Kommunales: Gemeinderäte wollen ausufernde Sitzungen in den Griff bekommen / Bürgerfragestunde weiterhin alle drei Monate

Sitzungsdisziplin – dieses Schlagwort war am Dienstagabend im Gemeinderat immer wieder zu hören. Aber: Der Eutinger Gemeinderat ist nicht gerade für dieses Wort bekannt. Deshalb wurde beschlossen, das neue Tagesordnungspunkte nach 22.30 nicht mehr angefangen werden.

Eutingen. Gerne ufert eine Diskussion im Eutinger Gemeinderat mal aus, auch Bürgermeister Armin Jöchle kann sich aufgrund seiner jahrzehntelangen Erfahrung mal in Details verlieren. Der Antrag, die Geschäftsordnung dahingehend zu ändern, dass künftig neue Tagesordnungspunkte nach 22 Uhr nicht mehr anfangen sollen, kam also nicht von ungefähr.

Lange Zeiten unattraktiv

Den Antrag stellten zwei jüngere Gemeinderäte: Sebastian Lazar und Raphael Sickler. Beide finden, dass die Langatmigkeit der Sitzungen das Amt eines Gemeinderats unattraktiv für Bürger macht, die sich grundsätzlich ein solches Ehrenamt vorstellen könnten. "Besonders Frauen und junge Menschen sind nicht bereit, im Ehrenamt stundenlange Präsenztermine wahrzunehmen. Aber es sind auch Frauen und junge Menschen, die in den Vereinen und im Gemeinderat gebraucht werden", heißt es beispielsweise im Antrag. Dieser ist auch schon mit einem Blick auf die kommenden Kommunalwahlen 2019 und der bald beginnenden Kandidatensuche versehen.

Schneller fertig sein? Klingt das nicht verlockend? Jöchle und Co. mahnten und warnten vor so einem Schritt. "Das könnte bedeuten, dass wir dann weitere Sitzungstermine bräuchten", erklärte der Bürgermeister. Man habe derzeit etwa zwölf Sitzungen im Jahr. Er gab zu bedenken, dass man anders wie andere Gemeinderäte keine zusätzlichen Ausschüsse habe und alles komplett im Gemeinderat beraten werde. "Uns beschäftigen aber sehr viele Themen. Und kommen wir dann nicht durch, müsste bei wichtigen Themen eventuell in der kommenden Woche wieder eine Sitzung angesetzt werden." Alternativ müsste man vielleicht überlegen, ob man nicht schon um 18 Uhr beginnen könne. "Das würde aber für manchen Bürger zeitlich ein Problem werden", meint Jöchle.

Nicht nur für Bürger, wie später Rat Hubert Lachenmaier erklärte: "Da würde ich dann meistens nicht mehr pünktlich in den Gemeinderat kommen können. Ich nehme meine Aufgabe aber ernst. Deswegen möchte ich weiterhin um 19 Uhr beginnen." Roland Raible dagegen machte klar, dass er nicht noch mehr Sitzungstermine haben möchte. Horst Niessner plädierte, dass alles beim Alten bleiben solle: "Wenn wir alles in dieser Runde beschließen, dann braucht das seine Zeit, dann ist auch Disziplin gefragt. 19 Uhr ist die richtige Zeit. 18 Uhr ist zu früh, vor allem für die Bürger."

Raible schlug dann einen Kompromiss vor: Statt 22 Uhr sollte man 22.30 Uhr als Schlussstrich für neue Punkte auf der Tagesordnung ziehen. So kam es dann auch: 22 Uhr erhielt nicht die Mehrheit, dafür aber der Kompromiss. Jöchle erklärte, dass man künftig bereits Vorberatendes aus den Ortschaftsräten verkürzt diskutieren sollte. Und Raible ergänzte, dass man, bevor man in eine lange Diskussion einsteige, zunächst einmal die Ergebnisse aus den Ortschaftsräten abfragen sollte. Das könne so manche Diskussion abkürzen. Hubert Schäfer bat, dass man künftig nicht "doppelt und dreifach" über Themen diskutieren solle.

Direkter Dialog mit Bürgern

Es war allerdings nicht der einzige Antrag auf Änderung der Geschäftsordnung. Joachim Gölz hatte beantragt, statt alle drei Monate künftig jede Sitzung eine Bürgerfragestunde einzuführen: "Das ist heute nicht mehr zeitgemäß, wir sollten doch den direkten Dialog mit den Bürgern führen", argumentierte Gölz, der schon seit Längerem für diese Änderung kämpft.

Auch hier zeigte sich Jöchle kritisch. "Gerade mit Blick auf Antrag eins wäre das kontraproduktiv, weil es die Sitzungslänge beeinflussen kann. Außerdem hat doch jeder Bürger die Möglichkeit über persönliche Gespräche auf der Straße seine Themen zu platzieren. Auch die Verwaltung steht ja den Bürger Tag für Tag offen."

Am Ende hatte dieser Antrag ganz wenige Befürworter. Dass später ein Bürger einfach so bei der Diskussion über sein Bauvorhaben das Wort ergriff, und zwar in lauter Form, passte irgendwie zu dieser Diskussion. So manche Bürger nimmt sich einfach sein Rederecht – auch ohne Bürgerfragestunde (siehe weiterer Text).