Immer mehr Corona-Tests führen auch dazu, dass mehr Infektionen bekannt werden. Foto: Weller

Im Zollernalbkreis hat es in den vergangenen Tagen keinerlei Entspannung gegeben, was das Corona-Infektionsgeschehen angeht – ganz im Gegenteil: Am Mittwoch wurde die bisherige Rekordzahl von 128 neuen bestätigten Fällen gemeldet, am Donnerstag waren es weitere 80. Die Inzidenz ist auf hohem Niveau – mit Folgen.

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Zollernalbkreis - Dass der Inzidenzwert am Donnerstag und wohl auch am Freitag über dem Wert von 165 liegt bringt es mit sich, dass Schulen und Kindertagesstätten von nächster Woche an geschlossen werden müssen. So sieht es die beim Bundestag am Mittwoch beschlossene Notbremse vor, sagte Georg Link, Leiter des Sozial-. und Rechtsdezernats im Landratsamt, am Donnerstagmorgen. Um diese Schließungen komme man wohl nicht herum; eine eigene Verfügung der Landkreisverwaltung sei dafür nicht notwendig.

Kritik an "Lockdowneritis"

Zuschaltet bei diesem Gespräch war am Donnerstag auch Landrat Günther-Martin Pauli. Er kritisierte dabei zum wiederholten Male das sture Festhalten seitens der Politik am Inzidenzwert: Diesen als alleinige Entscheidungsgrundlage zu nehmen sei seiner Meinung nach falsch. Vor allem in der derzeitigen Situation: Jetzt, da in Schulen, Kindergärten, Betrieben und überhaupt überall die Tests massiv ausgeweitet würden, sei es doch logisch, dass mehr positive Fälle "herausgefischt" würden. Durch die verstärkten Testungen werde vielmehr die Wirklichkeit nun besser dargestellt. Statt von einer "dritten Welle" der Pandemie sprach Pauli mit einem "Rendezvous mit der Realität".

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Ähnlich äußerte sich Gesundheitsdezernentin Gabriele Wagner. Auch ihrer Wahrnehmung nach hängt der aktuell starke Anstieg der Fallzahlen mit den vermehrten routinemäßigen, anlasslosen Tests von Menschen aller Altersklassen zusammen. Oftmals finde man unter Menschen, die keine typischen Corona-Symptome aufweisen, dennoch positive Fälle. Auffällig, aber auch irgendwie logisch angesichts der vielen Tests in Schulen, Kitas und Betrieben sei dabei, so Wagner weiter, dass unter den neu Infizierten nun mehr jüngere Menschen seien – und eben weniger Ältere. Daran mache sich auch die Impfkampagne bemerkbar.

Pauli plädierte dafür, "vernünftig" mit den vermehrt registrierten Infektionen umzugehen, daraus nicht die falschen Schlüsse zu ziehen. Durch die "Lockdownderitis" seitens der Politik würden Existenzen vernichtet, Bildungschancen und Karrieren zerstört, es gebe klare Anzeichen für steigende Zahlen von psychischen Erkrankungen, die häusliche Gewalt nehme zu. Er sehe zudem mit Sorge, wie locker die Politik auf Bundes- und Landesebene mit dem Entzug von Grund- und Freiheitsrechten umgehe. Jedem müsse klar sein, dass man wohl noch Monate, wenn nicht Jahre mit Corona und den Mutationen umgehen und leben müsse.

Gesundheitsamt am Limit

Das aktuelle Infektionsgeschehen stellt das Gesundheitsamt des Landkreises derweil vor große, bisweilen zu große Herausforderungen. Am Mittwoch sei es, sagte Dezernentin Wagner, erstmals nicht gelungen, alle neu gemeldeten Fälle abzutelefonieren und damit das Kontaktmanagement zu erfüllen, um so die weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen. Die hohe Zahl der Neuinfektionen habe ihre Mitarbeiter ans Limit geführt. Man arbeite unter "Volldampf", aber nach zehn Stunden müsse sie ihre Mitarbeiter schlicht nach Hause schicken.

Mit Blick auf die Impfkampagne sagte Stefan Hermann, Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz und Chef des Kreisimpfzentrums in Meßstetten, dass man derzeit ebenfalls "Volldampf" fahre – soweit das eben möglich sei. Der aktuell immer noch begrenzende Faktor sei die Menge an Impfstoff. Derzeit würden unter der Woche täglich rund 500 Impfungen verabreicht, an Samstagen im Zwei-Schicht-System sogar 1000. Diese 1000 Dosen könnte man auch montags bis freitags impfen – wenn man sie nur hätte. Ähnlich gehe es den Hausärzten – auch sie hätten gerne mehr Impfstoff, um ihn ihren Patienten zu verabreichen. Insgesamt aber arbeite man in Meßstetten sehr gut, das Sozialministerium habe dieser Tage bestätigt, dass das hiesige Kreisimpfzentrum eines der leistungsfähigsten im Land sei.

Fastenbrechen steht an

Dezernent Link wies zudem darauf hin, dass man die Moscheevereine im Landkreis mit Blick auf den zu Ende gehenden Fastenmonat Ramadan eigens für das Thema Kontaktbeschränkungen sensibilisiert habe. Beim Fastenbrechen in der Nacht vom 12. auf den 13. Mai handele es sich nicht um eine religiöse Veranstaltung, sondern um private Treffen mit engen Kontaktbeschränkungen.

Von Entspannung auch weiter keine Spur: Das Gesundheitsamt meldete am Donnerstag für den Zollernalbkreis 80 neue Infektionen. Die als neue Betroffene gemeldeten Menschen verteilen sich auf eine Vielzahl an Kommunen im Landkreis – Stichwort: diffuses Infektionsgeschehen. Die neuen Fälle wurden in diesen Städten und Gemeinden gemeldet: Albstadt (14), Balingen (23), Bisingen (8), Bitz (1), Burladingen (4), Dormettingen (1), Geislingen (2), Grosselfingen (3), Haigerloch (4), Hausen am Tann (1), Hechingen (3), Meßstetten (3), Obernheim (2), Ratshausen (2), Rosenfeld (5), Schömberg (2) und Winterlingen (2); ein am Mittwoch fälschlicherweise für Albstadt gemeldeter Fall wurde nachträglich aus der Statistik gestrichen.

Die meisten Infizierten leben weiterhin in Albstadt (174 Fälle), gefolgt von Balingen (159), Hechingen (82), Meßstetten (40), Schömberg (35), Haigerloch (23), Bisingen (34), Burladingen (31), Winterlingen (20), Rosenfeld (18), Nusplingen (18), Geislingen (15), Grosselfingen (12) und Rangendingen (10).

Insgesamt haben sich mit den am Donnerstag neu gemeldeten Infektionen nun 7122 Menschen im Zollernalbkreis seit Ausbruch der Pandemie das Coronavirus eingefangen. 706 Menschen gelten aktuell als infiziert, 6278 als genesen. Bisher haben 138 Menschen im Landkreis wegen Corona ihr Leben verloren.

Der Inzidenzwert lag am Donnerstag bei 216,5 (Mittwoch; 202,8; Dienstag: 175,9).

Die Zahl der Corona-Patienten im Zollernalb-Klinikum ist im Vergleich zu Mittwoch um einen auf 25 gestiegen; weiterhin neun Betroffene liegen auf der Intensivstation, fünf davon müssen beamtmet werden.

Im Kreisimpfzentrum in Meßstetten und von den mobilen Impfteams sind nun 33 349 Menschen gegen Corona geimpft worden (27 422 Erst- und 5927 Zweitimpfungen). Die Hausärzte haben (Stand Mittwoch) 3640 Impfungen verabreicht.