In Flözlingen wird der Braukessel noch mit Holz angefeuert. Der Brauprozess muss eng begleitet werden. Foto: Siegmeier

Braumeister Rolf Schittenhelm setzt bei der Hirschbrauerei Flözlingen auf Regionalität. Und das mit Erfolg: Der Familienbetrieb feiert im kommendem Jahr sein 230-jähriges Bestehen. Preissteigerungen und Personal- wie Flaschennot schrecken aber auch nicht von der Traditionsbrauerei zurück.

Zimmern-Flözlingen - Bereits morgens um 7 Uhr herrscht in der Hirschbrauerei in Zimmern-Flözlingen geschäftiges Treiben. Heute ist Brautag – und da gibt es eine ganze Menge zu tun. In der Brauerei, die über Jahrzehnte die kleinste gewerbliche Brauerei Deutschlands war, ist – ganz nach der fast 230-jährigen Familientradition – Handarbeit angesagt. Denn der Braukessel wird noch mit Holz befeuert. "Weichholz eignet sich hier am besten", erklärt Rolf Schittenhelm, Brauer- und Mälzermeister und Chef der Brauerei.

Im Brauprozess kommt es auf jedes Grad an

Große Holzscheite und kleinere Stücke liegen bereit, "denn im Brauprozess kommt es auf jedes Grad an", erklärt der Fachmann weiter, während er das Feuer überprüft und die Temperaturanzeige am Braukessel genau im Blick behält. Unterstützt wird Rolf Schittenhelm von seinem Azubi Simon Büker. Der 30-Jährige hat bereits einige Jahre hobbymäßig Bier gebraut. Nun gab er seinen Job auf, um nochmals mit einer handwerklichen Lehre ganz neu zu beginnen und sich damit einen Traum zu erfüllen. "Vielleicht mache ich ja mal eine eigene Brauerei auf, mal sehen, was sich ergibt", sagt Büker, während er die Leiter zum Braukessel hochsteigt und einen prüfenden Blick hineinwirft.

Ausbildung am Braukessel Nachhaltigkeit und Regionalität spielen im Betrieb von Rolf Schittenhelm eine große Rolle. Und das Bierbrauen, oder auch das Schnapsbrennen sind hierfür wahre Paradebeispiele. Denn: Lange Wege gibt es bei Rolf Schittenhelm nicht. Das Wasser ist vor Ort, das Obst für seine Brennerei auch, und der Hopfen kommt aus Tettnang.

"Mit Flaschenbier ist nix verdient"

Der mehrheitliche Anteil des Bieres wird in der hauseigenen Brauereigaststätte verkauft, zudem beliefert Schittenhelm die Vereine und weitere Gastronomiebetriebe der Region mit seinem Bier. "Mit Flaschenbier ist leider nix verdient", sagt er. "Dass man aus einfachen und wenigen Rohstoffen ein so tolles Produkt herstellen kann, und die Produktion vom Beginn bis zum fertigen Produkt begleiten kann, das begeistert mich", schwärmt Simon Büker.

Bierbrauen ist – zumindest in der Flözlinger Brauerei – echtes Handwerk von Anfang bis Ende – Computertechnik gibt es dort nicht. "Wenn man sich nicht konzentriert und die Prozesse genau begleitet, wird das Bier nichts", weiß Schittenhelm, denn natürliche Enzyme wollen die richtige Temperatur haben, der Hopfen zum Auslösen der Bitterstoffe ebenfalls. Wenn Würze und Hopfen "zu kalt" kochen, dann bekommt das Bier keinen ordentlichen Geschmack. "Gekocht" wird in Flözlingen über Holzfeuer – so wie auch schon 1793, dem Gründungsjahr der Brauerei.

Weihnachtsbier steht auf dem Brauplan

Nach dem Kochen wird der Sud dann in den Gärkeller gepumpt und auf etwa acht Grad heruntergekühlt – die Temperatur hängt von der Biersorte ab. Das Abkühlen ist notwendig, da die Brauhefen höhere Temperaturen gar nicht überleben würden. "Unsere Hefen gären bis zwei Grad", erklärt Rolf Schittenhelm.

Zweimal pro Woche wird im Sommer in Flözlingen gebraut, im Winter einmal, etwa 1000 Liter pro Durchgang. Und je nach Jahreszeit gibt es dann neben dem Flözlinger Spezial auch Hefeweizen, Halbdunkles und natürlich Bockbier. Demnächst steht bereits das Weihnachtsbier auf dem Brauplan. Dennoch plagen Rolf Schittenhelm auch Sorgen, denn für die Brauereigaststätte fehlt Personal. "Ich musste kürzlich den Biergarten geschlossen lassen. Und das zu besten Biergartenzeit in der Hauptsaison", schildert er die Situation.

Finanzielles Polster für den Winter

Denn im Sommer sei es wichtig, ein finanzielles Polster für den eher ruhigen Winter anzulegen. Auch die Flaschen sind bereits seit Ende März knapp, an neue ranzukommen, ist äußerst schwierig, "und wenn, dann zu heftigen Preisen", lässt er wissen und appelliert an die Kunden, die leeren Kisten nicht im Keller zu lassen, sondern möglichst zügig wieder abzugeben.

Eine weitere Sorge: Bis vor kurzem habe er auch die Preissteigerungen noch nicht an die Kunden weitergegeben. Doch vor zwei Wochen "mussten wir die Preise moderat erhöhen", informiert er. Nach Weihnachten werde sich zeigen, wie es weitergehe, deutet er an.

Ab November geht es um die Welt

Aber ab November reist Rolf Schittenhelm dann erst mal wieder, wie jedes Jahr, um die Welt, um Brauereien im Ausland zu beraten, denn sein Wissen ist weltweit gefragt. Sogar in China hat er bereits Brauereien eingerichtet und Personal geschult. "Das macht eine Menge Spaß und man bekommt viel mit", sagt er. Und im nächsten Jahr wird dann hoffentlich das große Jubiläum gefeiert – mit Jubiläumsbier natürlich.