Bewohner stehen in der Nähe ihres abgebrannten Flüchtlingswohnheims in Rottenburg am Neckar. Foto: dpa

In der Nacht zum Montag kam es in einer Unterkunft für Asylbewerber in Rottenburg zu einem Brand. Dabei wurden mehrere Menschen verletzt. Die Ermittler suchen nach der Brandursache.

Rottenburg - Bei einem Brand in einer Unterkunft für Asylbewerber in Rottenburg (Landkreis Tübingen) sind in der Nacht zum Montag sechs Bewohner leicht verletzt worden. Vier von ihnen kamen ins Krankenhaus, wie ein Polizeisprecher sagte. Drei Menschen hatten nach Polizeiangaben Rauchgas eingeatmet, ein weiterer erlitt eine Schulterverletzung. Zwei Bewohner zogen sich Knochenbrüche zu, als sie aus dem Fenster sprangen oder kletterten. Am Morgen war die Polizei zunächst nur von fünf Verletzten ausgegangen. In der Unterkunft waren zu der Zeit des Brandes 84 Menschen einquartiert. Sie kommen aus Gambia und den Balkanstaaten.

 

Der Brand war gegen zwei Uhr von Bewohnern gemeldet worden. Die Feuerwehr rückte mit einem Großaufgebot an. Wie es zu dem Feuer kommen konnte, war zunächst noch völlig unklar. Das müssten die weiteren Ermittlungen zeigen, sagte Oberstaatsanwalt Martin Klose. „Es wird in jede erdenkliche Richtung ermittelt. Im Moment kann nichts ausgeschlossen werden.“ In Baden-Württemberg ist damit erstmals in der jüngsten Vergangenheit ein Feuer in einer bewohnten Flüchtlingsunterkunft ausgebrochen.

Container können wohl nicht repariert werden

„Die Anlage stand vollkommen in Brand. Die Bewohner konnten sich zum Glück alle selbst aus den Flammen retten“, sagte Karlheinz Neuscheler vom Landratsamt in Tübingen am Einsatzort. „Wir wissen, dass der Brand mit sehr großer Wahrscheinlichkeit im Inneren der Container entstanden ist.“ Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher (CDU) schilderte: „Die Bilder zeigen, dass es ein sehr rasantes Feuer war.“ Die Container können wohl nicht mehr repariert werden. „Da wird wahrscheinlich nicht mehr viel gehen“, sagte der Tübinger Landrat Joachim Walter (CDU).

„Es waren emotionale Momente. Diese Menschen sind vollkommen traumatisiert. Jetzt verlieren sie auch noch ihre letzten Habseligkeiten“, berichtete die leitende Notärztin vor Ort. Ein Familienvater trug seine drei Kinder in seinen Armen nacheinander aus dem brennenden Gebäude, anderen Bewohnern blieb auf der Flucht vor den Flammen nur der Sprung aus dem Fenster. „Das ist ein Alptraum. Man sieht, dass die Menschen große Angst haben.“

Die Einsatzkräfte hatten zunächst alle Hände voll zu tun, weil einige Bewohner das Gelände rund um die Unterkunft nicht verlassen wollten - um all ihre Habseligkeiten zurückzulassen. Eingewickelt in Decken standen sie in Unterwäsche bei sechs Grad auf dem Gelände. Für sie hat die Feuerwehr einen kleinen Not-Container aufgestellt. „Wir haben Angst und sind geschockt“, sagte ein Jugendlicher und blickte auf das qualmende Gebäude. Sein Hab und Gut hat er in den Flammen verloren.

Glimpflich ausgegangen

Trotz der Tragik sei der Brand noch glimpflich ausgegangen, befand Landrat Walter. „Bei einem Brand mit 84 Menschen im Haus hätte noch weit Schlimmeres passieren können.“ Derzeit sind im Landkreis Tübingen 1250 Flüchtlinge untergebracht, in Rottenburg sind es 360.

Die obdachlosen Bewohner der vorläufigen Asylbewerberunterkunft wurden noch in der Nacht in einer Festhalle in Rottenburg untergebracht. Etwa fünfzig ehrenamtliche Helfer kümmerten sich dort um sie. Menschen brachten noch in den Morgenstunden Kleider, Decken und Spielzeug vorbei.

Die Flüchtlinge sollten noch am Abend in die Tübinger Kreissporthalle gebracht werden, kündigte Landrat Walter an. „Wichtig ist mir, dass sie jetzt ein Dach über dem Kopf haben“. Die Tübinger Halle sei fast vollständig vorbereitet für die Aufnahme von Flüchtlingen.

In den vergangenen Monaten hatte es im Südwesten mehrere Brandstiftungen in geplanten Flüchtlingsunterkünften gegeben, die vermutlich einen fremdenfeindlichen Hintergrund hatten. Im August hatten Unbekannte ein Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Weissach im Tal (Rems-Murr-Kreis) gelegt. Im Juli brannte die geplante Asylbewerberunterkunft in Remchingen (Enzkreis) ab. Sie soll wieder aufgebaut werden.

Erst in der Nacht zum Sonntag hatte es erneut einen Anschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft gegeben. Unbekannte warfen eine Rauchbombe in die Hofanlage eines Hauses in Neckargemünd (Rhein-Neckar-Kreis), in dem unter anderem rund 50 Flüchtlinge untergebracht sind. Die Polizei schließt auch hier einen fremdenfeindlichen Hintergrund nicht aus.