Miriam Günderoth (u.), Marie Brahner (li.) und Katja Ellenschläger. Foto: Max Kovalenko

Über 100.000 Besucher haben sich zum Evangelischen Kirchentag angemeldet. Darunter ist auch eine Delegation aus Stuttgart. 200 Jugendliche starten am Mittwochmorgen in vier Bussen nach Hamburg , um Gott zu feiern, aber auch die drängenden Fragen unserer Zeit zu diskutieren.

Stuttgart - Jugendsprache bringt Dinge oft verblüffend schnell auf den Punkt. Marie Brahner (16) reichen drei Worte um auszudrücken, was ab Donnerstag in 2500 Programmpunkten beim evangelischen Kirchentag abgeht: „Hamburg wird mega.“ Ihre Freundin, Katja Ellenschläger (16) nickt und bestätigt: „Ja, Hamburg wird mega.“

Drei Worte, die andere drei Worte ersetzen: beten, feiern, diskutieren – zusammen mit über 100 000 Besuchern.

Am Mittwoch, 6.30 Uhr ist Abfahrt am Karlsplatz. 200 Jugendliche aus Stuttgart machen sich in vier Bussen auf den Weg zum Kirchentag. Marie und Katja haben sich mit zehn weiteren Jugendlichen aus Stuttgart-Wangen dieser Delegation der evangelischen Jugend Stuttgart angeschlossen – und sie sind voller Vorfreude wie ihre Mega-Kurz-Losung verdeutlicht.

„Man muss diesen Spirit erlebt haben“

Man darf sogar sagen: Beide können es kaum erwarten. Das Feuer der Begeisterung hat Miriam Günderoth (37) in den Jugendlichen entfacht. Die Jugendreferentin von Wangen und den Unteren Neckarvororten hat immer wieder von ihren eigenen Erfahrungen berichtet. Ihrer ersten, als 15-Jährige bei dem Christentreffen im Ruhrpott. Und en folgenden als Religions- und Sozialpädagogin bei den Kirchentagen in Bremen und Dresden. „Man muss diesen Spirit erlebt haben“, sagt sie, „denn es ist fast unbeschreiblich, was dort passiert.“ Menschen begegnen Menschen dort anders als in ihrem gewohnten Umfeld. Offener, freundlicher, kommunikativer.

„Selbst derjenige, der nicht als überzeugter Christ dorthin fährt, bekommt dort neue Impulse, weil er vieles anders und neu erlebt“, sagt Diakonin Miriam Günderoth. So wie sie selbst. Alleine das Gefühl bei der Rückfahrt sei jedes Mal großartig, sagt sie: „Die Mischung aus wenig Schlaf, viel Freude und riesiger Begeisterung löst in mir jedes Mal einen Zustand glückseliger Erschöpfung aus.“ Unabhängig von ihren eigenen Glücksgefühlen ist ihr freilich wichtig, den Jugendlichen ihrer Reisegruppe etwas zu vermitteln. Zum Beispiel neue Anstöße für deren Glauben. Aber auch ihr kommendes Leben.

Passend dazu steht der Kirchentag unter dem Leitwort „Soviel du brauchst“. Dabei greift das Treffen der Christen das Thema Gerechtigkeit auf. Und die Tatsache, dass wir in einer Welt zwischen Überfluss und Mangel leben. Kirchentagspräsident Gerhard Robbers versteht die Losung auch als Aufforderung, sich den Herausforderungen der Zeit zu stellen.

Richtiges Maß im Alltag

Marie und Katja haben dies bereits getan. Sie erkennen wie widersprüchlich ihr eigenes (Konsum-)Verhalten in der Überflussgesellschaft ist. „Wir haben im Prinzip alles“, sagt Katja, „aber wenn wir in die Stadt kommen, überkommt einen immer das Gefühl, dass wir dies oder jenes unbedingt brauchen.“ Marie stimmt eifrig zu („Wir sind konsumwütig“) und stellt fest: „Es ist doch immer wieder interessant festzustellen, dass viele brisante Probleme in der Bibel schon mal thematisiert wurden.“

In diesem Fall ist es die Geschichte im Alten Testament (zweites Buch Mose) vom Manna, dem Himmelsbrot. Gott hatte in der Wüste Sinai nicht nur für ausreichend Nahrung gesorgt, sondern auch für die gerechte Verteilung. Hamstern lehnte er ab.

Es geht also um das richtige Maß im Alltag. Doch an diesen Feiertagen in Hamburg ist den Jugendlichen ein Zuviel erlaubt. Ein Zuviel an Bibelarbeit, unbeschwerter Gemeinschaft oder nachdenklichen Diskussionen. Denn die Stuttgarter Delegation hat ganz nebenbei noch einen Auftrag im Gepäck. Sie sollen – inspiriert von ihren Erlebnissen in Hamburg – Werbung für den Kirchentag 2015 in Stuttgart machen. Es erübrigt sich zu fragen, mit welchen Worten sie in der Hansestadt um den Besuch der Gäste in ihrer Heimatstadt werben:

Stuttgart wird mega.