Die Ehrenamtsplattform "ehrenamt-vs.de" ist freigeschaltet. Von links: Oberbürgermeister Jürgen Roth, CDU-Bundestagsabgeordneter und Prokids-Schirmherr Thorsten Frei, Christoph Sieber, Joachim Spitz und Nicola Hack Foto: Heinig

Wegen Corona dreimal verschoben, doch nun endlich über die Bühne gegangen ist am Freitagabend in der Neuen Tonhalle die Benefizveranstaltung der Prokids-Stiftung von Joachim Spitz. Im Mittelpunkt stand zwar der Kabarettist Christoph Sieber, doch die Ehrenamtsplattform machte ihm Konkurrenz.

Villingen-Schwenningen - Die nach einer Idee und im Auftrag von Joachim Spitz von Nicola Hack kreierte App "ehrenamt-vs.de", über die ehrenamtliche Hilfe und deren Empfänger jetzt mühelos zusammenfinden, wurde in der Pause offiziell freigeschaltet.

Das und die Uraufführung des Benefiz-Songs "Wenn Kinder glücklich sind, dann strahlt das Himmelszelt" unterstrichen die Worte von Schirmherr Thorsten Frei, der darum warb, "unsere Probleme von den Kindern her zu denken" und die Aufgaben nicht allein dem Staat zu überlassen.

Sieber kennt kein Erbarmen

Mit Christoph Sieber rockte dann ein Mann die Bühne, der in Niedereschach aufgewachsen und inzwischen in allen großen Fernsehsendern präsent ist. Der 52-Jährige schonte sein Publikum nicht. Einem Trommelfeuer gleich prasselten die politischen und gesellschaftlichen Gags auf die laut lachenden Zuhörer nieder, abrupt gefolgt von harscher Sozialkritik, die betroffen und still machte.

Sieber beherrscht die Kunst, slapstickartig vom St. Martinsumzug seiner Kindheit und der im Kindergarten nachgestellten Weihnachtsgeschichte zu erzählen, was einem ob der Anschaulichkeit und in eigener Erinnerung vor Lachen die Luft abstellt, kurz darauf die Politik in die Mangel zu nehmen – "SPD und Grüne müssen einmal pro Woche die FDP wenden, damit sie sich nicht wund liegt" – oder sich über Coronaleugner lustig zu machen – "Impfen macht impotent und das ist sogar vererblich" –, um im Handumdrehen einen Kloß im Hals zu produzieren: "Was sind das für Werte, nach denen die kriminell sind, die Menschen aus dem Mittelmeer retten?"

Auch wenn’s weh tut

Sieber, dem Kritiker vorwerfen, ein Misanthrop und Schwarzmaler zu sein, lenkt den Blick unbeirrt auf genau die Stellen der Gesellschaft, die wehtun. Ob die Hetze im Netz, die schon Völkermorde auslöste, die Rundumüberwachung der chinesischen Bevölkerung, ob Verschwörungstheorien oder eine Welt, in der "Nichtstun als abartig gilt und Burnout als Auszeichnung wahrgenommen wird" und in der sich die Reichen ihren Wohlstand nur leisten können, weil es die Armen gibt – Christoph Sieber kennt sie, die Achillesfersen unserer Gesellschaft und er scheut sich auch nicht vor heißen Eisen: "Ohne Religionen wäre die Welt eine bessere".

Christoph Sieber hat eine große Bitte

Mit Gitarre und Jonglierbällen zeigt er, was noch in ihm steckt, sogar den Moonwalk beherrscht er und holt sein Publikum immer wieder aus dem Loch heraus, das er ihm gerade geschaufelt hat. Die Schilderung eines smart homes, in dem der Kühlschrank seit vier Jahren Harzer Roller bestellt, obwohl den kein Familienmitglied mag, oder der Blick auf sein Alter, mit dem sich das Trinkverhalten ändert ("Ich trinke jetzt Bacardi Cola. Ich mag’s nicht, aber ich vertrag’s) eignen sich dazu bestens.

Am Schluss bittet Sieber darum, auch jungen Bühnenkünstlern mit einem Besuch ihrer Auftritte eine Chance zu geben und, im Hinblick auf die "kommenden schwierigen Zeiten" nur um eines: "Mensch zu bleiben".

Am Rande: Leere Stühle im ausverkauften Haus?

"Die Neue Tonhalle ist ausverkauft" hieß es am Freitagabend im Vorfeld des Kabarettauftrittes von Christoph Sieber. Eine Nachricht, die angesichts der Popularität und Präsenz des gebürtigen Niedereschachers in allen namhaften Fernsehsendern, nicht überraschte. Überraschend waren vorort dann aber die vor allem im bühnennahen Bereich vielen leeren Sitzplätze. Eingeladene Promis, die einfach nicht gekommen waren? Nein! Auch Joachim Spitz, der Gastgeber des Abends, wunderte sich, fand aber eine Erklärung. Da der Benefizabend schon vor zwei Jahren angekündigt und dann wegen der Coronapandemie dreimal verschoben wurde, haben die Zuschauer, die damals schon ihre Eintrittskarte erstanden, den Termin jetzt entweder vergessen, nichts davon mitbekommen oder nicht wahrnehmen können. Wegen der Verlegung zurückgegeben seien maximal nur 20 Karten, so Spitz.