"Petite ­messe solennelle": Ein Gipfelerlebnis war 2018 das Konzert im Rahmen des Rossini-Festivals auf dem Turm des Baumwipfelpfades auf dem Sommerberg. Foto: Archiv/Bechtle

Gemeinderat: Endabrechnung des Festivals "Rossini in Wildbad" sowie Fünf-Täler-Schule sorgen für Diskussionsstoff

Kontroverse Diskussionen gab es bei der jüngsten Sitzung des Bad Wildbader Gemeinderates zu den beiden Tagesordnungspunkten "Endabrechnung des Opern- und Musikfestivals ›Rossini in Wildbad‹ für die Jahre 2019, 2020 und 2021" sowie "Generalsanierung und Erweiterung der Fünf-Täler-Schule" in Calmbach.

Von Karin Ferenbach

Bad Wildbad Unter Letzterem ging es um die Vergabe von Bauleistungen, insbesondere für die Abbrucharbeiten, die Aufzugsanlage, die Brandschutztüren, die Stahlbetonarbeiten mit allgemeinen Rohbauarbeiten sowie Zimmer- und Holzbauarbeiten.

Die zu den Ausschreibungen erstellten Preisspiegel wurden bereits im Verwaltungs-, Sozial- und Tourismusausschuss (VST)-Ausschuss vorberaten. FWV/FDP-Fraktionsvorsitzende Rita Locher sprach von einer Zwickmühle: "Einerseits wollen wir in eine zukunftsfähige Infrastruktur und Bildung investieren, andererseits entstehen hier bereits Mehrkosten von 750 000 Euro und der Zeitplan ist einzuhalten. Wir wissen nicht, ob die noch anstehenden Ausschreibungen eine Kompensation dazu bringen werden. Da wir keine Alternativen aufgezeigt bekommen haben, können wir als Fraktion damit nicht zufrieden sein", bemängelte Locher und appellierte an die Unterstützung seitens der Fachämter im Hinblick auf weitere Entscheidungsgrundlagen.

"Die Bauvorhaben werden teurer als ursprünglich vorgegeben und die Zuschüsse werden nicht höher, weshalb die Mehrkosten durch den Haushalt getragen werden müssen. Uns fehlt die frühzeitige Thematisierung und Einbindung sowie eine laufende Kostenfortschreibung des Projektes als Anlage zu den jeweiligen Beratungen. Nur so können wir gemeinsam Lösungen entwickeln, insbesondere wenn die Angebote aufgrund der aktuellen, brutalen Rahmenbedingungen aus dem Ruder laufen", führte sie aus.

Nur ein Angebot

Anstoß nahm auch Stadtrat Andreas Wacker, wenngleich er das Projekt als "gut dargestellt" bezeichnete. Da nur ein Angebot für den Stahlbeton eingegangen sei, könne er nicht nachvollziehen, weshalb man hier nicht das Gespräch mit dem Anbieter suche, um zu ergründen, wie es zu einem im Vergleich zur Kostenberechnung bei 209 Prozent liegenden Angebot kommen könne. "Als Privatmann würde ich das so nicht akzeptieren. Wir sollten insgesamt kritischer sein", betonte er.

Stadtbaumeister Volkhard Leetz wies darauf hin, dass der Baupreisindex in den vergangenen zwei Jahren überproportional um 30 Prozent gestiegen und dies im Projektbericht des Architekturbüros in einer entsprechenden Prognose berücksichtigt sei.

Zudem könne und dürfe die Verwaltung über den digitalen Vergabemanager keinen Einfluss nehmen auf die Angebotserstellung und könne auch später auf die Preisgestaltung nicht einwirken, führte der Stadtbaumeister aus. Eine verbesserte Angebotslage sei aus seiner Sicht bei wiederholter Ausschreibung des Gewerkes nicht zu erwarten.

"Die explodierenden Preise sind kein Wildbad-spezifisches Problem", versuchte Stadträtin Ursula Jahn-Zöhrens zu relativieren und stellte die Besonderheit der historischen Schulgebäude heraus.

Im Vergleich bei 224 Prozent

Bei den Brandschutztüren verzichtet man auf Vorschlag der Verwaltung auf die ausgeschriebene Doppelfunktion einer automatischen Türöffnung und -offenhaltung, was organisatorischen Mehraufwand für den Hausmeister, aber eine Reduzierung der Vergabesumme um rund 31 700 Euro bedeutet. Auch das einzige Angebot für die Holz- und Zimmerarbeiten liegt laut Vorlage mit etwa 91 450 Euro bei 224 Prozent im Vergleich zur Kostenberechnung, was mit der Verteuerung des Konstruktionsholzes begründet wurde.

Jedoch könne hier aufgrund eines geänderten Brandschutzkonzeptes auf die Deckenbekleidung verzichtet werden, wodurch sich die Auftragssumme auf circa 56 000 Euro reduziere.

Da nach wie vor Handlungsbedarf in Sachen Brandschutz und zweitem Rettungsweg für das Schulgebäude besteht, stimmten die anwesenden Ratsmitglieder letztendlich geschlossen für die Vergabe der beschriebenen Gewerke an die genannten Firmen.

"Rossini in Wildbad"

Ausführliche Informationen zum Verlauf und zur Endabrechnung des Festivals "Rossini in Wildbad" der Jahre 2019 bis 2021 konnten die Stadträte den zahlreichen Anhängen der Sitzungsvorlage entnehmen.

Zudem war an diesem Abend Intendant Jochen Schönleber anwesend, der in seinem Rückblick von drei "ereignis- und arbeitsreichen Festivaljahren" sprach, wobei die vergangenen beiden unter dem Zeichen der Coronapandemie standen. "Nach einer positiv verlaufenen Spielzeit 2019 musste im April 2020 das bevorstehende Festival aufgrund des Lockdowns abgesagt werden.

Als Ersatz wurde im Juli ein digitales Festival mit ausgewählten Videos, die weltweit abgerufen wurden, durchgeführt. Im September folgte ein Open-Air-Minifestival mit geringen Einnahmen aufgrund begrenzter Sitzplatzkapazitäten", berichtete Schönleber.

Der Vorverkauf für die in 2021 ebenfalls Open Air angesetzten Aufführungen sei zuletzt aufgrund der nach wie vor unsicheren Pandemielage sehr schleppend verlaufen und dann habe auch noch eine Schlechtwetterperiode den Zuspruch und damit die Bilanz verhagelt, führte er weiter aus. Über den Nothilfefonds des Landes und den Sonderfonds des Bundes habe man größere Zuschüsse generieren können.

Spende des Freundeskreises

Interims-Bürgermeister Jochen Borg betonte die Stellung des Festivals als Markenzeichen der Stadt. Im Haushaltsplan der Stadt waren hierzu für die Jahre 2019, 2020 und 2021 jeweils 135 000 Euro als Zuschussbedarf ausgewiesen. Dieser wurde laut Schönlebers Endabrechnungen im Jahr 2019 trotz eines zusätzlichen städtischen Zuschusses von 3000 Euro um insgesamt 16 921,38 Euro und im Jahr 2020 bedingt durch den gekürzten städtischen Zuschussbetrag in Höhe von 55 000 Euro und nach Buchung einer Spende des Freundeskreises "Rossini in Wildbad" in Höhe von 30 000 Euro um insgesamt 12 215,07 Euro überschritten.

Im Jahr 2021 wurde der Zuschussbedarf dank der staatlichen Fördergelder um 370,17 Euro unterschritten. Die Verwaltung schlägt vor, die im Jahr 2020 nicht freigegebenen Mittel in Höhe von 80 000 Euro mit den vorhandenen Fehlbeträgen aus den Jahren 2019 und 2020 sowie einem noch offenen Fehlbetrag in Höhe von 2119,16 Euro aus dem Jahr 2017 zu verrechnen.

Ebenso soll mit den zusätzlich zur Verfügung gestellten Geldern in Höhe von 3000 Euro (2019) und 20 000 Euro (in 2021) verfahren werden. Der restliche Betrag soll allerdings nicht als Gewinnvortrag in die Folgejahre übertragen werden.

Warnung vor weiteren Experimenten

Der im VST-Ausschuss vorberatene und formulierte Beschlussvorschlag bedeute für den neuen Bürgermeister Marco Gauger einen Start ins neue Rossini-Jahr mit einer schwarzen Null, so Borg, was Stadtrat Uwe Göbel ähnlich sah und der vorgeschlagenen Vorgehensweise seine Unterstützung zusagte.

"30 Jahre gibt es nun schon das Rossini-Festival. Gekocht wird immer auf hohem Niveau, jedoch sind die Abrechnungen keine leichte Kost und verursachen Verdauungsprobleme", schilderte Stadträtin Rita Locher die Situation aus ihrer Sicht. Sie regte an, die Ursachen für die Probleme näher zu erforschen. Sie werde aber der in ihrer Komplexität schwer zu verstehenden Abrechnung zustimmen. Für Jürgen Schrumpf ist die Stadt "mit einem blauen Auge davongekommen".

Der SPD-Stadtrat sicherte eine Zustimmung seiner Fraktion zur Beschlussvorlage zu, warnte Schönleber jedoch vor weiteren Experimenten, wenngleich seine Entscheidungen damals sehr mutig gewesen seien. Skeptisch, dass sich finanziell etwas zum Positiven ändern wird, zeigte sich allerdings CDU-Stadtrat Rainer Weiss. "Es wäre alles noch viel schlimmer gekommen, wenn die zusätzlichen Zuschüsse nicht geflossen wären. Es entspricht nicht dem Geist des Werkvertrages, den finanziellen Ausgleich für ein ausgefallenes Festival zu schaffen", sagte Weiss.

Deutliche Mehrheit

Bei zwei Gegenstimmen (Weiss und Fraktionskollegin Claudia Becht) stellte sich der Gemeinderat schließlich mit deutlicher Mehrheit hinter den Beschlussvorschlag zu Schönlebers Endabrechnungen. Der Intendant bedankte sich beim Gremium für den Rückhalt. "Ich hoffe sehr, dass sich die Situation mit den coronabedingten Ausfällen in den Ensembles bis zum Sommer beruhigt. Wir haben bereits wieder einen Antrag auf Zuschüsse aus dem Sonderfonds gestellt", informierte er.

Wichtig sei, dass die Opern nun wieder in den gewohnten, überdachten Spielstätten stattfinden könnten. Als besonderes Open-Air-Event möchte Schönleber beim kommenden Festival vom 15. bis 24. Juli jedoch wieder ein Waldkonzert auf dem Sommerberg veranstalten, dieses Mal mit dem "Sommernachtstraum" für die ganze Familie.