Rund 100 geladene Gäste aus Wirtschaft, Politik und Stadtgesellschaft werden von Hans-Jochem Steim empfangen. Foto: 48GradNord PhotoGraphics/Rainer Langenbacher 48GradNordPh

Am „Tag des offenen Denkmals“ feiert die Familie Steim mit rund 100 geladenen Gästen die Wiedereröffnung von Gut Berneck. Es gibt viel Applaus und Dankbarkeit für die gelungene Renovierung.

„Das große und bedeutende architektur- und kulturhistorische Denkmal hat mit dem heutigen Tag eine seit Langem vermisste neue Zukunft erhalten.“ Als Thomas Poller, Junghans-Nachkomme in der sechsten Generation, diesen Satz am Rednerpult in der Eingangshalle spricht, beginnen von links und rechts, von oben und unten leise Glocken zu läuten und Uhren zu schlagen. Es ist punkt 12 Uhr. Einerseits ein kleines – nicht inszeniertes – Detail bei der Feier auf Gut Berneck. Andererseits ein Zeichen dafür, dass die Zeit in der ehemaligen Fabrikantenvilla nicht still steht. Im Gegenteil: Ihre Zeit ist jetzt.

Historische Septembertage

Am bundesweiten „Tag des offenen Denkmals“ wurde das herrschaftliche Anwesen nach mehrjähriger Renovierung wieder eröffnet und zeigt sich fortan im Zustand vor 1946. Der 10. September 2023 werde in die Geschichte der „historischen Septembertage“ eingehen, die es in der Geschichte der Familie Junghans mehrfach gegeben habe, so Poller. Unter anderem ist Arthur Junghans am 8. September 1911 in das Gut Berneck eingezogen. Fehlendes Wissen über ihre Geschichte habe das Gut Berneck an den Rand der Wahrnehmung gerückt, so Poller. Durch die Restaurierung stehe sie nun im Mittelpunkt und darf sich bundesweit im Schein der Aufmerksamkeit sonnen. Begleitend ist das Buch „Gut Berneck. Das Wohnhaus des Arthur Junghans in Schramberg“ erschienen, das am Sonntag ebenfalls präsentiert worden ist. Erst mit dessen Inhalt lasse sich das Gut Berneck umfassend verstehen, so der Herausgeber.

30 Handwerksbetriebe

Den bauzeitlichen Charme zu bewahren und gleichzeitig die gesetzlichen sowie technischen Anforderungen umzusetzen, sei durchaus eine Herausforderung gewesen, erläuterte Jürgen Bihlmaier. Seine Zahlen lassen den Aufwand erahnen: 30 Handwerksbetriebe arbeiteten mit, 3000 Quadratmeter Böden und 6000 Quadratmeter Wandflächen wurden bearbeitet. „Wir alle haben viel Zeit und Herzblut in dieses Gebäude gesteckt“, formuliert es der Schramberger Architekt.

Handwerker, Autoren, Dienstleister, Behörden, Stadtverwaltung, Ministerium und Denkmalstiftung – sie alle wurden von der Leidenschaft eines Mannes angesteckt, der seine schützende Hand über das Gebäude hält, es 2016 erwarb und seither umsorgt: Dr. Hans-Jochem Steim. Seine Motivation? Ministerin Nicole Razavi beschreibt diese in ihrem Grußwort so: „Es ist die große Heimatliebe und dein großes Herz für die eigene Heimat“. Das Denkmal habe einen guten Freund gesucht – und mit Steim gefunden, so die CDU-Politikerin. Vom Rednerpult aus gratuliert sie herzlich Hannes Steim, der seit einigen Tagen als geschäftsführender Gesellschafter die Firma Junghans allein leitet.

Der Sohn von Hans-Jochem Steim ist gemeinsam mit den Töchtern Cathrin und Annette, die sich ebenfalls unter den rund 100 Gästen befinden, auch Mitgesellschafter der Immobilienverwaltung Geißhalde. Ihnen dankt Hans-Jochem Steim (und dafür gibt’s vom Publikum einen extra Applaus) in seiner Rede ganz besonders, denn „die Zustimmung zu Gut Berneck“ sei nicht selbstverständlich gewesen, so der Schramberger Visionär.

Keine weiteren Bausünden

Er ließ in seiner Ansprache durchblicken, dass das Projekt nicht einfach war: „Wenn ein Antrag erst einmal genehmigt ist, dann fließt das Geld. Aber bis dieser ordnungsgemäß ausgefüllt ist, dauert es...“. Aber auch dies ist dem Bauherrn offensichtlich gelungen, denn Land und Bund unterstützen die Renovierung mit rund 3,6 Millionen Euro.

Hannes Steim appelliert in seiner Ansprache eindringlich an die Stadtverwaltung und den Gemeinderat, keine „weiteren Bausünden“ zu tätigen. Konkret geht es ihm um das Gelände rund ums ehemalige Krankenhaus, das früher zum Park der Familie Junghans gehörte und das mit Einfamilienhäusern bebaut werden soll. „Ein Teil des Parks sollte erhalten bleiben.“ Für seine Worte erhält er viel Zuspruch seitens der Gäste. Als er in die Menge blickt, applaudieren unter anderem auch Nicole Razavi und Maria-Lena Weiss (MdB, CDU). Er quittiert dies munter mit: „Ich habe genau gesehen, wer hier geklatscht hat.“ Letztere reist übrigens mit Nachwuchs an: Vor drei Wochen wurde sie zum dritten Mal Mama.

Zeitzeugin anwesend

Neben den politischen und wirtschaftlichen Vertretern sitzt auch die 87-jährige Ingeborg Jäger, geborene Malzacher, in der Eingangshalle. Sie ist die Einzige im Raum, die einst sogar im Gut Berneck wohnte. Mit sechs Jahren kam sie von Freiburg nach Schramberg und wurde hier von Helene Junghans aufgenommen. Was der Zeitzeugin bei der Führung durchs Anwesen wohl durch den Kopf gehen wird? Dies wäre sicherlich eine extra Geschichte wert. Auf jeden Fall lauscht sie den Ausführungen des neuen Hausherrn aufmerksam, gibt es doch auch für sie allerhand Neues zu entdecken: Das Gut Berneck bietet heute nicht nur neun stilvoll hergerichtete Suiten, sondern ist auch Heimat von Dutzenden von selbstspielenden Musikinstrumenten, die größtenteils aus der Sammlung des verstorbenen Wendelin Warner aus Leinfelden-Echterdingen stammen. Die Uhren in den Vitrinen stammen aus der Sammlung des 2021 verstorbenen Bauingenieurs und Uhrenrestaurators Horst Peter aus Achern. Hans-Jochem Steim: „Sein Leitspruch war: Nach der Restaurierung und dem Probelauf sollte man die Uhren in Ruhe lassen, wie alte Menschen auch.“

Die interessanteste Frage für Interessierte: Wann sind die Räume öffentlich zugänglich? „Es sind keine regelmäßigen Öffnungszeiten vorgesehen. Es wird jedoch Tage geben, an denen Gut Berneck für Besucher geöffnet ist, und man kann an einer Führung teilnehmen“, versichert Hans-Jochem Steim.

Weitere Informationen, Hintergründe und viele Fotos finden Sie in unserer Sonderbeilage „Gut Berneck“, die am Samstag, 16. September, erscheint.