Daniel Seemann wird von seinen Balinger Teamkollegen zum 3:2-Siegtreffer gegen Astoria Walldorf beglückwünscht. Foto: Eibner

Mit einem 3:2-Erfolg gegen den FC Astoria Walldorf haben sich die Regionalliga-Fußballer der TSG Balingen von ihrem Heimpublikum verabschiedet. Ein Mann stand dabei im Mittelpunkt.

Der Gefoulte tritt selbst an – und trifft

Es lief bereits die Nachspielzeit in der Balinger Bizerba-Arena; 2:2 prangte der Spielstand auf der Anzeigetafel. Alles deutete auf eine Punkteteilung zwischen der TSG und Walldorf hin – bis Henry Seeger sich gut durchsetzte und den Ball in den Strafraum zu Daniel Seemann spielte. Der wurde von Roman Hauk zu Fall gebracht, und Schiedsrichter Marius Ulbrich zeigte auf den Elfmeterpunkt. Der Gefoulte trat selbst an, und verwandelte eiskalt zum umjubelten 3:2-Siegtreffer.

"Torhüter Marcel Binanzer hat es vorausgesagt"

"Normal ist es kein gutes Omen, wenn der Gefoulte selbst schießt. Aber ich war mir sicher, dass ich ihn reinmache", sagt Seemann, der so in seinem letzten Heimspiel für die TSG Balingen – nach fünf Jahren zieht es den 30-jährigen Stürmer zum Landesligisten SG Empfingen als spielender Co-Trainer – zu einem Abschied wie gemalt kam. "Unser Torhüter Marcel Binanzer hat in den vergangenen Wochen immer wieder zu mir gesagt, dass ich noch ein entscheidendes Tor machen werde. Ich habe ihn dann ein bisschen belächelt", sagt Seemann. "Aber dass es im Fußball soweit kommt bei einem Abschiedsspiel; da kann ich mich nur an Arjen Robben erinnern, dem es bei seinem Abschiedsspiel bei den Bayern auch gelungen ist. Aber dass ich in der 94. Minute das entscheidende Tor mache – wenn ich es mir hätte ausmalen können, dann hätte ich es so gemacht."

"Auch in Mainz ist noch etwas für uns drin"

Ein Spiel wartet auf den Angreifer noch mit seiner Mannschaft am kommenden Freitag um 17.30 Uhr beim FSV Mainz II. "In Mainz haben wir bislang immer ganz gut ausgesehen. Ich denke, es ist auch etwas für uns drin, wenngleich der FSV der Favorit ist. Vielleicht gelingt es uns ja zu punkten und auf einem einstelligen Tabellenplatz zu bleiben – das wäre für die TSG Balingen sensationell", sagt der 30-Jährige, der hofft, auch in Mainz noch ein paar Einsatzminuten zu bekommen.

"Die ersten zwei Jahre in Balingen waren die schönsten"

Denn danach ist dann die "Ära Seemann" in Balingen beendet. Der Angreifer war im Juli 2017 vom Oberliga-Rivalen SSV Reutlingen an die Eyach gewechselt und bestritt in seinen fünf Spielzeiten insgesamt 115 Spiele für die TSG – 27 in der Oberliga, 12 im Pokal und 76 in der Regionalliga; erzielte dabei 21 Tore und gab fünf Vorlagen. Gefragt nach seinen schönsten Erlebnissen muss er nicht lange überlegen: "Der Aufstieg in die Regionalliga 2018 und die erste Saison in der 4. Liga, in der wir den Klassenerhalt geschafft haben. Die ersten beiden Jahre waren meine schönsten; auch aufgrund der Menschen, die ich bei der TSG kennenlernen durfte und die zu richtig guten Freunden geworden sind. In diese Zeit fiel auch meine Hochzeit, bei der 18 Leute von unserer Mannschaft da waren. Das war eine abartig schöne Zeit!"

"Ich weiß, dass es für die Regionalliga nicht mehr reicht"

Zwar haben ihm die Verantwortlichen der TSG einen Vertrag für die nächste Spielzeit angeboten – "Balingen ist mir da sehr entgegen gekommen und hat alles versucht, um mich zu halten" – doch Seemann entschied sich für den Schritt aus dem professionellen Fußball. "Ich hätte eigentlich nie gedacht, dass ich aus Balingen gehe, sondern meine Karriere dort beende. Aber es ist jetzt anders gekommen", sagt der Familienvater. "Denn in dieser Saison hatte ich mehr schlechte als gute Tage im Bezug auf meine eigene Leistung, Verletzungen und Corona. Ich wurde immer wieder zurückgeworfen und habe gemerkt, dass es immer schwerer wird, den Anschluss zu finden, wenn du zwei Wochen raus bist. Aufgrund von Schule und Familie kann ich nicht mehr das aufbringen, was nötig wäre, um mehr Spielzeit zu erhalten. Ich bin da sehr selbstkritisch, kann mich auch gut einschätzen und weiß, dass es nicht mehr reicht. Da brauche ich auch nichts mehr zu erzwingen", begründet Seemann seinen Abschied.

"Ich will meine Erfahrungen an jüngere Spieler weitergeben"

Und nun schlägt der Familienvater ein neues Kapitel auf: als spielender Co-Trainer beim Landesligisten SG Empfingen. "Die Überlegung war, als Co-Trainer den Cheftrainer Philipp Wolf zu unterstützen. Eigentlich warf es bis jetzt nie ein Thema und hat sich erst so ergeben, dass ich ein bisschen reinschnuppere. Er wird da ganze Taktische machen; das Training werde ich dann leiten, wenn er am Stützpunkt ist. Philipp Wolf lässt mir da viel Freiraum. Ich sehe mich in erster Linie noch als Spieler", sagt Seemann und fügt an, was er an seine künftige Wirkungsstätte mitnehmen wird: "Ich nehme viele Erfahrungen mit, die ich in den vergangenen zehn Jahren gesammelt habe und versuche, diese an die jüngeren Spieler weiter zu geben."