Zwei Kinder in Adiyaman freuen sich über Spenden. Foto: privat/Müserref Beder

Müserref Beder aus Ergenzingen ist in die Türkei ins Erdbeben-Gebiet gefahren, um Spenden zu den Betroffenen zu bringen – unserer Redaktion erzählt sie von zerstörten Häusern, hoffnungsvollen Kinderaugen und solidarischen Fluggesellschaften.

150 Kilo Gepäck hatte die Wahl-Ergenzingerin Müserref Beder, als sie über Ostern mit drei weiteren Frauen in die Türkei flog. Das Ziel: Gaziantep in Südostanatolien, eine Stadt am Rand des Gebiets, das im Februar von einem Erdbeben verwüstet wurde. In ihren Koffern: Schokolade, Hygieneartikel, Kinderkleidung und vieles mehr an Spenden. Ein Glück: Die Fluggesellschaft war entgegenkommend und verlangte keine Gebühr für Übergepäck.

Von Gaziantep ging es dann in vier Tagestrips in die Städte: Gaziantep, Kahramanmaraş, Hatay und Adiyaman. „Der dritte und der vierte Tag waren ganz schlimm“, erzählt Beder. Das waren die Tage in Hatay und Adiyaman. „Die Städte gibt es nicht mehr“, sagt die 36-Jährige. Die Menschen im Erdbebengebiet harren in Zeltlagern und Containern aus. Wasser ist knapp, für die Duschen werden Pläne aufgestellt, Toiletten gibt es nicht, viele Menschen haben Gliedmaßen verloren, es manget an Prothesen. Ein Platz in einem Container sei „Luxus“.

Eine Frau habe im Zelt entbunden, berichtet Beder. Und doch sagte diese ihr: „Gott sei Dank lebe ich und mein Kind“. Und zwischen all der Not gibt es immer wieder kleine Lichtschimmer: Die Zelte werden mit Sandsäcken am Wegwehen gehindert. Eine Frau hat einen Sandsack als Salatbeet umfunktioniert.

Einkaufen vor Ort, um die Läden zu unterstützen

„Die Frauen haben uns vor Ort gesagt, was sie brauchen“, berichtet Beder. Nicht nur die Spenden aus Deutschland haben sie und ihre Begleiterinnen verteilt: auch in der Türkei haben sie eingekauft, um dort die Wirtschaft zu unterstützen. Außerdem ist das Preisniveau in der Türkei niedriger. Für 10 000 Euro, die Beder an Spenden dabei hatte, bekomme man dort etwa ein halbes Haus. Besonders freut sie auch der Einsatz der Menschen in Deutschland: Ergenzingen sei sehr aktiv. Und auch in Ergenzingen hat sich ein Verband für die Opfer eingesetzt: Der Arbeitskreis Internationaler Frauen Ergenzingen, bei dem sich Beder engagiert, hat beim Fastenbrechen Ende März Spenden gesammelt: So kamen etwa 750 Euro zusammen – in der Türkei fast zwei Monatsgehälter.

Die Menschen bräuchten aber auch emotionale Zuwendung. „Das ist sehr wichtig für die Kinder“, berichtet Beder. Über diese weiß sie viel zu berichten: Auch über die Solidarität der Kleinsten untereinander. Wenn sie mit Schokolade und Süßigkeiten kamen, freuten sich die Kinder – aber rafften die Gaben auch nicht an sich. Viel mehr achteten sie darauf, dass alle etwas abbekamen, freut sich Beder. Auch die Erwachsenen hätten nur das genommen, was sie brauchen. Aber auch Obst sei sehr willkommen gewesen: Ein Junge habe vor Freude geweint. „Ich vermisse das“, habe er Beder gesagt. Früher hätten ihn seine Eltern zwingen müssen, Obst und Gemüse zu essen.

Syrien ist betroffen – hier ist helfen aber schwieriger

Helfen würde Beder auch gerne im ebenfalls betroffenen Syrien. Aber dort komme man nicht hin durch die schwierige Situation infolge des Kriegs.

„Wir wollen Freude machen“, erklärt sie. Da gehe es nicht nur um das Notwendigste, sondern um „ein bisschen extra“. Freuen würden sich die Kinder auch über Post: Kinder aus Deutschland könnten etwa ein paar Zeilen schreiben oder ein Bild malen. Beders nächste Reise ist schon geplant: Am muslimischen Opferfest möchte sie wieder Spenden verteilen.

Briefe an die Kinder im Krisengebiet können geschickt werden an Muserrefbeder@gmail.com.