Wer mit Corona-Infektion traf wann wen? Das Landratsamt Freudenstadt hat die aufwendige Kontaktnachverfolgung praktisch eingestellt. Foto: Picsooz_Stock.Adobe.com

Bestätigter Corona-Fall im persönlichen Umfeld, aber vom Gesundheitsamt kommt kein Anruf mehr? Das ist im Kreis Freudenstadt jetzt eher die Regel als die Ausnahme. Das Landratsamt hat die Kontaktnachverfolgung zurückgefahren.

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Kreis Freudenstadt - Das Landratsamt hat die Kontaktnachverfolgung zurückgefahren. Dies erklärte Landrat Klaus Michael Rückert in der Sitzung des Verwaltungs- und Sozialausschusses des Kreistags am Montag. Kreisrat Wolf Hoffmann (Grüne) hatte hier unter Punkt Verschiedenes nachgehakt. Aus seinem Umfeld sei ihm zu Ohren gekommen, dass vielfach keine Anrufe mehr erfolgten. Zufall? Nein, sagte der Landrat

Prognosen liegen daneben

Bund und Land hätten es versäumt, zur aktuellen Rechtslage eine neue Regelung zu schaffen. Im Landratsamt ist man offenbar nicht sonderlich gram darüber. Rückert stufte die Lage im Kreis Freudenstadt als "entspannt" ein. Trotz zuletzt steigender Infektionszahlen – am Dienstag wurden rund 40 Neuinfektionen gemeldet – seien zumindest für den Kreis Freudenstadt die düsteren Prognosen "der Experten" vom Sommer bislang nicht eingetreten. Seit 1. Juni habe es keinen Tag gegeben, an dem mehr als fünf Patienten mit Covid-19 gleichzeitig im Krankenhaus Freudenstadt behandelt worden seien. Und es habe seither keinen einzigen Tag gegeben, an denen mehr als vier Corona-Infizierte auf einmal auf der Intensivstation versorgt worden seien. Die momentane Lage bezeichnete Klaus Michael Rückert als "handhabbar".

"Lage handhabbar"

Anrufe vom Gesundheitsamt zur Kontakt-Nachverfolgung erhalten derzeit nur noch Haushaltsangehörige, die selbst keinen vollständigen Impfschutz haben. Anders verhalte es sich, wenn Infizierte mit PCR-Test-Nachweis in Einrichtungen mit "vulnerablen Gruppen" arbeiten. Dazu gehören etwa Krankenhäuser sowie Pflege- und Behinderteneinrichtungen. Dann werde geprüft, ob die Behörden "weitere Schritte" einleiten müssten.

Geändert haben sich auch die Quarantäne-Regeln. Wer einen positiven PCR-Test erhalten hat, muss zwei Wochen in Isolierung. Haushalts-angehörige, die nicht abschließen oder gar nicht geimpft sind, müssen sich zehn Tage "absondern", können unter Umständen jedoch früher raus, sofern sie keine Symptome haben: mit negativem PCR-Test frühestens am fünften Tag oder negativem Antigen-Schnelltest ab dem sieben Tag.

Trotz offenkundiger Entspannung der Lage meldet das Kreisgesundheitsamt dringenden Personalbedarf. Corona werde die Behörde noch lange beschäftigen. Die Behörde habe in den zurückliegenden anderthalb Jahren "nahezu Übermenschliches" geleistet, um die Pandemie einzudämmen, sagte die zuständige Dezernentin Stefanie Kattner. Das Gesundheitsamt befindet sich seit März 2020 "im Ausnahmezustand", sagte der Landrat.

Vor allem die Nachverfolgung von Kontaktpersonen im Schichtdienst an sieben Tagen die Woche – intern "Containment" genannt, also Eindämmung – sei nur durch Hilfe anderer Ämter des Landratsamts sowie mit externen Kräften etwa von Bundeswehr, Justizverwaltung und Aushilfskräfte möglich gewesen. Die Arbeitsverträge von drei "Containment-Scouts", Schüler und Studenten, seien bis März verlängert worden. Die anderen Kräfte von außerhalb des Gesundheitsamts seien abgezogen worden, um ihrer eigentlichen Arbeit nachzugehen.

Neue Personalstelle

Für die Zukunft sei mit weiteren Aufgaben für das Gesundheitsamt und einer "Verstetigung" der Arbeit im Kampf gegen Viren zu rechnen. Außerdem solle die Behörde auch ihren Routineaufgaben bald wieder nachkommen können. Außer dem Amtsleiter gebe es nur einen weiteren Mitarbeiter im Gesundheitsamt, der Aufgaben im gehobenen Dienst leisten könne. Andere Kreise hätten ihr Personal bereits aufgestockt. Der Ausschuss stimmte einstimmig zu, eine zusätzliche Stelle zu schaffen, um den Amtsleiter zu entlasten – bezahlt wird sie ohnehin vom Land.