Mittig, bürgerlich, seriös – so will AfD-Chef bernd Lucke seine Partei. Foto: dpa

Staatstragend. Seriös. Bürgerlich. So will AfD-Chef Bernd Lucke seine Partei positionieren. Er bringt Koalitionen mit der Union auf Länderebene ins Gespräch – und stößt auf keine Gegenliebe.

Staatstragend. Seriös. Bürgerlich. So will AfD-Chef Bernd Lucke seine Partei positionieren. Er bringt Koalitionen mit der Union auf Länderebene ins Gespräch – und stößt auf keine Gegenliebe.

Berlin - Man muss das Eisen schmieden, so lange es heiß ist. Das weiß auch Bernd Lucke, der Chef der Alternative für Deutschland“, die gestern bei den Europawahlen mit 7 Prozent weit mehr als einen Achtungserfolg erzielt hat.

Am Montag morgen bittet er mit seinen frisch gebackenen Europa-Abgeordneten zur Pressekonferenz. Jetzt habe die AfD die anstehenden Landtagswahlen im Osten der republik fest im Blick. Da wolle man „mit zweistelligen Ergebnissen in die Landtage einziehen“. Utopisch klingt das nicht mehr, nachdem der Europawahlabend der AfD zum Beispiel in Sachsen ein Ergebnis von 10,1 Prozent bescherte.

Staatstragend. Seriös. Bürgerlich. So will Lucke die AfD positionieren. Jetzt. Jedenfalls jetzt – nach der Europawahl. Die Triumphe der rechtspopulistischen „Front National“ in Frankreich nannte er „Besorgnis erregend“, die AfD sei dagegen „eine kleine Volkspartei“, die auf Länderebene „keine Fundamentalopposition“ betreiben werde. Was im Klartext das Signal an die Union bedeutet, dass die AfD als Koalitionspartner bereit stünde. Man habe „Gestaltungswillen“ umschrieb Lucke der versteckte Angebot. Und es sei doch „nicht ganz unpraktisch für Union“, wenn sie nun mehr Optionen habe.

Die Christdemokraten empfinden diese Angebote allerdings als Belästigung, eine Art politisches Stalking. Im Parteivorstand ging CDU-Chefin Angela Merkel ausdrücklich auf das Thema ein: Eine Zusammenarbeit mit der AfD sei ausgeschlossen, sagte sie. Daran habe auch der Einzug ins EU-Parlament nichts geändert. Beifall brandete da auf – wohl auch eine Reaktion auf jüngst kurz aufflackernde Diskussion in der Südwest-CDU.

Die Frage ist aber dennoch, wie man mit dem Phänomen AfD umgehen will. Programmatisch annähern, ignorieren oder aktiv bekämpfen – das sind die Alternativen. Die CSU ist mit der ersten Variante gerade krachend gescheitert und erntete gestern von der CDU kaum verholene Kritik. Man gewinne Europa-Wahlen nur, „wenn man für Europa wirbt“, giftete Parteivize Armin Laschet in Richtung München.

Der Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder, plädierte für den zweiten Weg: die AfD ignorieren. „Protestparteien“ könnten immer wieder mal Potenziale wecken, sagte er. „Am besten ist es, wenn man sich mit diesen Gruppen gar nicht beschäftigt.“ Geht das? Der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte warnte im Gespräch mit unserer Zeitung davor. Er empfiehlt der Union einen „offensiven Umgang“ mit der AfD. „Totschweigen geht nicht, man muss sie inhaltlich stellen und die besseren Argumente aufbieten“. Dieser dritte Weg wurde gestern auch vom hessischen Ministerpräsidenten Volker Boufier vertreten.

Korte glaubt übrigens nicht, dass der dauerhafte Erfolg der AfD schon ausgemachte Sache sei. Gemessen an den Erfolgen anderer eurokritischer Parteien sei das Wahlergebnis der Alternative doch „ein ziemlich schwaches Resultat“, meint der Wissenschaftler. Wenn die AfD eine „klassische Defizit-Partei“ bleibe, sei das Projekt nicht zukunftsfähig. Die Partei müsse „extrem mittig und bürgerlich auftreten“, sagt Korte, und „jeden Tabubruch meiden“. Schließe fische die neue Formation „im Lager der heimatlosen Mitte-rechts-Wähler“, die keine überzogenen Auftritte und Positionen wünschten. Das jedenfalls scheint Parteichef Lucke verinnerlicht zu haben.

Aber das sind Zukunftsprobleme im Vergleich zur drängenden Frage, was denn das Wahlergebnis für das Amt des Kommissionspräsidenten bedeutet. Darüber haben gestern auch Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) ein erstes Gespräch geführt. Interessant ist ein Satz von Sigmar Gabriel. Die EVP, also das Bündnis, dem auch die Union angehört, müsse nun „Angebote machen“, damit im EU-Parlament Jean-Claude Juncker die Zustimmung erhalte Kommissionspräsident zu werden. Ein großes Personalpaket also muss geschnürt werden. Das kann dauern.