350 Menschen protestieren im Juli 2022 in München gegen Sexismus, Victim Blaming und sexualisierte Gewalt Foto: IMAGO/aal.photo/IMAGO/Alexander Pohl

Mit einer Richtlinie soll der Straftatbestand der Vergewaltigung künftig europaweit einheitlich geregelt werden. Deutschland wendet sich bisher dagegen. Das kritisieren mehrere EU-Abgeordnete.

Die Europäische Union will die Rechte von Vergewaltigungsopfern stärken. Mehrere Abgeordnete des EU-Parlamentes appellierten am Mittwoch an Deutschland, das geplante Gesetz gegen Vergewaltigung nicht länger zu blockieren. „Wir rufen den Rat auf, insbesondere Frankreich und Deutschland, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen“, sagte die schwedische Sozialdemokratin Evin Incir.

Die EU-Kommission hatte im März 2022 EU-weite Vorschriften zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt vorgeschlagen. Mit der Richtlinie soll auch der Straftatbestand der Vergewaltigung europaweit einheitlich geregelt werden.

Deutschland hat Zweifel bei der Rechtsetzung

Nach dem Grundsatz „Nein heißt Nein“ soll für die Strafbarkeit entscheidend sein, dass die sexuelle Handlung vom Opfer nicht gewollt war und dies für den Täter auch erkennbar war - beispielsweise, weil das Opfer geweint hat. Deutschland hat diese Regelung bereits 2016 im Sexualstrafrecht verankert. In 14 anderen EU-Staaten, darunter in Frankreich, müssen Opfer einer Vergewaltigung dagegen nachweisen, dass sie mit Gewalt bedroht wurden oder Gewalt gegen sie angewendet wurde.

Die Bundesregierung wendet sich gegen die EU-Richtlinie. Der zuständige Justizminister Marco Buschmann (FDP) begründet seine Ablehnung bisher mit Zweifeln daran, ob die EU die erforderlichen Kompetenzen für eine solche Rechtsetzung habe. Incir kritisierte hingegen, Vergewaltigung nicht in eine Richtlinie aufzunehmen, die Frauen vor Gewalt schützen solle, sei „eine politische Entscheidung und nichts anderes“. Deutschland verstecke sich hinter juristischen Argumenten.

Die Verhandlungen über die Richtlinie sollen im Januar fortgesetzt werden. Nach Darstellung der Kommission gibt im Schnitt eine von 20 Frauen in der EU an, bereits vergewaltigt worden zu sein.