Des einen Freud’, des anderen Leid: Die Aktivitäten des Fallschirmsportspringerclubs sorgen erneut für Diskussionen. Foto: Tröger

Ende November läuft die Außenstart- und Landeerlaubnis des Fallschirmsportspringerclubs Calw (FSC) auf dem Muckberg aus. Bevor diese verlängert wird, kommen die Gemeinden zu Wort, die unmittelbar vom Übungsbetrieb betroffen sind. Ist es "ein Hobby von wenigen, unter dem sehr viele, vielleicht zehntausend in den betroffenen Gemeinden leiden", wie eine Gechinger Gemeinderätin es formuliert?

Gechingen - In ihrer Stellungnahme beim Anhörungs- und Beteiligungsverfahren listet die Gechinger Verwaltung sieben Forderungen nach Einschränkungen auf, die der Gemeinderat nach ausführlicher Diskussion mehrheitlich absegnete. - Der FSC beantragt beim RP die unbefristete Genehmigung nicht gewerblicher Absetzflüge mit Fallschirmspringern für folgende Betriebszeiten: Für den Zeitraum vom 1. November bis 29. Februar an Werktagen einschließlich der Samstage von 10 bis 18 Uhr, spätestens jedoch bis zum Sonnenuntergang. Für den Zeitraum 1. März bis 31. Oktober an den sechs Werktagen von 9 Uhr bis 20 Uhr, spätestens jedoch bis Sonnenuntergang. An allen Sonn- und Feiertagen von 9 Uhr bis 12.30 Uhr und von 13.30 Uhr bis 19 Uhr, spätestens jedoch bis Sonnenuntergang.

Laut RP kommt eine unbefristete Genehmigung aus luftrechtlichen Gründen nicht in Betracht, heißt es in der Sitzungsvorlage. Eine Befristung auf zehn Jahre würde den Interessen aller Beteiligten dienen. Dem vorgelegten Lärmgutachten ist laut RP zu entnehmen, dass der Lärmpegel an keiner Stelle zumutbare Werte übersteigt, deshalb seien Einschränkungen des Flugbetriebs aus lärmtechnischer Sicht nicht erforderlich.

Das sieht man in Gechingen anders. "Der Lärm wird sicher an unterschiedlichen Stellen in unserer Gemeinde unterschiedlich bewertet", sagte Bürgermeister Jens Häußler, denn "Gechingen hat eine bewegte Topographie". Bettina Schöttmer fragte nach dem Unterschied zwischen der jetzt beantragten und der bisher gültigen Genehmigung. Die bisherige liege der Gemeinde nicht vor, so Häußler, "jedenfalls darf bisher so geflogen werden wie beantragt".

An allen Sonn- und Feiertagen? Aus Sicht der Kommune unzumutbar

Aus Sicht der Kommune ist es unzumutbar, dass zwischen März und Oktober an allen Sonn- und Feiertagen geflogen werden darf. Außerdem erscheint die Geltungsfrist von zehn Jahren zu lang, fünf Jahre seien angemessen. "Wir hatten uns über die bisherige Blankovollmacht schon aufgeregt", sagte Tilman Schwarz, "mit den von der Gemeinde geforderten nur vier Sonntagen kann ich mitgehen".

Sieben Punkte listet der Verwaltungsvorschlag zur Stellungnahme ans RP auf. Neben der kürzeren Geltungsdauer der Genehmigung von fünf Jahren ist das ein Sprungverbot an Sonn- und Feiertagen mit Ausnahme von höchstens vier Veranstaltungen. Wobei nicht an zwei aufeinanderfolgenden Sonn- und Feiertagen wie Ostern und Pfingsten gesprungen werden darf und grundsätzlich nicht am Karfreitag. An Sonn- und Feiertagen soll eine Mittagspause von zwei Stunden eingehalten werden. Starts dürfen auch im Sommer höchstens bis 19 Uhr erfolgen. Die tägliche Anzahl der Flugbewegungen soll an Sonn- und Feiertagen maximal der bisherigen Regelung entsprechen. Weiter soll nur ein Absetzflugzeug eingesetzt werden, das den erhöhten Schallschutzanforderungen gerecht wird. Außerdem soll unbedingt die Flugroute möglichst weit weg von jeglicher Wohnbebauung eingehalten werden.

Lärm, CO2-Ausstoß und Erderwärmung

"Ich finde die Lärmbelastung bei uns sehr groß", sagte Annette Klink-Stürner. Gechingen liege in der Einflugschneise zum Flughafen Stuttgart. Dazu kämen die Übungen des Kommando Spezialkräfte (KSK) und auch noch die Fallschirmspringer. "Ich gehe noch weiter als mein Kollege Schwarz und finde, wir sollten das generell ablehnen. Es ist ein Hobby von wenigen, unter dem sehr viele, vielleicht zehntausend in den betroffenen Gemeinden leiden." Eine der Sitzungsvorlage beigefügte private Einwendung gegen den Fallschirmsprungbetrieb spricht sich ebenfalls gegen eine weitere Genehmigung für Wochenenden und Feiertage aus. Zunehmender Auto- und Motorradlärm an diesen Tagen mache jetzt schon den Aufenthalt auf dem Balkon unzumutbar. Häußler sieht das Hobby Fallschirmspringen unter dem Aspekt Lärm, CO-Ausstoß und Erderwärmung als eigentlich falsches Signal, "deshalb die Einschränkung. Beim KSK ist es ein anderer Hintergrund, da gibt es ein öffentliches Interesse. Ich denke deshalb, wir sollten realistische Forderungen stellen."

Wer kontrolliert das?

Die Verwaltung habe sich viel Mühe gemacht mit dem Kompromiss, lobte Wolfgang Premm, "wer kontrolliert das aber und was passiert, wenn die sich nicht daran halten?" "Ich gehe davon aus, dass darüber Buch geführt wird – die (anwesenden) Vertreter des Vereins nicken." Dann sollten doch die Protokolle regelmäßig zur Verfügung gestellt werden, forderte Premm. "Aber nicht uns!", wehrte sich der Schultes, "das überlassen wir dem RP".

"Weiß man, wie die anderen Gemeinden das sehen?" fragte Jan Wentsch. Wenn alle die gleichen Argumente vortragen, hätte man mehr Chancen, dass es nützt. Claus Schaible störte, "dass wir Wünsche äußern dürfen und das RP entscheidet, dort ist niemand gewählt". Außerdem gehe ihm die "Verbieteritis" auf den Geist, "was wollen wir noch alles verbieten?" Man beschließe kein Fallschirmverbot, "es geht um den Schutz des Sonntags", entgegnete Schwarz. Gerhard Mörk stellte den Antrag, in der Stellungnahme für die Sonntage grundsätzlich ein Sprungverbot zu fordern. Dieser Antrag wurde mit drei Ja- zu elf Nein-Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Der Verwaltungsvorschlag mit den sieben genannten Vorgaben wurde bei Gegenstimmen von Annette Klink-Stürner und Wolfgang Premm beschlossen.