Hofkreuz beim Gebelehof vor Heubach. Foto: Harter

Die Landkarte des oberen Kinzigtals vor 1806 zeigt seine politische Zerklüftung: Alpirsbach, Schiltach und Lehengericht gehörten zu Württemberg, Schenkenzell, Kinzigtal und Wolfach zu Fürstenberg.

Konfessionsunterschiede verstärkten die Grenzen, die bis heute nachwirken – so in den Denkmallandschaften, vor allem den religiösen, mit Kapellen, Bildstöcken, Weg- und Hofkreuzen: Die einen Orte prägen sie noch immer, in den anderen fehlen sie.

Religiöse Bildnisse entfernt

Scheidelinie war die Reformation, die religiöse Bildnisse entfernte, auch in Schiltach, das 1534 durch Herzog Ulrich von Württemberg evangelisch wurde. Hier traf ein Bildersturm die alte Kirche, was eine spätgotische Madonna nahelegt, die man – kopflos – in Wolfach aus der Kinzig fischte. Der Legende nach stammte sie aus Schiltach. Hier gab es bei der Kirche einst auch eine „Capelle“, woran noch der „Kappelacker“ erinnerte. An der Straße nach Wolfach stand „das heilige Creuz“, an der Staig ein Bildstöckle, auf dem Schrofen ein Bild des heiligen Sebastian, der gegen Seuchen helfen sollte. Sie alle gingen nach der Reformation verloren.

Dass es nun auch in Schiltach wieder ein solches Zeugnis des Volksglaubens gibt, kam mit der Gemeindereform: Die „Feinabgrenzung“ schlug 1978 den Bereich vor Heubach mit 108 Bewohnern der Stadt Schiltach zu, dafür ging das Sulzbächle an Wolfach. Die Heubacher unterschieden sich nicht nur mit ihrem Alemannisch vom Schiltacher Schwäbisch, als einstige „Fürstenberger“ trugen sie auch deren Tracht und waren katholisch.

Österliche Hoffnung

Mit ihnen geriet auch das fast vier Meter hohe Hofkreuz des Gebele-Hofs nach Schiltach. Der Christus-Corpus, das INRI-Zeichen („Jesus von Nazareth, König der Juden“) und die Buchstaben O.A.M.G.D. („Omnia ad maiorem gloriam Dei“, „Alles zur größeren Ehre Gottes“) senden eine religiös-christliche Botschaft, verstärkt durch Inschriften am Sockel.

Die obere ist eine Klage des Propheten Jeremias: „O ihr alle, die ihr vorübergehet am Wege, gebet Acht und schauet, ob ein Schmerz gleich sei meinem Schmerze“. Sie wird in den Trauermetten der Karwoche rezitiert. Die untere Inschrift stammt aus dem zweiten Korintherbrief: „Christus ist für alle gestorben, auf dass die, welche leben, nicht für sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist.“ Sie bezieht sich ebenfalls auf den Karfreitag, verweist aber auch auf Ostern und die damit verbundene Hoffnung.

Ausdruck von Trauer und Schmerz

Als Stifter des Kreuzes sind „Gregor Haas und Katharina Haas, geborene Schorn, 1886“ eingehauen, Bauersleute des Anwesens, damals Gemeinde Kinzigtal. Gregor Haas stammte vom Harterhof vor Leubach, war nicht erbberechtigt, konnte aber den Hof vor Heubach erwerben. Wie Altbauer Hansjörg Gebele (1939 bis 2021) noch aus familiärer Überlieferung erzählte, wollte Bürgermeister Mathäus Schorn beim Kaufeintrag im Halbmeiler Rathaus von Gregor wissen, ob er auch „a Büri“ habe.

Als der verneinte, schickte Schorn ihn zu seiner Tochter Katharina auf den Grubhof – die Hochzeit war 1872. Das Paar hatte einen Sohn und eine Tochter, danach verstarben hintereinander vier Kinder – traumatische Erlebnisse, die 1886 das Kreuz veranlassten: Ausdruck von Trauer und Schmerz, wie auch Jesus sie erlitt.

Dass solche Male auch in unserer Zeit gesetzt werden, zeigt der Bildstock in einem Garten im unteren Erdlinsbach: 2004 wurde er in barocken Formen aus Dankbarkeit für die geglückte Hausrenovierung gestiftet – ein Beleg dafür, dass die Sitte, „Leid, aber auch Freud“, in einem Denkmal aufzufangen, nicht mehr durch Schranken oder Grenzen behindert wird.