Der Kammerchor Offenburg bei der Aufführung von Carl Orffs Carmina Burana in der Hausacher Stadthalle. Foto: Dorn

Mit dem epochalen Werk Carmina Burana von Carl Orff gastierte der Kammerchor Offenburg unter Leitung von Reinhardt Bäder am Samstagabend in der Hausacher Stadthalle. Auch der Unterstufenchor des Robert-Gerwig-Gymnasiums war mit dabei.

In einem gut halbstündigen „Warm-Up“ führte der Chor mit Madrigalen und Liedern der Renaissance in die verschiedenen Themenfelder der Carmina Burana ein. Da die Renaissance als Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit quer durch Europa ihren Niederschlag in den Werken verschiedener Komponisten fand, konnte Chorleiter Reinhardt Bäder für die Stückauswahl Lieder aus dem Französischen, dem Deutschen, dem Italienischen und Englischen auswählen. Auch der eine oder andere Madrigal auf Latein fand seinen Weg ins Programm. So wurde der Frühling auf Italienisch und Englisch besungen, in der Schenke wurde auf italienisch eine feiste Gans gebraten und in einem französischen Trinklied dem Weine gefrönt. Zum Abschluss wurde dann noch musikalisch ein Abt auf die Suche nach dem Bier geschickt.

Von gehörnten Ehegatten bis zu Minneliedern

Zum Finale ging es auf den „Cours d’amour“, den Hof der Liebesabenteuer, genüsslich führte Sprecher Andy Haberer das Publikum durch die Gefühlswelt der Renaissance mit frivolen Ausschweifungen, gehörnten Ehegatten und den amourösen Aspekten der klassischen Göttersagen der Antike: beispielsweise die herzzerreißende Wehklage der Ariadne, nachdem sie ihren Helden Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus befreit und dieser sie zum Dank recht schnöde auf der Insel Naxos zurückgelassen hatte. Das Setting des Konzerts des Chors war somit gesetzt.

In einer kurzen Umbaupause wurden die beiden Flügel in Stellung gebracht und die gut einstündige Reise in die Orff’sche Klangwelt der Kantate Carmina Burana – mit ihren Minne-, Trink- und moralischen Liedern – konnte beginnen. Mit großer Wucht gingen Chor, die beiden Pianisten Melanie Bähr und Manfred Kratzer und die Schlagwerke Matthias Billharz, Tom Brucher, David Obert und Ulrich Steurer an die berühmten ersten vier Takte der Anrufung der Glücksgöttin Fortuna.

Der Auftritt des Unterstufenchors des Robert-Gerwig-Gymnasiums bei „Oh, totus floreo“ Foto: Dorn

Im Frühling und in der Schenke wurden die lateinischen Verse gebunden gesungen, Bähr und Kratzer beschränkten sich in der Begleitung auf wenige Akkorde und liebliche Melodie-Ansätze. Als Solisten traten Bariton Menno Koller, Sopranistin Claudine Morgenthaler und Tenor Niklas Schmider in Aktion. Der Frauen- und Männerchor gingen in unterhaltsame Dialoge, so im Gesang „Floret silva nobilis“, als die Frauen fast schon panisch nach ihrem Liebsten fragen und die Männer nüchtern konstatieren, dieser sei schon weggeritten. In der Schenke gab Tenor Niklas Schmider mit todernster Miene die letzten Worte des gebratenen Schwans in der Pfanne, während Bariton Menno Koller sich als Abt unter die Säufer und Würfelspieler begab.

Hausacher Unterstufenchor singt mit viel Begeisterung

Für das letzte Drittel holte sich der Kammerchor Verstärkung beim Unterstufenchor des Robert-Gerwig-Gymnasiums. Dafür, dass Latein eine tote Sprache ist, sangen die Kinder mit so viel Begeisterung mit, dass ihr „Oh, totus floreo“ es fast zum Ohrwurm geschafft hätte, wenn Orff nicht ans Ende seines Chorwerks die Wiederaufnahme des Fortuna-Motivs gestellt hätte. Für wuchtige zwei Minuten erzitterte die Bühne unter diesen Klängen, jegliche Lautstärke-Limits wurden aufgehoben. Beseelt waren Musiker, Dirigent und Publikum. Nach langanhaltendem Applaus gab es noch eine kleine Zugabe mit „Wäre die Welt ganz mein“.

Info: Die Carmina Burana

Der deutsche Komponist Carl Orff (1895-1982) komponierte die Kantate Carmina Burana in den Jahren 1935 und 1936, die Uraufführung erfolgte 1937 in der Frankfurter Oper. Die Texte der in lateinisch und mittelhochdeutsch verfassten Kompositionen der Carmina Burana stammen aus der gleichnamigen Lied- und Textsammlung aus dem 11. und 12. Jahrhundert.