In der Sonnenstraße geht es los mit der Umgestaltung des Radweges. (Archiv) Foto: Kistner

Der Ebinger Radverkehr, zumal der elektromotorisierte, hat in den vergangenen Jahren zugenommen; die Infrastruktur hält nicht mehr Schritt und muss umgestaltet werden. Die Lautlinger Straße soll den Anfang machen.

Albstadt-Ebingen - Auf den ersten Blick mag das nicht ganz einleuchten, denn gerade die Sonnenstraße und Lautlinger Straße, die von der Innenstadt aus in westlicher Richtung stadtauswärts führen, sind ja – zumindest partiell – mit einem schönen roten Radweg gesegnet.

Doch ist dieser, wie die Mitglieder des Gemeinderats in dessen jüngster Sitzung von der städtischen Verkehrsplanerin Jana Rödder erfuhren, nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Er verläuft unmittelbar neben dem Gehsteig und ist von der Fahrbahn durch Vegetation und/oder Parkplätze getrennt.

In den alten Zeiten mag das sinnvoll erschienen sein, doch mittlerweile sieht die Sache anders aus. Wenn der Radverkehr in Albstadt jemals betulich war, dann hat er längst aufgehört, es zu sein. E-Bikes und Pedelecs kommen auf andere Durchschnittsgeschwindigkeiten als das klassische Velo mit Torpedo-Dreigang, und man muss als Fußgänger auf der Hut sein, wenn man den Radweg quert. Unaufmerksamkeiten könnten böse Folgen haben.

Der schnelle Radfahrer lebt gefährlich

Umgekehrt lebt auch der schnelle Radfahrer gefährlich: Der rote Radweg ist zwar in beiden Richtungen befahrbar, aber nur zwei Meter breit – zu wenig für einen wirklich sicheren Begegnungsverkehr.

Zudem kreuzen zwischen der Oberen Vorstadt und dem Weststadt-Kreisverkehr zahlreiche Hof- und Garagenausfahrten den Radweg – im Falle einer Kollision zieht der Radler höchstwahrscheinlich den Kürzeren.

Besonders groß ist die Gefahr, dass Radfahrer und Fußgänger einander in die Quere kommen, an den Bushaltestellen, denn dort kreuzen sich ihre Wege zwangsläufig. Ein weiteres Problem, das neueren Datums ist, kommt hinzu: Die Albstädter Bushaltestellen müssen sukzessive umgebaut und barrierefrei werden, und das bedeutet erstens, dass die Borde an den Haltestellen auf 21 Zentimeter erhöht werden, und zweitens, dass der Zugang zum Straßenrand nicht durch Stufen und Versätze blockiert werden darf.

Der Interessenskonflikt ist unvermeidlich

Verläuft zwischen Wartehäuschen und Haltebucht ein Radweg, ist der Interessenkonflikt unvermeidlich: Der Radfahrer müsste über die Rampe schanzen, die dem Fußgänger Barrierefreiheit gewährt.

Was tun? Wie Jana Rödder darlegte, ist die probate Lösung die Verlegung des Radwegs an die Fahrbahn – oder, noch weitergehend: seine Umwandlung in einen Schutzstreifen, den der motorisierte Verkehr befahren darf, sofern er frei ist, und den er meiden muss, wenn jemand Fahrrad darauf fährt.

Der Vorschlag leuchtete nicht allen Gemeinderäten ein: einen guten Radweg dem ÖPNV zuliebe aufzugeben und zu zerstören, das sei nicht einzusehen, befand WSA-Stadtrat Thilo Frizenschaf, zumal, wenn die Alternative ein Schutzstreifen sei, der den Namen nur bedingt verdiene: "Faktisch ist das eine Verschlechterung für die Radfahrer".

Warum nicht im Talgang beginnen?

Und noch etwas leuchtete Frizenschaf nicht ein: Warum mache ausgerechnet die Straße in Ebingen den Anfang mit dem Umbau, die dem Radfahrer noch den besten Komfort biete? Warum nicht die Gartenstraße oder die Talgang-Magistrale mit ihren zahllosen Querungen? Auch dafür gibt es laut Rödder einen guten Grund: Sonnen- und Lautlinger Straße sind Teil des sogenannten "RadNETZ-BW", und das bedeutet im Falle eines Umbaus Förderung in einer Größenordnung von 50 bis 75 Prozent, vor allem für die neuen Bushaltestellen und sichere Querungen. Diese Förderung will sich die Stadt nicht entgehen lassen. CDU-Fraktionschef Roland Tralmer wollte wissen, wie groß der gestalterische Spielraum sei – vielleicht könne man den "Fahrradpraktikern" ja hier und da entgegen kommen.

Rödder musste ihn enttäuschen: "Wir müssen schon das bauen, was wir eingereicht haben." Am Ende stimmte eine große Mehrheit der Gemeinderäte dafür, den Förderantrag zu stellen; zwei votierten dagegen, und zwei enthielten sich.