Jean-Claude Juncker Foto: dpa

"Die EU muss besser lernen, sich nicht um Dinge zu kümmern, die sie nichts angehen", sagt Jean-Claude Juncker. Der designierte EU-Kommissionschef stellt sich derzeit den Fraktionen vor. Am Stabilitätspakt will der Konservative nicht rütteln.

"Die EU muss besser lernen, sich nicht um Dinge zu kümmern, die sie nichts angehen", sagt Jean-Claude Juncker. Der designierte EU-Kommissionschef stellt sich derzeit den Fraktionen vor. Am Stabilitätspakt will der Konservative nicht rütteln.

Brüssel - Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat Reformen in der Europäischen Union versprochen. „Warum sollte ich für das Amt des Kommissionspräsidenten kandidieren, wenn ich mit allem zufrieden wäre, was es in der EU gibt?“ sagte er am Mittwoch bei einer Anhörung vor der Grünen-Fraktion im Europaparlament in Brüssel. „Es gibt viele Dinge, die verändert werden müssen.“

Die Unterstützung der EU durch die Bürger werde unter anderem dadurch verhindert, dass die Union in zu viele Lebensbereiche eingreife. „Die EU muss besser lernen, sich nicht um Dinge zu kümmern, die sie nichts angehen“, sagte Juncker. Er werde für Haushaltsdisziplin eintreten, „aber nicht für exzessive Austerität“.

Kein Rütteln am Stabilitätspakt

Bei einer Anhörung vor der liberalen Fraktion des Europaparlaments verteidigte Juncker am Dienstag seine Absicht, in der neuen EU-Kommission die Sozialdemokraten für die Stabilitätspolitik in Europa mitverantwortlich zu machen. „Ich bin es leid, dass Konservative, Christdemokraten und Liberale die einzigen sind, die Stabilitätspolitik in Europa zu verteidigen haben“, sagte Juncker. „Ich hätte gerne, dass andere an dem Genuss teilnehmen. Vergnügungssteuerpflichtig ist das nicht.“ Ein sozialdemokratischer Währungskommissare werde „auf der Grundlage des Programms arbeiten, das die neue Kommission entwerfen wird“. Juncker fügte hinzu: „Und das Programm der neuen Kommission wird sich nicht von dem entfernen können, was der Europäische Rat (der Staats- und Regierungschefs) festgelegt hat.“

Dies bedeute, „dass es keine Änderung und keine Novellierung des Stabilitätspaktes gibt“. Jeder wisse aber, dass es im 2005 reformierten Pakt „Margen gibt, die man nutzen kann, um wachstumsorientierte Politik ins Auge zu fassen“. Er habe im Wahlkampf niemanden getroffen, der nicht eine wachstumsorientierte Politik betreiben wolle, um „aus der Wachstumsdelle herauskommen“ zu können.

Der frühere luxemburgische Premierminister hatte am Vormittag bereits in der sozialdemokratischen Fraktion um Unterstützung für seine Kandidatur als Kommissionspräsident geworben. Nach Angaben aus der sozialistischen Fraktion versprach Juncker, künftig werde innerhalb der Kommission ein Sozialdemokrat dafür zuständig sein, die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts zu kontrollieren. Vor den Liberalen sagte er: „Und so wird das auch sein.“

Nach Angaben der sozialdemokratischen Fraktion sagte der Präsident der Sozialistischen Partei Europas, Sergei Stanischew, die Unterstützung für Juncker hänge von dessen Eintreten für „progressive Politiken“ ab. Die Sozialdemokraten fordern seit längerem größtmögliche „Flexibilität“ bei der Umsetzung des Stabilitätspaktes, um Wachstumsanreize zu ermöglichen. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten Ende Juni von einer „optimalen Nutzung“ der in den Regeln des Stabilitätspaktes enthaltenen Flexibilität gesprochen.

Bisher war in der von José Manuel Barroso geleiteten EU-Kommission der finnische Liberale Olli Rehn für die Finanz- und Währungspolitik zuständig. Juncker sagte, er habe während des gesamten Wahlkampfes „als Einziger“ verteidigt. Vor der sozialistischen Fraktion habe er gesagt: „Wenn das so einfach ist, dann kann das ja auch ein Sozialdemokrat demnächst machen.“ Juncker sagte, er sei „kein Anhänger von Konjunkturprogrammen“: „Jetzt ist nicht die Zeit für Programmrausch, jetzt ist Zeit, um Strukturreformen zu machen. Das gehört für mich mit zur Anwendung einer flexibleren Auslegung des Stabilitätspaktes.“