Wer als Einzelperson im früheren Luz Posthotel in Freudenstadt lebt und die Wohnheimgebühren selbst tragen kann, muss nun mehr als doppelt so viel zahlen wie bisher. Foto: Breitenreuter

Land pocht auf Kostendeckung bei Unterkunft. Gebühren im Kreis steigen teils um mehr als das Doppelte.

Kreis Freudenstadt - Über den Brief vom Landratsamt staunte der Flüchtling nicht schlecht – und ärgerte sich: Seit Dezember muss er monatlich nicht mehr 140, sondern 350 Euro für sein Bett in der Gemeinschaftsunterkunft im früheren Luz Posthotel bezahlen.

Einen Monat vor Weihnachten hatte das Amt für Migration und Flüchtlinge schlechte Nachrichten für die Asylbewerber im Kreis Freudenstadt, die ihre Wohnheimgebühren ganz oder teilweise selbst tragen. Der Grund für deren sprunghafte Erhöhung liegt darin, dass das Land auf Kostendeckung pocht, wie Benjamin Geigl, Leiter des Amts für Migration und Flüchtlinge im Landratsamt, auf Nachfrage unserer Zeitung mitteilte.

Der Landkreis erhält für die Kosten für die Unterkünfte der vorläufigen Unterbringung eine Erstattung vom Land. Der Rechnungshof hat bemängelt, dass in vielen Kreisen die Gebühren nicht kostendeckend sind. Deshalb, so Geigl, mussten vielerorts die Gebühren neu kalkuliert und erhöht werden.

Gebühr steigt um mehr als das Doppelte

So auch im Kreis Freudenstadt. Bei Einzelpersonen stieg die Wohnheimgebühr daraufhin um mehr als das Doppelte – von bisher 140 auf 350 Euro. "Die Gebühren übersteigen jedoch nicht die Höhe der tatsächlichen Kosten", versichert der Amtsleiter. Manche Asylbewerber sprechen hingegen von Mietwucher und fragen sich, warum sie noch arbeiten sollen, wenn sie so viel für ihre Unterbringung in Mehrbettzimmern zahlen sollen. Diesen Vorwurf kontert Geigl kühl: "Der Landkreis hat keinen Einfluss darauf, ob die neue Gebührenhöhe die Motivation zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit mindert."

Mit den Wohnheimgebühren werden nach Auskunft des Amts für Migration und Flüchtlinge die Kosten für Wohnraum, Strom- und weitere Nebenkosten, die Möblierung einschließlich eines Wäscheservices und die Hausverwaltung sowie die Betreuung durch Hausmeister gedeckt.

Die bisherige Gebührenhöhe sei seit vielen Jahren unverändert gewesen. Die neuen Gebührensätze würden vom Jobcenter anerkannt, sodass gebührenpflichtige Personen ohne ausreichende Einkünfte unverändert ihren Lebensunterhalt decken können. "Bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit", betont Geigl, "sollte das Einkommen aber ohne Weiteres ausreichen, um auch im Vergleich zu den Kosten für Wohnraum auf dem Wohnungsmarkt die neue Gebührenhöhe bezahlen zu können." Die Wohngebühren sind gestaffelt. Bei Haushalten mit mehreren Familienmitgliedern werden für zwei Personen 625 Euro, bei drei Personen 760 Euro, bei vier Familienmitgliedern 915 Euro und für jedes weitere 170 Euro berechnet. Bei Einzelpersonen fallen immer 350 Euro an, auch wenn sie in einem Mehrbettzimmer wohnen.

In den Unterkünften des Landkreises leben derzeit etwa 600 Flüchtlinge. Im früheren Luz Posthotel in Freudenstadt wohnen rund 100 Personen. Davon, so Geigl, zahlen 23 ihre Wohngebühren komplett selbst, drei teilweise, und bei weiteren neun Personen werden die Gebühren vom Jobcenter übernommen. Die übrigen Bewohner bezahlen keine Wohnheimgebühren.

Bleibeperspektive als wichtiger Maßstab

Erwerbseinkommen wird nach Abzug eines Freibetrags auf den Leistungsanspruch angerechnet. Bei einem Einkommen beispielsweise von 400 Euro werden 100 Euro nicht angerechnet. Die übrigen 300 Euro verringern den Leistungsanspruch. Nur wenn das Einkommen ausreicht, den Lebensunterhalt komplett zu bestreiten, müssen nach Auskunft Geigls Wohnheimgebühren ganz oder anteilig gezahlt werden.

Einige Asylbewerber ärgern sich darüber, dass das Landratsamt ihnen die Erlaubnis verweigert, aus der Gemeinschaftsunterkunft auszuziehen und sich selbst ein Zimmer oder eine Wohnung zu mieten.

Manche Flüchtlinge haben allerdings durchaus die Wahl. Grundsätzlich, so Benjamin Geigl, können Personen aus den Unterkünften ausziehen, die bereits eine Anerkennung als Flüchtling haben. Das sind im Kreis Freudenstadt derzeit rund 150 Menschen. Faktisch scheitere der Auszug allerdings an dem mangelnden zur Verfügung stehenden Wohnraum. Personen, deren Asylverfahren abgelehnt wurde, sind zur Rückreise ins Herkunftsland verpflichtet. Ein Auszug in eigenen Wohnraum mache daher keinen Sinn, sagt der Amtsleiter.

Bei Personen im Asylverfahren ist die Lage komplizierter. In der Regel sollen sie für die Dauer des Verfahrens, während dessen die Bleibeperspektive noch unklar ist, in den Unterkünften des Landkreises leben. Bei langen Asylverfahren stellt sich laut Geigl aber die Frage nach dem Verbleib in den Unterkünften. Auch hier sei die Bleibeperspektive ein wichtiger Maßstab.

Im Kreis Freudenstadt werde in den nächsten Monaten mit einer zunehmenden Zahl von abgelehnten Asylbewerbern gerechnet. Dies führe bei eigenem Wohnraum zu Problemen, da manchmal bei einer Ablehnung die Arbeitserlaubnis entzogen wird und damit die finanzielle Grundlage für die Wohnung entfällt oder eine Abschiebung beziehungsweise kurzfristige freiwillige Ausreise ansteht.