Wenn Schnee liegt, müssen Anlieger räumen – sonst kann es ernste Konsequenzen geben. (Symbolfoto) Foto: Kästle

Nicht nur Stadt ist in der Pflicht, sondern auch Bürger. Bei Unfall hagelt es Bußgeld, Anzeigen, Schmerzensgeld.

Calw - Wenn’s schneit, erwarten Autofahrer zu Recht, dass Räumdienste die Straßen möglichst frei halten. Doch nicht nur Städte und Gemeinden haben Pflichten. Winterdienst ist auch eine Sache der Bürger, die es ernst zu nehmen gilt.

8 Uhr morgens, Calw. Der Postbote ist auf seiner üblichen Tour unterwegs, verteilt Briefe und Päckchen. Vor den meisten Häusern ist der Schnee mittlerweile geräumt, Streugut bedeckt den Boden der Gehwege und verhindert, dass Menschen dort ausrutschen und stürzen. Aber nicht überall. Der Postbote übersieht die glatte Stelle, die ihm gleich zum Verhängnis werden wird; er verliert den Halt und fällt hin, bricht sich dabei den Knöchel.

Ein Fall, der frei erfunden ist. Und dennoch jederzeit Realität werden könnte. Mit ernsten Konsequenzen. Denn sollte so etwas geschehen – wer ist dann verantwortlich?

Zivilrechtliche Ansprüche gegen den Schuldigen

Darauf hat Calws Ordnungsamtsleiter Matthias Rehfuß eine eindeutige Antwort: "Sollte es auf einem nicht oder unzureichend geräumten und gestreuten Gehweg zu einem Unfall kommen, können (und werden in der Regel) – zusätzlich zu dem einzuleitenden Ordnungswidrigkeitsverfahren – zivilrechtliche Ansprüche gegen denjenigen geltend gemacht werden, der die Pflichten der Streupflichtsatzung ignoriert hat."

Und das sei wahrlich kein Pappenstiel. Allein das Bußgeld könne in einem solchen Fall bis zu 500 Euro betragen. Dies, so Rehfuß, sei dann meist allerdings "das kleinste Problem" des Schuldigen. Denn: Gerade die "zivilrechtlichen Ansprüche werden sehr schnell sehr teuer", erklärt der Ordnungsamtsleiter. Und: "Zusätzlich könnte der Straftatbestand ›fahrlässige Körperverletzung‹ bejaht werden."

Doch wer muss die "Pflichten der Streupflichtsatzung" übernehmen? Und in welchem Umfang?

Aufschluss darüber gibt die "Satzung über die Verpflichtung der Straßenanlieger zum Reinigen, Schneeräumen und Bestreuen der Gehwege", die der Calwer Gemeinderat im Dezember 1989 beschlossen hat.

Verpflichtet, Gehwege zu räumen und zu streuen, sind demzufolge alle Eigentümer und Besitzer, Mieter und Pächter von Grundstücken, die an einer Straße liegen oder von ihr eine Zufahrt oder einen Zugang haben. Gibt es nur einen Gehweg an der Straße, sind die Anlieger beider Seiten zuständig; gibt es gar keinen Gehweg, muss ein mindestens ein Meter breiter Weg gebahnt werden.

Werktags muss dies bis 7 Uhr, sonn- und feiertags bis 8.30 Uhr geschehen sein. Sollte es im Laufe des Tages erneut schneien oder glatt werden, muss erneut geräumt oder gestreut werden. Die Pflicht endet um 20 Uhr.

Sollte ein Unfall geschehen und mehrere Parteien wären zuständig gewesen, haften alle "gesamtschuldnerisch. Ihnen obliegt die Pflicht, sich bezüglich des Räum- und Streudienstes abzusprechen", führt der Ordnungsamtsleiter aus.

Am liebsten wäre es Rehfuß allerdings, dass solche Fragen überhaupt nicht geklärt werden müssen. Deshalb spricht er vonseiten der Ortspolizeibehörde Calw ausdrücklich die Bitte aus, den vorgeschriebenen Verpflichtungen gewissenhaft nachzukommen. Glatteisunfälle seien "absolut vermeidbar".

Gunzenhäuser: Keinen Schnee auf die Straße

Dass es beim Räumen aber nicht nur auf Fußgänger ankommt, darauf weist Calws Baubetriebshofleiter Reinhard Gunzenhäuser hin. "Der Winterdienst funktioniert nur dann einwandfrei, wenn möglichst alle ihren Teil dazu beitragen", betont er – und appelliert direkt an die Bürger: "Werfen Sie bitte keinen Schnee auf die Straßen. Das ist verboten und macht Sie haftbar, wenn dadurch gefährliche Situationen entstehen."

Darüber hinaus bittet er darum, rücksichtsvoll zu parken, damit Räumfahrzeuge gut durchkommen und keine Zeit verlieren. Manchmal reiche ein einziges Auto, das zu weit auf der Straße stehe. Dadurch sei es möglich, dass die Routen durcheinanderkommen.

Zuletzt erklärt Gunzenhäuser, die Räumdienste "schieben auch garantiert niemandem absichtlich Schnee vor seine Einfahrt oder auf den Gehweg". Allerdings: "Vollständig vermeiden können wir es nicht immer. Seien Sie uns bitte nicht böse, wenn es einmal ausgerechnet Sie getroffen hat. Wir versuchen, die winterlichen Situationen für alle möglichst erträglich zu machen."