Das kleine Dobel wurde im Juli 2022 von der Tötung einer Unternehmerin erschüttert. Foto: Kugel

Im Prozess um den mutmaßlichen Mord an einer Dobler Unternehmerin hat das angeklagte Paar vor dem Tübinger Landgericht Teile der Tatvorwürfe eingeräumt – doch wie lief die Tat ab? Und was war das Motiv? Die Erklärungen gehen auseinander.

 
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Am 20. Juli vergangenen Jahres wurde in Dobel eine 68- jährige Unternehmerin in ihrem Wohnhaus in der Neuenburger Straße tot aufgefunden. Die Ermittlungsbehörden gingen schnell von einem Gewaltverbrechen aus. Der Fall wühlte viele im Ort auf. Im Januar wurde bekannt, dass ein Paar für die Tat angeklagt wurde. Vor dem Tübinger Landgericht müssen sich beide nun verantworten.

Vorwurf der Staatsanwaltschaft Über einen längeren Zeitraum hätten die beiden Angeklagten – sie war im Unternehmen des Opfers Prokuristin, er ihr Lebensgefährte – durch Rechnungen von Scheinfirmen insgesamt knapp 41 000 Euro vom Unternehmen auf eigene private Konten veruntreut, wie Staatsanwalt Christoph Wendelstein erklärte. Sieben einzelne Fälle habe es gegeben.

Als dies drohte aufzufliegen, habe das Paar den „gemeinsamen Tatplan“ gefasst, die Unternehmerin zu töten. Die Angeklagte habe sich zudem erhofft, die Position des Opfers in der Firma einnehmen zu können und sich davon eine „Gehaltserhöhung und einen Karriereschritt“ erhofft. Wendelstein warf den beiden Mord mit den Merkmalen der Heimtücke, der Habgier und der Verdeckung sowie die Veruntreuung vor.

Der Mann habe die Tat letztendlich ausgeführt. Er habe sich am Tattag gegen 20 Uhr Zutritt zum Haus verschafft, das Opfer erst mit Faustschlägen, dann mit einem Messer attackiert und ihr schließlich die Kehle durchgeschnitten. Die Frau verblutete. Die beiden Angeklagten sitzen in Untersuchungshaft. Bei einer Verurteilung droht ihnen eine lebenslange Freiheitsstrafe

Angeklagte räumt Untreue ein Die 38-jährige Angeklagte lebte zum Tatzeitpunkt mit ihrem Lebensgefährten in Gaggenau. Die Untreue gab sie vor Gericht in allen Fällen zu. Der andere Prokurist der Firma – der Schwiegersohn der Unternehmerin – habe ihr mit einer Kündigung gedroht, behauptete sie. Er habe sie damit zur ersten Überweisung gedrängt. Sie wollte es nicht tun. Aus Angst um ihren Job sei sie der Aufforderung aber nachgekommen. Das Geld verblieb aber letztendlich auf ihrem Privatkonto. Der „Schwiegersohn wollte die Macht über mich haben“, meinte sie.

Ihr Lebensgefährte habe ihr bei dem Vorgang geholfen. Die anderen Veruntreuungen seien auf dessen Veranlassung geschehen, weil er gesehen habe, dass es funktioniere. Sie habe mitgemacht, weil er das Geld unter anderem für Sprachkurse gebraucht habe. Der Vorsitzende Richter Armin Ernst fragte, warum sie denn nach der ersten Veruntreuung nicht „die Karten auf den Tische gelegt“ habe. „Wer hätte mir denn geglaubt?“, fragt sie.

In der Firma habe es bezüglich der Zukunft des Unternehmens interne Konflikte gegeben. Der Schwiegersohn habe sie deshalb am Tattag bedrängt, dass ihr Lebensgefährte mit der Unternehmerin ein klärendes Gespräch führen soll. Sie habe dem Druck nachgegeben, auch wenn sie nicht verstanden habe, warum ihr Freund dies tun soll. Eine Beteiligung am Tod der Unternehmerin bestritt sie, stellte aber die Vermutung in den Raum, dass der Schwiegersohn das Ganze „eingefädelt und meinem Freund in die Schuhe geschoben“ habe. Der Schwiegersohn profitiere nämlich vom Testament. Außerdem sei er einige Monate vor der Tat gefeuert worden. Inwiefern das stimmt oder nicht, dürften die weiteren Verhandlungstage zeigen.

Mutmaßlicher Täter fühlte sich verfolgt Er habe die Unternehmerin verletzt, gab der 30-jährige Angeklagte – ein US-Amerikaner – zu, aber nicht aus Habgier. Er sei am Tattag zu ihr nach Dobel gefahren. Er sei alkoholisiert gewesen, habe psychische Probleme gehabt und gedacht, dass die Unternehmerin ihn verfolge und verletzten wolle. Sie habe ihn erkannt und reingelassen. Er habe dann gefragt, warum sie ihn verfolge und die Zukunft der Firma aufs Spiel setzte. Es sei dann zum Streit gekommen. Sie habe ihn ins Gesicht geschlagen, er sie darauf hin auch. Als er gehen wollte, sei sie plötzlich mit einem Messer hinter ihm gestanden.

Er habe dann Rot gesehen und einen Blackout gehabt. „Als ich wieder zu mir kam, stand ich über ihrem toten Körper“, erinnerte er sich. Er habe dann geweint, habe seine Kleider in den Kofferraum seines Autos gelegt und sei heimgefahren. Die Vorwürfe der Untreue träfen zu, ergänzte er noch.

Zeugen Am ersten Verhandlungstag wurden mehrere Zeugen gehört. Zwei berichteten, zum Tatzeitpunkt einen dunkelhäutigen Mann – der Angeklagte ist dunkelhäutig – in der Nähe des Wohnhauses gesehen zu habe. Zudem wurden Überwachungsvideos präsentiert, auf welchen ein Mann zum Tatzeitpunkt am Hauseingang zu sehen war, der dem Angeklagten ähnelt. Aufnahmen von einem Zeitpunkt knapp einen Monat früher, zeigen den Mann ebenfalls am Hauseingang. Ein Polizist berichtete noch, dass man in der Nähe Einweghandschuhe gefunden habe. An ihnen befinde sich sowohl die DNA des Angeklagten als auch Blut des Opfers.