Für den Zollernalbkreis besteht zurzeit die Verpflichtung, 50 bis 60 Geflüchtete pro Monat aufzunehmen. Foto: Shcheglov

Auch in den Zollernalbkreis kommen wieder mehr Flüchtlinge. Die Kreisverwaltung hat Mühe, genügend Unterbringungsplätze zu finden.

Zollernalbkreis - Der Zugang asylsuchender Menschen nimmt weiter zu, auch im Zollernalbkreis. Und die Möglichkeiten für deren vorläufige Unterbringung sind ausgeschöpft. Über die derzeitige Situation hat Sozialdezernent Georg Link im Schul-, Kultur- und Sozialausschuss des Kreistags informiert.

Landesweit seien die Flüchtlingszahlen seit Januar deutlich angestiegen, sagte Link. Einerseits, weil die Fluchtrouten, die wegen der Pandemie nur schwer passierbar waren, wieder "durchlässiger" geworden seien, andererseits, weil weitere Ortskräfte aus Afghanistan ausgeflogen werden sollen – aktuell befinden sich bereits 18 afghanische Ortskräfte mit ihren Familien im Zollernalbkreis –, und schließlich, weil eine neue Fluchtroute über Weißrussland entstanden sei.

51 Personen im November

Der Präsident von Belarus steuere die Flüchtlinge gezielt nach Europa, als politisches Druckmittel. Was genau das bedeute, wisse man noch nicht. Man kenne derzeit nur die Bilder aus dem Fernsehen und aus der Presse. Allein für November seien im Zollernalbkreis 51 Personen angekündigt, sagte der Sozialdezernent.

Das Problem: Der Landkreis könne derzeit nur "vereinzelt" Geflüchtete aufnehmen, denn die Kapazitäten seien ausgeschöpft. In den Unterkünften für vorläufige Unterbringung in Albstadt, Balingen, Haigerloch, Meßstetten, Ratshausen und Rosenfeld gebe es zusammengerechnet 163 Plätze; aktuell lebten dort 185 Menschen. "Die Lage ändert sich aber von Tag zu Tag, und es hängt davon ab, wie viele Menschen in eine Anschlussunterbringung bei den Städten und Gemeinden gehen", erklärte Link.

Keine seriöse Einschätzung

Wie wird es weitergehen? Derzeit, so Link, sei keine seriöse Einschätzung möglich, wie sich der Flüchtlingszugang in den kommenden Monaten oder darüber hinaus entwickeln wird. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich der allgemeine Trend kurz- und mittelfristig umkehrt.

Der spricht für sich: Allein in den ersten drei Quartalen des Jahres seien 9170 Asylsuchende nach Baden-Württemberg gekommen, deutlich mehr als der gesamte Zugang des Jahres 2020 von rund 7400.

Aufnahme-Polster schrumpft

Mit den Flüchtlingsaufnahmezahlen des Landes wachse auch die Aufnahmeverpflichtung des Zollernalbkreises: Mussten zum Jahresbeginn noch zehn Geflüchtete pro Monat aufgenommen werden, bestehe derzeit eine Aufnahmeverpflichtung von 50 bis 60 pro Monat. Das habe zur Folge, dass das während des Lea-Betriebs vom Landkreis aufgebaute "Aufnahme-Polster" geschrumpft sei.

Zur Erinnerung: Der Zollernalbkreis hatte damals trotz des sogenannten Lea-Privilegs – der Garantie von Seiten des Landes, dass während des Betriebs der Landeserstaufnahmestelle keine weiteren Flüchtlinge zugewiesen werden – Geflüchtete aufgenommen und besagtes "Polster" geschaffen. Das werde aller Wahrscheinlichkeit nach bis zum Jahresende aufgebraucht sein. Nach Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Tübingen befinde sich der Landkreis in Verhandlungen mit Vermietern und Verkäufern, um weiteren Wohnraum für vorläufige Unterbringung zu schaffen. Die Kostenerstattung von Seiten des Landes sei zugesichert worden.

Um jeden Einzelnen kümmern

Mit dem Thema müsse vorsichtig umgegangen werden, mahnte CDU-Kreisrat Roland Tralmer: "Wir wissen nichts Genaues und müssen auf alles vorbereitet sein." Egal, wie viele Geflüchtete kommen: "Wir müssen uns um jeden Einzelnen gut kümmern und eine Integration möglich machen." Wichtig sei dabei der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung, um eine "Ghettoisierung" zu vermeiden. Verantwortungsbewusstsein sei gefragt, keine "Schaumschlägerei".

Landrat Günther-Martin Pauli erinnerte an die "lieblose" Sammelunterkunft im ehemaligen Aviona-Gebäude in Hechingen: Die Unterbringung dort habe zu vielen Konflikten unter den Asylsuchenden geführt. Mit den dezentralen Unterkünften in den Städten und Gemeinden habe sich das geändert: "Dort haben wir keine Probleme." Menschenwürdige Unterkünfte zu finden, sei "schwierig, aber nicht unmöglich".

Weitere Planstelle

Derweil hat der Kreistagsausschuss den Appell des Arbeitskreises Asyl aufgenommen und für das gemeinsame Ausländeramt der Stadt Balingen und des Zollernalbkreises eine weitere Planstelle mehr befürwortet. Abhängig von der Zahl der Flüchtlinge, die in den Zollernalbkreis kommen, ist eine weitere Stelle möglich. Auch sollen die innerbetrieblichen Abläufe in der Ausländerbehörde optimiert und das Amt technisch noch mehr aufgerüstet werden. Damit die verschiedenen Abteilungen der Behörde besser vernetzte Informationen haben, ist die Einführung einer E-Akte schon gestartet.