Viele Bäume fallen auf Straßen. Stadt schließt Schulen. Autofahrer riskieren Leben.
Kreis Freudenstadt - Das Sturmtief "Sabine" hat den Landkreis ordentlich durchgeschüttelt. Jede Menge Bäume blockierten die Straßen, eine Reihe von Bussen und Züge fiel aus. Gefährlich: Teilweise versuchten Autofahrer, den gesperrten Straßen durch den Wald auszuweichen – und riskierten dabei Kopf und Kragen. Ernsthaft Verletzte gab es nach bisherigen Erkenntnissen nicht.
Marc Fischer, Pressesprecher der Kreisfeuerwehr Freudenstadt: "Das ist für uns unverständlich: Da steht die rot-weiß Absperrbake. Das lernt man schon in der Fahrschule, dass man dort nicht durchfahren darf. Und dass ein Fahrt beim Orkan durch den Wald nicht ungefährlich ist, dürfte wohl offensichtlich sein. Trotzdem missachteten einige Autofahrer die Sperrungen und durchfuhren Waldgebiete! Die Fahrzeugführer setzten sich damit nicht nur selbst einer großen Gefahr aus, sondern sorgten auch für die Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst für eine große Gefährdung! Wir hatten in der heißen Phase bis zu 16 Straßensperrungen auf einmal."
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Trotzdem machten sich die Autofahrer auf den gefährlichen Weg. Beispiele: Die Bundesstraße 294 zwischen Freudenstadt und Besenfeld war ab Mitternacht gesperrt. 5.47 Uhr: Ein Autofahrer aus Richtung Besenfeld rammt einen Baum auf der B 294. 6.20 Uhr: Eine Lieferantin steht im Wald bei Peterzell und ist von Bäumen eingeschlossen. Die Feuerwehr konnte sie befreien. 6.30 Uhr: Alarmmeldung bei der Feuerwehr: Ein Autofahrer ist aus Richtung Besenfeld in den Wald gefahren, rammt einen Baum. Der Fahrer ist leicht verletzt. Die Feuerwehr konnte ihn retten, der Airbag war ausgelöst. 6.32 Uhr: Drei Autofahrer versuchen, die Nebenstrecke von Musbach Richtung Bundesstraße 294 zu nehmen. Dann schlägt die Alarmmeldung der Feuerwehr auf: Vor und hinter den Autos sind Bäume umgestürzt. Die Retter rücken aus und finden die Autos leer. Die Autofahrer hatten sich allein zum Polizeirevier Freudenstadt durchgeschlagen.
Feuerwehr-Sprecher Fischer berichtet über die schwierigsten Phasen: "Los ging es Sonntag morgen ab 10.30 Uhr. Die erste heiße Phase durch den Orkan war zwischen 22.30 bis 2 Uhr in der Nacht. Ab 6 Uhr ging es dann wieder richtig zur Sache – wegen des beginnenden Berufsverkehrs!" Bis 7 Uhr hatte die Einsatzleitstelle 74 Einsätze zu koordinieren, sieben zeitkritische, also eilige Einsätze. Gegen 8 Uhr, so die Kreisfeuerwehr, wurde die Lage dann wieder entspannt. Damit im wütenden Sturm richtig gerettet werden konnte, waren allein bis zu acht Disponenten – sie verteilen und koordinieren die Einsätze der Retter – bei der Kreisfeuerwehr im Einsatz.
Stromleitungen abgerissen
Schon in der Nacht hatten die Retter alle Hände voll zu tun: In Bad Rippoldsau und Altensteig wurden Stromleitungen abgerissen, so dass es kurzzeitig zu einem Stromausfall kam. Laut Polizeipräsidium Pforzheim entwickelte sich daraus ein Brand im umliegenden Gehölz. Bis 4 Uhr waren schon über 60 Einsätze zu bewältigten. In Peterzell machten Servicetechniker der Netzte BW zusammengebrochene Stromversorgungen wieder flott. Bereits in der Nacht hätten sich die ersten Monteure in Bereitschaft gehalten, ab dem Morgen seien alle verfügbaren Kräfte im Einsatz gewesen. "Wir tun, was wir können, und machen eines nach dem anderen", so ein Techniker. Unterbrechungen der Stromversorgung meldeten auch die Stadtwerke Freudenstadt.
ÖPNV liegt lahm
Auch im öffentlichen Nahverkehr ging nicht viel. Franz Schweizer, Geschäftsführer der VGF (Verkehrsgemeinschaft Freudenstadt): "Wir haben ordentlich Federn gelassen." Die Firmen Katz (Freudenstadt), Wolpert aus Alpirsbach und Klumpp aus Baiersbronn hätten den Linienverkehr teilweise gar nicht gestartet. "Macht ja auch keinen Sinn: Wenn ich weiß, dass die Strecke nach Bad Wildbad zu ist, brauche ich in von Freudenstadt nicht zu starten", so Schweizer. Das Unternehmen Schweizer selbst hatte auch mit umgestürzten Bäumen zu kämpfen: Die Routen Oberwaldach-Pfalzgrafenweiler, Hörschweiler Dornstetten und Hörschweiler-Schopfloch waren blockiert. Deutsche Bahn und SWEG stellten den Zugverkehr zeitweise komplett ein.
In jeder Gemeinde waren die Feuerwehren im Einsatz. Michael Krüger von der Feuerwehr Waldachtal berichtet: "Seit Sonntagabend um 22.55 Uhr haben wir bis 12.45 Uhr 28 Einsatzstellen abgearbeitet. Personenschäden gab es keine." Zweimal seien Bäume auf Autos gestürzt. Dazu gab es einige blockierte Straßen durch Bäume in der Gemeinde. Während der kompletten Zeit war das Feuerwehrhaus Waldachtal mit der Führungsgruppe sowie einer beziehungsweise zwei Fahrzeugbesatzungen besetzt. "Aktuell ist es seit 12 Uhr ruhig, schauen wir mal wie lange", so Krüger.
Viele Straßensperrungen
Die Straßensperrungen durch umgestürzte Bäume – sie hielten auch bis in den Nachmittag an. Laut Landkreis-Sprecherin Sabine Eisele waren Stand 13.45 Uhr unter anderem noch 14 Straßen gesperrt: Die B 294 Loßburg-Alpirsbach und Teile der Landesstraße 405 (unter anderem bis Bengelbruck und Musbach). Auch die L 401 Obertal-Ruhestein war dicht, ebenso die Landesstraße 405 bis Schömberg. In Alpirsbach traf es die L 415 bis Aischbach und die Reutiner Steige. Die Kreisstraße 4777 zwischen Loßburg und Ödenwald war ebenso gesperrt, dazu die Landesstraße 405 zwischen Reinerzau und Schömberg. Die Kreisstraße 4771 zwischen Rohrdorf und Eyach voll gesperrt. Weitere Sperrungen zu diesem Zeitpunkt: die L 96 zwischen Kniebis und Bad Rippoldsau, die L 405 Freudenstadt-Lauferbrunnen und die L 404 bis Zwieselberg. Sprecherin Eisele: "Dies ändert sich jedoch relativ schnell. Wenn die umgestürzten Bäume beseitigt sind, werden die Straßen wieder freigegeben. Wir sind derzeit mit der Bewältigung der Sturmfolgen und der Herstellung der Verkehrssicherheit an den Straßen beschäftigt." So war zu diesem Zeitpunkt beispielsweise die Straße zwischen Eutingen-Rohrdorf und Horb-Mühlen wieder frei, nachdem sechs Bäume von der Straße geräumt waren. Auch die durch den Hochbrücke-Bau nur eingeschränkt nutzbare B 32 zwischen Horb und Nordstetten musste gesperrt werden.
Schulen teilweise zu
Sturm und Straßensperrungen hatten auch Folgen für den Schulunterricht. In Freudenstadt blieben sämtliche städtische Schulen geschlossen, von der Grundschule in den Teilorten bis hin zum Kepler-Gymnasium. Diese Entscheidung gab OB Julian Osswald am Sonntagabend nach Absprache mit der geschäftsführenden Schulleiterin am Sonntagabend über soziale Medien bekannt. Auch die Empfinger Schule blieb zu. Andere blieben bei der Linie des Kultusministeriums, die den Eltern die Entscheidungsfreiheit gaben, ob ihr Kind in die Schule gehen soll oder nicht, wenn der Schulweg zu gefährlich sein könnte. Andere Schüler wurden durch die Probleme im Schulbus-Verkehr gestoppt. Die Folge: Viele Schüler kamen nicht zur Schule, obwohl sie wollten. Götz Peter, Rektor der Gemeinschaftsschule Horb und geschäftsführender Rektor der Horber Schulen: "Bei uns fehlten 70 Prozent der Kinder in den Klassen. Teilweise haben die Eltern mit ihren Kindern eine halbe Stunde an der Bushaltestelle gewartet – doch es kam kein Bus."
Das gesamte Schadensausmaß in der Region ließ sich zunächst nicht beziffern. Laut Polizei in Pforzheim gab es in der Region bis 14 Uhr am Montag rund 320 Einsätze, meist wegen umgestürzter Bäume, Stromausfällen und herabgestürzten Dachziegeln. Nach bisherigen Informationen gab es aber keine Verletzten. Glück im Unglück hatten Autofahrer auf der A8 bei Pforzheim. Ein Sattelzug kippte nach einer Sturmböe um – auf einen Smart und ein anderes Auto. Glücklicherweise sei hierbei niemand zu Schaden gekommen. Gegen Nachmittag habe sich die Lage entspannt, die Zahl der Notrufe sei deutlich zurückgegangen.