zu und auch die Frau verletzt zu haben.

Versuchte Waffenkäufe

Am zweiten Verhandlungstag am Freitag sagten nun Polizisten der Sonderkommission als Zeugen aus. Sie erzählten, dass das Paar mehrere Versuche unternommen habe, an Schusswaffen zu kommen. Es habe Kontakt zu einem Waffenhändler aus Lahr gegeben. Außerdem bestellten sie für 299 Euro eine Waffe bei einer polnischen Website. Das Paar war hier aber wohl Betrügern aufgesessen. Eine Schusswaffe landete nie in ihrem Besitz, so ein Ermittler. Die Angeklagte erklärte am ersten Verhandlungstag, dass ihr Lebensgefährte ein „typischer Amerikaner“ sei, der eine Waffe zum Selbstschutz haben wollte.

„Alles sehr dubios“

Auch über ihren Lebensgefährten lieferten die Ermittler neue Erkenntnisse. So sei er immer noch US-Staatsbürger, aber nicht bei den US Marines gewesen. Auch ein Studium an der Universität Michigan entpuppte sich als Luftnummer. Auf seinem Computer fand die Polizei mehrere gefälschte Dokumente, darunter einen irischen Ausweis und eine Heiratsurkunde – von einer angeblichen Ehe mit der Angeklagten. „Alles sehr dubios“, fasste es ein Ermittler zusammen. Außerdem habe er nach dem Tattag im Internet nach Informationen über Mordprozesse gesucht, ebenso über die Polizei in Bad Herrenalb und las beim Schwarzwälder Bote Artikel über den Ermittlungsstand.

Verworrene Beziehungen

Etwas Licht brachten die Ermittler in das Beziehungsgeflecht innerhalb der Familie und der Firma. Die Beziehungen der einzelnen Familienmitglieder zueinander seien zerrüttet gewesen. Die Unternehmerin habe nach Aussagen mehrerer Polizisten an einer Suchterkrankung gelitten und unterschiedliche Partner gehabt. All das habe auch in der Firma zu Problemen geführt, in welcher der Schwiegersohn als Prokurist tätig war.

Gemeinsam mit der Angeklagten habe er versucht, die Unternehmerin aus dem operativen Geschäft loszuwerden – um so die Zukunft der Firma zu sichern. Allerdings habe sich das für beide auch finanziell gelohnt. Aus einer E-Mail ging hervor, dass beide ihr Jahresgehalt in dem Fall fast verdoppelt hätten. Die Unternehmerin habe die Firma eigentlich zu 51 Prozent an ihre Tochter überschreiben wollen. Als es zum Zerwürfnis mit dem Schwiegersohn gekommen sei – er wurde erst gefeuert, dann auf Druck der Belegschaft wieder eingestellt – war dieser Plan aber vom Tisch. Als Belege für diese Vorgänge verwiesen die Ermittler auf Vernehmungs- und Chatprotokolle.

„Jeder hatte irgendeinen Verdacht“

„Jeder, den wir vernommen haben, hatte irgendeinen Verdacht, wer sie umgebracht haben könnte“, meinte eine Ermittlerin. Die Unternehmerin sei im Ort unbeliebt gewesen, erzählte eine andere Polizistin von einer Zeugenaussage, obwohl das Opfer an die dortige Schule gespendet habe. Ihrem damaligen Lebensgefährten gegenüber habe sie angegeben, sich bedroht zu fühlen, erzählte ein Polizist.

Ermittlungen gegen Schwiegersohn

Staatsanwalt Christoph Wendelstein sorgte dann noch für eine Überraschung. Er erklärte, dass die Staatsanwaltschaft gegen den Schwiegersohn ermittelt hat. Er habe erst ein falsches Alibi abgegeben. „Das macht der ja nicht ohne Grund“, meinte Wendelstein. Ob die Ermittlungen noch laufen oder zu einem Abschluss gekommen sind, blieb in der Verhandlung unklar. Die Angeklagte hatte am ersten Verhandlungstag den Schwiegersohn unter anderem beschuldigt, sie in einem Fall zur Veruntreuung gedrängt zu haben.

Der Schwiegersohn wird im Laufe des Prozesses noch als Zeuge aussagen – nicht als Beschuldigter. Das dürfte etwas mehr Klarheit in die unübersichtliche Angelegenheit bringen.