Anita Stieler-Schwer geht mit ihrem Hund Blacky gern in die Natur. Durch die Langzeitfolgen ihrer Corona-Infektion ist jeder kleine Spaziergang für die 53-Jährige ein richtiger Kraftakt. Foto: Zelenjuk

Jede Bewegung wird zum Kraftakt: Anita Stieler-Schwer hat seit einem Jahr mit den Folgen ihrer Corona-Infektion zu kämpfen. Kurzatmigkeit, Schlaflosigkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme prägen ihr Leben. Jetzt will sie in Rottweil eine Long-Covid-Selbsthilfegruppe gründen, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen.

Kreis Rottweil - Der Border Collie Blacky ist etwas ungeduldig. Er läuft vor, macht eine kleine Runde und kommt wieder zu seinem Frauchen zurück. Anita Stieler-Schwer ist gern an der frischen Luft – aber so schnell, wie es früher mal war, geht es nicht mehr voran. Nach der Corona-Infektion im Februar 2021 ist ihr Leben ein anderes geworden.

Wenn sie etwas sagen möchte, bleibt sie stehen, muss kurz verschnaufen. "Gleichzeitig gehen und sprechen geht gar nicht", erklärt Stieler-Schwer. "Ich bin auch immer richtig warm angezogen, denn ich kann mich nicht warmlaufen", fügt sie hinzu. Long Covid hat bei der 53-Jährigen richtig fies zugeschlagen. Neben Kurzatmigkeit und Lungenproblemen leidet sie an Schlaflosigkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. Seit Monaten ist sie arbeitsunfähig.

Symptome sind geblieben

Angesteckt hat sie sich damals von einem Patienten: Als Physiotherapeutin in der Rottweiler Helios-Klinik hatte sie viel Kontakt zu corona-positiven Patienten, unter anderem auf der Intensivstation. "Am Anfang war es bei mir wie eine leichte Grippe, dann ging es auf die Lunge, und die Symptome sind geblieben", schildert Stieler-Schwer.

Zum Glück habe sie ihre Ärztin immer ernstgenommen, sagt Stieler-Schwer. Nichtsdestotrotz: Auch nach der Reha in Höchenschwand im Herbst sei es nicht besser geworden. Im Gegenteil: Es seien sogar noch mehr Symptome dazugekommen. "Ich habe mich angestrengt, ich war richtig ehrgeizig und habe versucht, alles mitzumachen", erklärt die 53-Jährige.

Jetzt geht sie einmal in der Woche zum Reha-Sport. Der dauert eine Stunde – das sei noch machbar, wenn auch mit Verschnaufpausen. "Früher habe ich Volleyball gespielt, getanzt, war viel mit dem Hund draußen", sagt Stieler-Schwer. Auch heute geht sie jeden Tag spazieren – nur die Runden sind viel kleiner geworden.

"Man zittert, man ist vergesslich"

"Ich gehe immer noch wie eine Schnecke. Für eine Strecke, für die ich früher eine halbe Stunde gebraucht habe, brauche ich jetzt zwei Stunden", nennt sie ein Beispiel. Es sei ein Gefühl, als ob man auf einmal 90 Jahre alt geworden sei: "Man hat Muskel- und Gelenkschmerzen, man zittert, man ist vergesslich."

Da komme auch manchmal die Wut, gibt Stieler-Schwer zu. "Es gibt Phasen, da werde ich emotional. Ich glaube, man darf ja auch klagen", sagt sie. Doch meistens sei sie nur dankbar, am Leben zu sein: "Ich habe in der Klinik viele Patienten gesehen, die nicht überlebt haben", meint die 53-Jährige. Und sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass es irgendwann besser wird: "Im Moment haben die Ärzte einfach noch sehr wenig Erfahrung."

Erstes Treffen am 4. April

Ausprobiert hat sie schon einiges – leider ohne sichtbare und spürbare Erfolge. Nun will Stieler-Schwer andere Betroffene aus Rottweil und Umgebung finden, damit man sich gegenseitig unterstützen und austauschen kann. In Zukunft will sie auch Ärzte und Experten einladen.

Die Long-Covid-Selbsthilfegruppe soll am 4. April um 17.30 Uhr im Clubraum im Krummen Weg 41 in Rottweil an den Start gehen. Anmeldungen nimmt Anita Stieler-Schwer per E-Mail an anmeldung-covid-rw@gmx.de entgegen.