So sehen Siegerinnen aus: Die Turnerinnen des MTV Stuttgart freuen sich nach dem Finale in Neu-Ulm über den erneuten Titelgewinn. Foto: Qingwei Chen

Elf Mal in Serie wurden die Turnerinnen des MTV Stuttgart Deutscher Meister. Aber was machen Elisabeth Seitz und ihre Kolleginnen besser als der Rest und wie groß ist der Aufwand? Wir haben mit Trainerin Marie-Luise Mai gesprochen.

Es war das Highlight für alle Turnbegeisterten in der Region. Am 12. November gastierte der Bundesliga-Wettkampf der Deutschen Turnliga (DTL) in Meßstetten.

 

Stuttgarter begeistern in Meßstetten

Ein vollgefüllte Heuberghalle kam in den Genuss von Frauenturnen auf höchstem Niveau. Tagessieger wurde - man will fast sagen natürlich - der MTV Stuttgart. Wenige Wochen später holte sich die Mannschaft um Superstar Elisabeth Seitz und Jugendeuropameisterin Helen Kevric in Neu-Ulm erneut den Titel. In den vergangenen 15 Jahren ging der Titel nur 2008 und 2011 nicht in die schwäbische Landeshauptstadt.

Mai denkt zurück

Marie-Luise Mai ist eine der Trainerinnen und von Beginn an mit dabei. Sie kann sich noch gut an die Anfänge der Erfolgsstory erinnern. "Ich bin schon lange Trainerin am Bundesstützpunkt in Stuttgart, wir hatten dort schon immer viele Talente. Die Mädchen kamen von überall her und wollten irgendwann mal gerne zusammen in der Liga turnen", erläutert sie das Zustandekommen der Mannschaft.

Es braucht also einen Verein, der die Turnerinnen gewissermaßen "beherbergt". Zugleich wurde ein Antrag gestellt, dass man sofort in der Bundesliga starten darf. "Normalerweise steigt man in einem Ligensystem klassisch auf, bis man vom Schwäbischen Turnverband schließlich in die DTL kommt. Der Antrag wurde seinerzeit genehmigt", so Mai. Zunächst ging man für die WKTV Stuttgart an den Start, deren Männer in den 2000er-Jahren sehr erfolgreich waren.

Start unter neutralem Dach

"Wir haben unter neutralem Dach und sehr idealistisch angefangen. Am Anfang haben wir nicht einmal Fahrtkosten bekommen", denkt die erfahrene Trainerin zurück. Schon gleich zu Beginn war die Mannschaft um die damals sehr junge Tübingerin Kim Bui und Mais Tochter Marie-Sophie sehr erfolgreich. Dies sollte sich auch in der Folge fortsetzen. Nach der Auflösung der WKTV Stuttgart starteten sowohl Männer als auch Frauen für den MTV Stuttgart.

"Über die Zeit identifiziert man sich natürlich auch mit dem Verein. Den Verband hat es damals sehr gefreut, dass so viele Topathletinnen zentriert in einer Trainingsgruppe sind. Das ist dann auch der Schlüssel des Erfolges", erläutert Mai. Und obwohl Turnen grundsätzlich ein Individualsport ist und man gewissermaßen Einzelkämpferin ist, mögen "die Mädchen" das Ligaturnen enorm, berichtet sie. "Es macht ihnen Spaß und sie gehen zusammen durch dick und dünn. Man darf nicht vergessen, dass die Top-Athletinnen eine enorm hohe Belastung haben, erst recht wenn eine WM, EM oder Olympia ist."

Enormer Trainingsaufwand

So trainieren die Juniorinnen circa 30 Stunden pro Woche - hinzu kommt natürlich noch der Schulalltag. Hier weiß man sich allerdings zu behelfen. So kooperiert man mit einer Schule des Spitzensports - zudem gibt es die Möglichkeit einer "Streckung". "Ein Schuljahr wird dann in zwei Jahren absolviert. Das ist einmal in der Mittel- und einmal in der Oberstufe möglich und wird in Jahren mit Großereignissen durchgeführt", erklärt Mai. Eine gewisse Disziplin gehört aber dazu. So geht Ausnahmetalent Helen Kevric auf eine normale Realschule. Probst-Hindermann sagt: "Ganz oft sind die Mädchen auch sehr gute Schülerinnen."

Was man bei all dem Aufwand nicht vergessen darf. Man wird vom Turnen nicht reich - zudem dauert die Karriere auch nicht allzu lang. "Früher hat man mal gesagt, dass mit 20 Schluss sei. Mittlerweile bleiben viele länger im System, aber irgendwann gibt es halt eine Grenze", berichtet Mai. Elisabeth Seitz, die jüngst ihren Vertrag verlängert hat, wird in diesem Jahr zum Beispiel 30 - es sei alles andere als eine Selbstverständlichkeit in diesem Alter noch auf Top-Level dabei zu sein.

So gebe es über duale Karrieren oder die Sportförderkompanie der Bundeswehr durchaus Optionen und man könne sich auch ein finanzielles Polster aufbauen. "Aber man kann niemals dauerhaft davon leben", redet die Trainerin Klartext. Nichtsdestotrotz sind immer alle mit Herzblut dabei. So treffen sich im Training "Jung und Alt". "Ein gewisser Konkurrenzkampf hilft natürlich. Zudem können die erfahrenen Athletinnen auch Tipps geben", beschreibt Mai das Zusammenspiel.

Faszination Turnen

Was sie an der Sportart so fasziniert? "Ich arbeite sehr gerne mit jungen Menschen zusammen und finde es ausgesprochen spannend, mich mit ihnen an der Grenze zu bewegen, wo es schwer wird besser zu werden. Da ist dann die Frage: Wie bekommt man gemeinsam noch das letzte Prozent heraus?" Dies ist in der Vergangenheit oft gelungen. Und wenn es so weitergeht, würde auch eine zwölfte Meisterschaft in Serie nicht überraschen.