Stefan Kaufmann verspricht, beim Parteitag am Samstag neutral zu sein. Foto: Peter-Michael Petsch

Der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann will im Amt bleiben, obwohl er in der Kritik steht.

Stuttgart - Egal, ob sein Favorit Sebastian Turner zum OB-Kandidaten der Stuttgarter CDU gekürt wird oder doch Andreas Renner – der Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann will im Amt bleiben, obwohl es aus Renners Lager  Kritik an ihm gibt, sagte Kaufmann im Interview.

Herr Kaufmann, noch drei Tage bis zur großen Entscheidung über den OB-Kandidaten der CDU. Wie empfinden Sie die Stimmung in der Partei?
Die Partei ist in gespannter Erwartung. Die Mitglieder sind sehr engagiert und sehr neugierig auf die Kandidaten. Die Betriebstemperatur der Partei steigt.

Das ist eine sehr unterkühlte Beschreibung. Wir hören, hinter den Kulissen werde von den beiden Lagern um die Bewerber Turner und Renner bis aufs Messer gekämpft.
Das ist nicht mein Eindruck. Ich sehe nach wie vor einen fairen innerparteilichen Wahlkampf. Es gibt den einen oder anderen, der Gerüchte und Anschuldigungen lanciert, aber solche Dinge sind bei so einem Prozess unvermeidlich. Die anonyme Kritik, dass der Bewerber Sebastian Turner anders als Andreas Renner auf Bürokapazität in der Kreisgeschäftsstelle zurückgreifen könne und ein Mitarbeiter meines Abgeordnetenbüros für Turner eingesetzt werde, trifft nicht zu. Solche anonymen Vorwürfe zu erheben, ist schäbig, zumal sie aus der Luft gegriffen sind.

Am Samstag kann beim Parteitag nur einer gewinnen. Wer hat die besseren Chancen?
Ich gebe keine Prognose. Die Entscheidung ist Aufgabe der Mitglieder. Sie müssen nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden, wer besser geeignet ist, die OB-Wahl zu gewinnen, wer die CDU einerseits und die Stadt andererseits besser voranbringen könnte.

Sie haben sich für Turner entschieden, den Sie selbst anwarben. Wie aktiv wollen Sie am Samstag für ihn werben?
Ich werde den Parteitag eröffnen und leiten und nehme insoweit selbstverständlich eine neutrale Position ein. Wie alle anderen Mitglieder habe ich bei der Wahl eine Stimme.

Herr Turner verweist auf eine Umfrage mit dem Ergebnis, dass 60 Prozent der Stuttgarter meinen, ein Parteiunabhängiger auf dem OB-Sessel wäre vorteilhaft. Fühlen Sie sich bestätigt?
Die Umfrage bestätigt die Einschätzung derjenigen, die der Meinung sind, dass ein Kandidat aufgestellt werden muss, dem es gelingen kann, über das bürgerliche Lager hinaus Menschen zu überzeugen.

Geht es am Samstag auch um Ihren Kopf als Kreisvorsitzender? Viele meinen das. Müssten sie nicht tatsächlich zurücktreten, falls Ihr Kandidat Turner unterliegt?
Das meinen nur einige wenige, dass es um meinen Kopf geht. Tatsache ist, ich bin gewählt bis Herbst. Dann steht es jedem frei, gegen mich zu kandidieren, wenn ich wieder antreten sollte. Und davon gehe ich fest aus. Die Stimmung in diesen Tagen wirft mich nicht um. Als ich für den Kreisvorsitz antrat, war mir klar, dass es eine Herausforderung werden würde, diesen Auswahlprozess für die OB-Wahl zu steuern. Ich verfüge über die nötige Gelassenheit für das Amt.

Das heißt, kein Mitglied muss sich aufgefordert fühlen, am Samstag Turner zu wählen, nur weil er sie als Kreisvorsitzender nicht abservieren möchte?
Nein. Die Mitglieder sollen bitte denjenigen wählen, mit dem aus ihrer Sicht die OB-Wahl gegen Fritz Kuhn besser zu gewinnen ist.

Ich halte beide für hervorragende Kandidaten

Wie würden Sie aber nach den Turbulenzen dieser Tage mit Renner in den Wahlkampf ziehen wollen, falls sich dieser durchsetzt?
Ich bin seit Monaten auch mit Andreas Renner im Gespräch. Ich halte beide, Turner und Renner, für hervorragende Kandidaten, die das Zeug haben, die OB-Wahl zu gewinnen. Deshalb könnte ich auch mit ihm und für ihn Wahlkampf machen.

Und die Lager sollen plötzlich wieder harmonieren? Das ist doch wohl Voraussetzung, dass man den OB-Sessel erkämpfen kann.
Ich erwarte von allen Parteimitgliedern Geschlossenheit nach dem 17. März. Das ist das Wesen der Demokratie, dass man die Mehrheitsentscheidung akzeptiert und auch vertritt. In einer Partei gibt es immer unterschiedliche Interessen. Aber das Ziel, dass im Oktober ein OB aus dem bürgerlichen Lager gewählt wird, wird uns einen.

Was halten Sie davon, dass Herr Turner das Wort vom Sauhaufen in den Mund nahm, gemünzt auf das Ringen in der CDU um die Nachfolge von Ministerpräsident Teufel?
Er sprach das in einer Kreisvorstandssitzung als Fremdzitat an, das er so heute aber auch nicht mehr verwenden würde. Er hat sich inzwischen deutlich davon distanziert. Die Sache ist längst ausgeräumt.

Sie können sich auch einfach damit abfinden, dass die CDU mit Turner einen Kandidaten unterstützen würde, der auch nach der Nominierung und gegebenenfalls nach seiner Wahl zum OB nicht der Partei beitreten möchte?
Das ist eine Angelegenheit, die Herr Turner am Ende selbst entscheiden muss. Ich sehe nicht, warum die Entscheidung, die wir jetzt akzeptieren, uns später nicht mehr ausreichen sollte. Wichtig ist doch, dass er uneingeschränkt zu den Grundwerten der CDU steht. Dass er bisher der Partei nicht beitrat, hängt mit seinen Tätigkeiten zusammen.

Räumen Sie Fehler bei dem Auswahlverfahren ein? Manche meinen, Ihre frühe Festlegung und Ihr Auftreten seien an den heftigen Spannungen in der Partei schuld.
2011 war es in der Partei nicht gewollt, dass man sich frühzeitig auf eine geeignete Persönlichkeit einigt. Die Kreispartei wollte eine Auswahl, keine Entscheidung in einem Zirkel oder in der Landespartei. Danach haben wir gehandelt. Ich habe mit Sebastian Turner nur einen Vorschlag eingebracht. Viele andere Aspiranten hätten die Möglichkeit gehabt, sich auch in den Auswahlprozess einzubringen. Entscheidend ist doch, wir haben jetzt zwei gute Möglichkeiten. Außerdem erkenne ich deutlich mehr Zustimmung für meine Rolle bei diesem Prozess. Ganz ohne Geräusche geht es bei so einem Verfahren nie.