Das Publikum hatte beim Abend mit Martin Fromme seinen Spaß. Foto: Holzer-Rohrer

Der wohl einzige körperbehinderte Comedian auf deutschen Bühnen, Martin Fromme, gastierte im Bochinger Kronesaal mit seinem Programm „Glückliches Händchen“.

Unverblümt zum Thema macht Martin Fromme den Umgang der Gesellschaft mit Behinderten, schert sich dabei nicht um Tabus und mischt den Pointen immer auch eine Prise Sarkasmus bei. Mit trockenem, teilweise schwarzen, aber immer so außergewöhnlichen Humor, gepaart mit einer starken komödiantischen Leistung, reißt er Grenzen ein, an die sich sonst kaum jemand traut.

Wer nicht unbedingt weiß, was ihn erwartet, braucht deshalb ein klein wenig Zeit, bis eine gewisse Befremdung der Akzeptanz gewichen ist. Und dann nimmt die Comedy in all ihren Facetten Fahrt auf, und wären die eineinhalb Arme des Protagonisten nicht Dreh- und Angelpunkt des Inhalts, nicht Auslöser für die hauptamtliche künstlerische Arbeit des Martin Fromme – man könnte sie glatt vergessen.

Reise durch die Welt der Behinderten

So wurde die Reise mit dem Komiker, Buchautor, Moderator und Schauspieler durch die Welt der Behinderten, in der sie notwendigerweise auf die Nichtbehinderten – beziehungsweise diejenigen, die für sich beanspruchen „normal“ zu sein – treffen, begleitet von befreiendem, unbeschwerten Lachen, weil die humoristische Glanzleistung keine Berührungsängste aufkommen ließ.

Das Cover seines Buches „Besser Arm ab als arm dran“, das als Hintergrundbild der Ein-Mann-Show diente, scheint dann auch das Lebensmotto des Martin Fromme zu sein, der sich auch selbst auf den halben Arm nimmt und sich als Erfinder der Winkekatze bezeichnet. „Als Behinderter glotzen dich alle an, weshalb du im Privatleben immer auf der Bühne stehst, doch keiner zahlt Eintritt“, beschwert sich der Künstler, weshalb er dieses Nischenthema ins Rampenlicht geholt und somit eine Win-Win-Situation geschaffen habe.

Wären die eineinhalb Arme des Protagonisten nicht Dreh- und Angelpunkt des Inhalts, man könnte sie glatt vergessen. Foto: Holzer-Rohrer

Die eineinhalbstündige Stand-Up-Comedy wurde gewürzt mit Videos, Liedern, Gedichte, Textauszüge, Collagen aus Zeitungsnotizen, und Visualisierungen, die eindrücklich beschrieben, was man im Leben so alles verpasst, wenn man nicht behindert ist.

Mit versteckter Kamera unterwegs

Dabei mache Inklusion ja so viel Spaß, weil man bei allem mitmachen dürfe, obwohl man es nicht könne. So habe ihm die Erfahrung als Friseur enormes Vergnügen bereitet, der Kundin aber wohl weniger.

Mit versteckter Kamera sei er auch unterwegs gewesen und habe die Normalos in absurde Situationen gebracht, wie mit dem Rollstuhlfahrer, der sich in die Warteschlaufe vor der Autowaschanlege eingereiht hatte. Überhaupt sei es an der Zeit, für Behinderte passende Jobs zu kreieren, wobei der sich einen blinden Schiedsrichter vorstellen könne, weil dessen Fehlentscheidungen jegliche Diskussion im Keim ersticken.

Er empfahl auch eine inklusive Neuauflage klassischer Märchen und dachte dabei an Humpelstilzchen oder Schneewittchen mit den sieben Kleinwüchsigen.

Recht auf Arm im Alter

Als Liedermacher widmet er sich mit beeindruckender Stimme dem Wachkoma, legt sich auf den Boden, bedient sich der Melodie von „Let it be“, um die Epilepsie zu besingen. Mit Bildern von Rampen, steiler als jede Halfpipe und Presseveröffentlichungen wie: „Deutsche Paralympics-Athleten hinken internationalem Vergleich hinterher“ rückt er bauliche und sprachliche Fehltritte auf dem Behindertensektor in den Fokus.

In einem offenen Brief an Olaf Scholz fordert er sein recht auf „Arm im Alter“ ein. Bis dieser – am liebsten der von Brad Pitt – aber geliefert werde, spielt er Golf, um sein Handicap zu verbessern.

Ob man die kostspieligen Inklusionsbewegungen wohl in All-Inclusive-Angebote switchen kann? Die Frage sollte doch erlaubt sein. Besser aber wäre es, wenn 90 Prozent der Gesellschaft behindert wäre und nur zehn Prozent normal – das würde doch manches Problem lösen.

Eine Enttabuisierung

Die Selbstironie als wesentlicher Bestandteil seiner Lebenseinstellung und Bühnenauftritte ist es wohl, die Martin Fromme nie abstürzen lässt auf seiner Gratwanderung, einen schönen, entspannenden Comedy-Abend zu verbinden mit der Enttabuisierung des Themas „Behinderung“. Das Publikum hat es mit ganz viel Spaß angenommen.

Sehr zufrieden zeigte sich Heidi Kuhring, Amtsleiterin für Kultur, Jugend und Senioren der Stadt Oberndorf, mit dem Besuch der Veranstaltung im Rahmen von „Kultur im Kronesaal“.