Emanzipation total: In seinen Gründerjahren waren allein Männer aktiven Mitglieder im Donaueschinger Reitverein beim Festausritt in den 1970er-Jahren in der Uniform der FF-Füsiliere (von links): Karl Pohl, Charly Willmann und Christoph Käfer. Archivfoto: Reitverein Foto: Schwarzwälder Bote

Sommer 1968: Die Stadt, die heute Schauplatz eines weltweit bekannten Reitturniers

Sommer 1968: Die Stadt, die heute Schauplatz eines weltweit bekannten Reitturniers ist, erlebt die Geburt des ersten – und bis heute einzigen – Vereins, der sich ebenfalls dem Pferdesport widmet.

Das Turnier findet am Samstag, 16. Juni, bis Sonntag, 17. Juni, jeweils von 8 bis etwa 19 Uhr statt. 40 Starter gehen am Sonntag ab 16 Uhr in die Hauptprüfung Klasse M im Springen und 30 starten um 15.30 Uhr in der M-Dressur. Am Sonntag findet auch die Qualifikation des Reiterrings Schwarzwald-Baar für das Turnier im Schlosspark statt. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

Donaueschingen (wolo). Eine reine Männerrunde ist es, die sich zur Gründung des "Reit- und Fahrvereins im Sickenbühl" trifft. Der heute noch lebende Pionier aus dem damaligen Dutzend, der 84 Jahre alte Bäckermeister Friedebert Gleichauf, saß damals in einer Runde mit Emil Hornung, Fritz Ebding, Ernst Vogt und einigen Militär-Reitern zusammen. Ihr Plan: Neben den "fürstlichen Turnier-Ambitionen", gepaart mit dem Schwenninger Reitverein, sollte auch eine bürgerliche Pferdesport-Familie entstehen. Zuerst auf privatem Hofgelände an der Friedhofstraße, dann später in der Wiesensenke an der Straße zwischen Donaueschingen und Grüningen. Bis dahin hatten die Bürger dieses Gelände als Hunde- und Tierfriedhof genutzt. Sommer 2018: Fünfzig Jahre später ist das Zuhause des Reit- und Fahrvereins Donaueschingen längst eine angestammte Adresse des Pferdesports. Die lange Existenz zeigt derweil auch Altersflecken – unübersehbar mancher Sanierungsbedarf. Noch viel prägender ist ein anderes Charakteristikum des Zeitenwandels: Nach den Großvätern im Verein mit Vornamen wie Fritz, Ernst, Friedebert und den Vätern vergangener Jahrzehnte wie Willy Braatz, Rupert Zwirner, Heiner Jordan, Horst Plätzer, Stefan Elmer, Gerd Reuter, Erich Behringer, Adolf Schock, Josef Honer-Schütz, Dirk Büsing oder prominenten Aktiven wie Fürst Joachim oder Fürst Heinrich zu Fürstenberg dominierten heute die Sabrinas, Ellens, Tamaras, Malenies oder Gabrieles die Namensliste aktiver Reiter. Aus der vorwiegend männlichen Domäne eines gesellschaftlich etablierten Vereins ist ein "Frauenchor" geworden – ein Paradoxon des sonstigen Bemühens um weibliche Emanzipation. Männer sind eine rare Spezies in der Donaueschinger Reitsport-Familie.Bei der jüngsten Neuwahl der Vereinsführung zogen in das gute Dutzend Akteure gerade einmal zwei männliche Mitglieder in das Gremium ein.

Diese feminine Dominanz des einst gesellschaftlich hoch taxierten Donaueschinger Vereins durchzieht längst alle Schichtungen: Allein unter den 220 Mitgliedern insgesamt sind noch etliche Männer vertreten, weil sich ihre passive Zugehörigkeit automatisch in die aktuelle Mitgliederliste fortkopiert. Derweil sind unter den zwei Dutzend Einstellern, die ihre Pferde in den Boxen stehen haben, gerade zwei Männer. Und in der erfreulich großen Schar der Reitschüler doziert der seit 2015 engagierte Reitlehrer und Pächter Claus Steidinger vor nur vier jungen Burschen oder erwachsenen Männern Haltungskorrekturen, während mehr als sechzig Mädels und Frauen im Schülersattel sitzen.

Deshalb bemüht sich Donaueschingens einziger Reitverein mit umfassendem Ausbildungs-Programm und damit wertvoller Jugendarbeit in der gegenwärtigen Phase der Erneuerung darum, wieder männlicher zu werden. Und nutzt das in der Schwarzwald-Baar-Region konkurrenzlos große Sommerturnier kommendes Wochenende als Möglichkeit, Anfangs-Interessierten Aufstiegshilfe zu bieten. Denn zum 50. Jubiläum präsentiert sich der Reit- und Fahrverein als attraktives Ziel nicht nur den vielen Teilnehmern, die am Samstag und Sonntag mit 650 Starts bei 21 Prüfungen im Springen und der Dressur mehr als zwei hundert Pferde satteln, sondern will auch Volksfest für alle Bewohner der Donaustadt sein.