Leni Mattes-Fischer, die Begründerin der Galerie Alte Kanzlei, ist 89-jährig gestorben. Foto: Bleibler

Leni Mattes-Fischer, die einstige Gründerin der Galerie "Alte Kanzlei" in Ebingen ist gestorben. Ein Nachruf auf die "Künstlermutter".

Albstadt-Ebingen - Anderthalb Jahrzehnte lang war sie die "Künstlermutter" im Ebinger Hufeisen und ihre Galerie "Alte Kanzlei" ein wichtiges Forum für die Künstler einer Stadt, der man zwar sicherlich kein Banausentum vorwerfen konnte, die es aber im Zweifelsfall eher mit der Prosa als mit der Poesie hielt – und mit dem Sport. Am vergangenen Donnerstag ist Leni Mattes-Fischer in Stuttgart, ihrem Alterssitz, gestorben. Sie wurde 89 Jahre alt.

Die Vorfahren waren Bildhauer

Leni Mattes war eine gebürtige Tailfingerin, doch die familiären Wurzeln reichen auf der mütterlichen Seite bis nach Oberschwaben, und ihr Kunstsinn dürfte mütterliches Erbteil sein. Als Kind verbrachte sie viel Zeit im Atelier ihres Großvaters, des Ravensburger Bildhauers Moriz Schlachter; den gleichnamigen Urgroßvater, einen bedeutenden Schöpfer katholischer Kirchenkunst, hat sie nicht mehr kennengelernt – er starb ein Jahr vor ihrer Geburt. Leni Mattes wäre gerne in die Fußstapfen von Großvater und Urgroßvater getreten, doch an ein Kunststudium war in den Nachkriegsjahren nicht zu denken. Stattdessen absolvierte die junge Frau eine Kaufmannslehre und trat in die elterliche Firma ein.

Einer neuer Lebensabschnitt beginnt

1953 heiratete Leni Mattes Karl-Fritz Fischer und wurde Mutter von zwei Söhnen und einer Tochter. Sie wusste also aus eigener intensiver Erfahrung, was junge Mütter brauchen, als sie in den 1970er-Jahren in der Ebinger Kapellstraße einen Second-Hand-Shop für Kinderbekleidung begründete – den ersten seiner Art in der Stadt. 1983 fand sie dann einen Weg, ihre unternehmerischen Qualitäten in den Dienst ihrer nie verleugneten Leidenschaft für die Kunst zu stellen: Als die Stadt Anfang der 1980er-Jahre Immobilien in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft zum Kauf anbot, da griff sie mit wahrem Entrepreneursgeist zu und verwandelte im Schulterschluss mit dem Architekten Eugen Wissmann die unscheinbare "Alte Kanzlei" binnen zwei Jahren in ein bauliches Kleinod. Am 2. November 1985 wurden Weinstube und Galerie eröffnet, und damit begann für Leni Mattes-Fischer ein neuer Lebensabschnitt.

Offen für alle Richtungen

In den folgenden anderthalb Jahrzehnten bestritt Leni Mattes-Fischer über 80 Einzelausstellungen und Künstlermärkte und erwarb sich einen Ruf als uneigennützige Mentorin und Förderin vieler Künstler unterschiedlichster Provenienz. Sie war offen für vieles, nicht festgelegt auf eine oder zwei bestimmte Kunstrichtungen, sondern immer bereit, sich auf Experimente mit jungen, unbekannten Künstlern einzulassen. Nicht von ungefähr waren es dann auch die Künstler selbst, die die Galerie Alte Kanzlei übernahmen und zur "Produzentengalerie" umfirmierten, als sich Leni Mattes-Fischer im Jahr 2000 aus dem Arbeitsleben und dem Kunstbetrieb zurückzog.

Rikscha und Klavier

Wobei sie der Galerie ebenso verbunden blieb wie ihrer Heimatstadt – auch nachdem sie diese 2013 verlassen hatte, um in eine betreute Seniorenwohnung in Stuttgart-Vaihingen in die Nähe von Tochter und Schwiegersohn zu ziehen. Mit über 80 war sie noch immer aktiv und unternehmungslustig, nahm an Fahrradtouren teil, die der Verein Bürger-Rikscha organisiert hatte, und holte auf ihre alten Tage noch ein anderes musisches Talent aus der Versenkung, das jahrzehntelang hatte zurückstehen müssen: das Klavierspiel. Die Treue zur Kunst trotz widriger Umstände war ein Leitmotiv in ihrem Leben, das nun zu Ende gegangen ist. Die Trauerfeier für Leni Mattes-Fischer findet am Donnerstag im Bestattungshaus Ramsauer in Stuttgart-Vaihingen statt und beginnt um 11 Uhr.