Da waren Wlada (von links), Wita, Les’, Swjatoslaw und Zlata gerade zwei Wochen in Rottweil Foto: Zelenjuk

Vor einem Jahr ist die Familie Plets’kyj aus Kiew nach Rottweil geflohen. Wita blickt auf die Zeit hier zurück und spricht über die Persektiven.

Seit einem Jahr lebt Wita Plets’kyj mit ihren vier Kindern in Rottweil. Mit dem Beginn des Kriegs in der Ukraine hatte sie in ihrer Heimat Kiew alles hinter sich gelassen und sich auf den Weg zu Bekannten hier in der ehemaligen Reichsstadt gemacht. „Ich habe mich damals am 24. Februar an der Grenze zu Polen von meinem Mann verabschiedet“, blickt die heute 43-Jährige zurück. Und sei sagt das mit dem entsprechenden Ernst in der Stimme. Sie hatte sich sehr emotional von Sergej verabschiedet, denn es war nicht klar, ob es ein Wiedersehen geben wird.

Jetzt, ein Jahr später, sprudelt es nur so aus ihr heraus, wenn sie von den vergangenen Monaten in Rottweil erzählt. Davon, wie groß die Hilfsbereitschaft nach wie vor ist, die sie und ihre Kinder hier nach wie vor erfahren. Nicht wenig Stolz schwingt in ihren Schilderungen mit, wenn Wita erzählt, wie gut sich Wlada, Les’ Swjatoslaw und Zlata mittlerweile eingelebt haben. Alle fünf sind an der Waldorfschule bestens in der Gemeinschaft aufgenommen. Wita hatte in Kiew bereits als Waldorf-Lehrerin gearbeitet, kann das nun in Rottweil als Begleiterin für ukrainische Kinder einbringen.

An Weihnachten kommt auch Sergej nach Rottweil

Dass Wita lachen kann, sich aufgenommen und wohl fühlt, hängt natürlich auch damit zusammen, dass seit Weihnachten auch ihr Mann Sergej in Rottweil ist. Für ihn seien die Monate getrennt von der Familie sehr schwer gewesen. Doch die Kriegswirren hat er unbeschadet überstanden, war nie an der Front im Einsatz, sondern konnte mit ehrenamtlichem Einsatz seinen Teil für das Vaterland leisten. Was der 46-Jährige in dieser Zeit alles erlebt und gemacht hat, weiß sie so genau noch gar nicht. Die Familie ist um Normalität bemüht.

Wita Plets’kyj Foto: Nädele

Die erste Zeit habe sie alles an Nachrichten über und aus der Heimat aufgesogen, was nur möglich war. Doch dann habe sie gemerkt, dass sie sich und auch ihre Kinder, die jetzt 17, 14, 12 und zehn Jahre alt sind, schützen muss. Und dafür gehört für die Plets’kyjs eben diese Normalität, die das Leben in Rottweil ihnen bietet. Ganz bewusst habe sie sich ein Hobby zur Ablenkung gesucht und das Gitarre spielen begonnen. Einen der Söhne hat das inspiriert. Der Kleinste bekommt nun selbst Gitarrenunterricht – online durch einen Bekannten aus der Ukraine. Eine Tochter ist im Mädchenchor, spielt Geige.

Die Kinder finden sich bestens zurecht

Als Wita erzählt, wie gut sich die Kinder hier zurecht finden, wie gut sie schon mit der Sprache zurecht kommen und Freunde gefunden haben, sagt sie denn auch: „Solange es den Kindern hier so gut gefällt, bleiben wir.“ Sergej fühle sich ebenfalls sehr wohl, sei sowieso ein Mensch, der für Neues schon immer zu begeistern ist. Zudem sei ihr Mann sehr sprachbegabt. Deutsch zu lernen ist deshalb nun eines der Ziele, das sie nennt, wenn man sie nach den Perspektiven fragt. So schaut sich die Familie im Moment nach einer größeren Wohnung um. Die jetzige sei schön und gemütlich, liebevoll eingerichtet – aber für einen Haushalt mit Teenagern wären zwei oder drei Zimmer einfach besser. Die Plets’kyjs sind hier angekommen – zutiefst dankbar für die Hilfe und die Gastfreundschaft. Und sie sind bemüht, die Situation anzunehmen und als ihre zu akzeptieren. Von einem Rückblick in Wehmut oder gar Zorn ist im Gespräch nichts zu hören. Da geht es viel mehr um die beeindruckende Historie, die Rottweil zu bieten habe, oder um die tolle Fasnet, die Wita mit ihren Kindern jetzt schon zum zweiten Mal erleben konnte.