Der CSU-Chef sollte bei seinem Kurs bleiben, sich nicht auf Kosten von Geflüchteten zu profilieren, meint Patrick Guyton.
Die CSU hat Markus Söder – und das kam wenig überraschend – einstimmig wieder auf den Schild gehoben. Damit startet in Bayern der Landtagswahlkampf. Dem schwarz-orangenen „Spezi-Bündnis“ aus Christsozialen und Freien Wählern steht eine ordentliche absolute Mehrheit in Aussicht – also alles so gut und fad wie fast eh und je im Land zwischen Lindau, Berchtesgaden und Bad Staffelstein?
Worüber Söder kein Wort verliert
Interessant ist, worüber Söder beim Parteitag nicht gesprochen hat. Über die AfD verlor er kein Wort, die Rechtsaußen-Gruppierung straft er mit völligem Ignorieren ab. Und zur Flüchtlingspolitik, den steigenden Asylbewerber-Zahlen und den Nöten mancher Kommunen sagte er auch nichts. Bei diesen Themen war die Neigung in der CSU oft ebenso groß wie erfolglos, der völkisch und nationalistisch daherkommenden AfD hinterherzulaufen und sich auf dem Rücken von Geflüchteten profilieren zu wollen.
Bleibt dies so, und punktet Söder mit der neu aufgelegten Erzählung der bayerischen Erfolgssaga – angereichert mit kräftigem Berliner-Ampel-Bashing – dann hätte der Franke nicht nur für sich und die CSU einen Erfolg verbucht. Er hätte in Bayern als einer Art Mikrokosmos gezeigt, dass es möglich ist, sich als konservativ-bürgerliche Partei durchzusetzen. Und das, ohne sich rechtspopulärer Narrative und der Hetze zu bedienen.
Das sollte nicht gering geschätzt werden. Denn der klassische Konservativismus, das Bewahren und nur behutsame Reformieren, bricht in fast ganz Europa weg. Er weicht radikalen Bewegungen am rechten Rand. In Ungarn wird die Demokratie von Regierungschef Viktor Orban massiv angefochten, Polen ist stramm nationalistisch ausgerichtet. Die Neofaschistin Giorgia Meloni regiert in Italien. Ähnliches droht in Österreich, wo die in ihren Anfängen von Altnazis geprägte FPÖ laut Umfragen stärkste Partei ist, während die konservative ÖVP erfolglos versucht, mit immer rechteren Parolen hinterher zu hecheln.
Gelingt Söder eine Neuauflage von CSU und Freien Wählern, würde sich diese Art von klassisch konservativ-liberalem Bündnis weiterhin als einzige in ganz Deutschland behaupten. Ein Modell für Berlin ist das nicht, aber ein Zeichen, dass sich das Feld rechts der Mitte ohne die AfD durchsetzen kann.
Dass Söder dafür auch ziemlich auf die Ampel einschlägt, ist Oppositionsjob. Die großen Linien – ökologischer Wirtschaftsumbau, Energieunabhängigkeit von Russland, Unterstützung der Ukraine – kann er nicht attackieren. So wendet er sich der Kritik und Veräppelung von angeblichem Veggie- und Gender-Radikalismus zu, geißelt einen grünen „Verbots- und Zwangsstaat“. Diskussionswürdig ist das durchaus.
Dennoch bleibt Markus Söder ein politisches Chamäleon. Umweltschutz, Klimaschutz, Artenschutz schienen ihm mal wichtig gewesen zu sein. Er hat ja schon Bäume umarmt. Davon ist jetzt kaum mehr etwas zu hören.
Seinem Bekenntnis, dass Berlin und das Kanzleramt für ihn vorbei seien, sollte man keinen Glauben schenken. Natürlich schielt er weiterhin darauf. Und sollte er gerufen werden oder sich rufen lassen, dann würde er dies ganz flugs als neue Situation darstellen, die neuer Antworten bedarf.
Nach fünf Jahren als Ministerpräsident und vier Jahren als Parteivorsitzender lässt sich unter Söder schon eine Art erneuerte CSU erblicken. Er hat seine Mannschaft geformt und ganz auf sich zentriert. Das hat auch zur Folge, dass in der seit eh und je diskussionsfaulen Partei jetzt völlige Stille zu herrschen scheint. Ab und an Krach und Krawall – das war früher, meist ausgelöst durch Markus Söder.