Caren Totzauer sitzt im Rollstuhl, lässt sich davon aber nicht ausbremsen. Am Donnerstag, 21. März, ist sie ab 18.30 Uhr in der Empfinger Schule zu Gast. Foto: Moser Foto: Schwarzwälder Bote

Lesung: Caren Totzauer referiert in Empfingen darüber, wie man schwierige Situationen nutzen kann

"Geht nicht – gibt’s nicht." Nach diesem Credo lebt Caren Totzauer. Sie hat gelernt, Herausforderungen als Chancen zu nutzen und verrät am Donnerstag, 21. März, ab 18.30 Uhr in der Empfinger Schule, wie das auch anderen gelingen kann.

Empfingen/Sulz. Mit Perspektivwechseln kennt Caren Totzauer sich aus: Nach mehreren Bandscheibenvorfällen und verpatzen Operationen war sie ab 2000 inkomplett querschnittsgelähmt. Im Jahr 2007 kam es dann zu einem Treppensturz. Seit diesem Zeitpunkt ist Totzauer vom Bauchnabel abwärts komplett querschnittsgelähmt. Heute sagt sie: "Dass ich im Rollstuhl gelandet bis, war das beste, was mir passiert ist." Aber natürlich habe auch sie nicht immer so gedacht. Mit der neuen Situation klarzukommen, sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, "und das ging auch nicht von jetzt auf gleich – aber es ging".

Eine chronische Erkrankung – in ihrem Fall eine Querschnittslähmung – habe immer auch etwas mit Verabschiedung und Trauer zu tun, weiß Totzauer. Trauer habe nicht nur etwas mit dem Tod zu tun, sondern sei viel allgemeiner gefasst "der Abschied von etwas Lieb gewonnenem", gleichzeitig aber auch eine neue Chance: "Man schließt mit einer Sache ab, und beginnt etwas Neues." Totzauer hat es geschafft, aus einem Schicksalsschlag einen Glücksgriff zu machen und will die Erfahrungen, die sie dabei über Jahre hinweg gesammelt hat, weitergeben. Seit 2016 ist sie daher als Heilpraktikerin für Psychotherapie und als Hypnose- und Gesprächstherapeutin sowie seit etwa einem Jahr als Speakerin tätig. Zudem hat sie das Buch "Dem Schicksal ein Schnippchen schlagen" geschrieben, in dem es um theoretische und praktische Ansätze der Krankheitsbewältigung geht und das sie kommende Woche in Empfingen vorstellt.

Mit dem Buch will sie von chronischen Krankheiten Betroffenen und deren Angehörigen Mut machen und ihnen einen praktischen Ratgeber zur Seite stellen, den sie selbst bereits schmerzlich vermisst habe. "Ich habe festgestellt, dass es so etwas noch gar nicht gibt – vor allem nicht für Angehörige. Und gerade für die Angehörigen ist die Situation oft besonders schwer: Sie müssen mit der Krankheit klarkommen und zusätzlich noch vieles organisieren, können aber aktiv nichts tun."

Soziales Umfeld hilft

Trotzdem sei die Unterstützung der Angehörigen für den Erkrankten natürlich unerlässlich. Ihr persönlich habe ihr soziales Umfeld neben dem Sport – Totzauer war unter anderem als professionelle Rollstuhlcurlerin erfolgreich – sehr geholfen, mit der Situation umzugehen. Trotzdem kann Totzauer verstehen, dass es den Angehörigen auch zu viel werden kann. Deshalb appelliert sie gerade an diese, auch nach sich selbst zu sehen und sich bei Bedarf externe Hilfe zu holen. "Das ist oft nur Kleinigkeiten, aber man muss halt um Hilfe bitten und diese dann auch annehmen."

Am wichtigsten sei aber eines: reden – mit dem Betroffenen, mit Angehörigen, mit Therapeuten und mit Ärzten. Ganz wichtig sei es, den Betroffenen zu fragen, ob er etwas brauche: "Wenn man einfach nur macht, bringt das meistens nichts – oft macht man dann nämlich einfach das Falsche." Ein gutes Beispiel dafür sei es, wenn Menschen versuchen würden, ihren Rollstuhl zu schieben. Das, erzählt Totzauer, könne sie gar nicht leiden, weil sie sich dann gewissermaßen entmündigt fühle. "Ich will selbst bestimmen, wohin es geht – und wenn ich den Berg nicht hochkomme, dann sage ich Bescheid oder bitte um Hilfe."

Ernst gemeintes Mitgefühl

Gelegentlich komme es auch vor, dass Menschen annehmen, dass es ihr schlecht geht, nur weil sie im Rollstuhl sitzt. Dabei sei das gar nicht der Fall: Wie alle anderen Menschen auch – ob gesund oder krank – habe sie bessere und schlechtere Tage. Totzauer sagt ganz klar: "Mitleid brauche ich nicht. Das ist allgemein der schlechteste Ratgeber für beide Seiten: Derjenige, der Mitleid hat, fühlt sich dann auch schlecht, und derjenige, gegenüber dem man Mitleid hat, wird dadurch klein gemacht." Ernst gemeintes Mitgefühl sei hingegen eine gute Sache und helfe auch, den Austausch zwischen kranken und gesunden Menschen zu verstärken.

Wenn die Gesellschaft sich in gesunde Menschen, die sich mit anderen gesunden Menschen abgeben, und kranke Menschen, die sich mit anderen kranken Menschen abgeben, teile, betrachtet Totzauer das als negativ. Natürlich helfe es ihr, sich mit Menschen, denen es ähnlich geht, auszutauschen – und gerade am Anfang sei das eine große Motivation gewesen: "Ich habe gesehen, dass es anderen ähnlich geht wie mir und dass die auch etwas aus ihrem Leben gemacht haben. Und dann habe ich mir gesagt: ›Das kann ich auch!‹" Aber grundsätzlich wolle sie eigentlich nicht als anders betrachtet werden. Schließlich sei sie ein ganz normaler Mensch – "ich kann nur nicht laufen".