Der Calwer Tunnel: Die Stadt bleibt am Ball. Foto: Archiv

Im Januar könnten Vorarbeiten für Bauantrag beginnen. Konkrete Termine noch unklar. Mit Kommentar

Calw - Der Calwer Tunnel steht im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans. So viel steht seit einiger Zeit fest. Doch was bedeutet das überhaupt? Und wie weit ist das Projekt mittlerweile bereits fortgeschritten? Wir haben nachgefragt.

Eine Entlastung der Calwer Bischofstraße – das wäre schon was. Eine geplante Lösung dafür gibt es bekanntermaßen längst: Den Tunnel, der vom Adlereck zur Esso-Tankstelle unter der Erde hindurch verlaufen soll. Und die Zeichen, dass dieser Tunnel in den kommenden Jahren gebaut wird, scheinen günstig zu stehen – vor allem durch die Aufnahme des Projekts in den so genannten "vordringlichen Bedarf" des Bundesverkehrswegeplans 2030 (siehe Infokasten).

OB Eggert spricht von "gut greifbarem Projekt"

Was nun zunächst nicht sonderlich konkret klingt, hat bereits einen sehr realen Hintergrund. Denn die Vorbereitungen sind in vollem Gange.

So befinde sich der Calwer Tunnel derzeit in der Vorplanung, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Diese Vorplanung wiederum, zu der üblicherweise neben einem vorläufigen Konzept eine Kostenschätzung gehört, müsste demnächst vom Bund genehmigt werden. Damit rechnet man im Regierungspräsidium Karlsruhe fest.

Danach, so das Bundesamt weiter, folge die Genehmigungsplanung. Vereinfacht gesagt geht es dabei darum, einen Bauantrag zu stellen, um letztlich eine Baugenehmigung zu erhalten. Jener Bauantrag muss unter anderem einen maßstabsgetreuen Grundrissplan sowie eine genaue Baubeschreibung umfassen.

Den Zwischenschritt bildet die sogenannte Entwurfsplanung, die auf der Vorplanung aufbaut und die Grundlage für die Genehmigungsplanung darstellt. Es handelt sich somit gewissermaßen um die Vorarbeiten hin zum Bauantrag.

Und mit genau dieser Phase, so erklärt Calws Oberbürgermeister Ralf Eggert, könnte es bereits ab kommendem Januar losgehen. Dann nämlich stehe ein Gespräch mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe sowie dem bisherigen Ingenieurbüro an, in dem die weiteren Schritte besprochen würden.

Überhaupt bewertet Eggert den Calwer Tunnel als "gut greifbares Projekt" innerhalb des Bundesverkehrswegeplan. Denn die Voraussetzungen seien denkbar günstig. So rechnet der OB beispielsweise nicht mit gerichtlichen Klagen – da es wohl kaum Kläger geben dürfte. Der Naturschutz habe bei einem unterirdischen Projekt voraussichtlich eine eher geringe Bedeutung. Privatgrund sei bei diesem Bauvorhaben auch nicht betroffen.

Umleitung leicht zu gewährleisten

In Sachen Lärm komme es zwar zu einer Verlagerung, in diesem Fall jedoch unter die Erde – wodurch bisherige oder künftige Anwohner vermutlich eher ent- statt belastet werden. Nicht zuletzt sei auch eine Umleitung während der Bauarbeiten leicht zu gewährleisten; schließlich müsste der Verkehr in dieser Zeit wie bislang gewohnt weiterlaufen.

Auch die vergleichsweise überschaubaren Kosten in Höhe von rund 28 Millionen Euro seien von Vorteil. So könne der Calwer Tunnel möglicherweise kurzfristig in eine zeitliche "Lücke" zwischen Ende des einen und Beginn eines weiteren größeren Projektes rutschen und in Angriff genommen werden.

Insgesamt ist Eggert auch mit dem Tempo der Planung zufrieden – auch vor dem Hintergrund, "dass der Gemeinderat Calw sich erst im Jahr 2012 endgültig über die Ausgestaltung des Calwer Tunnels und seinen Anbindungen festgelegt hat. Jetzt, bereits vier Jahre später, so weit gekommen zu sein, im vordringlichen Bedarf zu sein, ist unüblich und sehr erfreulich", betont der OB.

Wann genau jedoch mit dem Bau begonnen und wann dieser fertig sein könnte, dazu kann Eggert letztlich keine Auskunft geben. "Bei einer solchen Maßnahme nach dem Bundesfernstraßen lässt sich realistisch keine Jahreszahl benennen", so Eggert.

Auch das Bundesverkehrsministerium tut sich schwer, wenn es um Termine geht. Wie schnell es mit dem Bauen gehe, hänge unter anderem "von der Geschwindigkeit der planenden Landesbehörde ab", heißt es dazu aus Berlin.

Und das Regierungspräsidium in Karlsruhe erklärt, es bleibe "abzuwarten, wie die im Bundesverkehrswegeplan festgestellten Straßenbau-Bedarfe für Baden-Württemberg vom Landesverkehrsministerium priorisiert werden". Dann könnten weitere Aussagen getroffen werden.

Info: Bundesverkehrswegeplan

Was ist der Bundesverkehrswegeplan?

Der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) ist ein Investitionsrahmenplan für alle Bundesfernstraßenprojekte (Autobahnen und Bundesstraßen), Bahnlinien und andere Verkehrswege. Der BWVP stuft Projekte nach ihrer Bedeutung für den Verkehr ein und legt in verschiedenen Kategorien fest, welche der angemeldeten Vorhaben vorrangig in Angriff genommen werden.

Was ist der "vordringliche Bedarf"?

Die Kategorie "vordringlicher Bedarf" ist die höchstmögliche Einstufung innerhalb des BVWP; die darin berücksichtigten Projekte werden als erste finanziert und gebaut. Projekte des vordringlichen Bedarfs weisen ein überdurchschnittliches Kosten-Nutzen-Verhältnis auf.

Was bedeutet eine Einstufung in diese Kategorie?

Für den vordringlichen Bedarf besteht ein "uneingeschränkter Planungsauftrag". Das wiederum bedeutet, dass unter anderem Planung und Bauvorbereitungen begonnen oder fortgesetzt werden dürfen.

Wird der Calwer Tunnel dementsprechend also definitiv bis 2030 gebaut?

Das hängt von der finanziellen Situation des Bundes in den kommenden Jahren ab. So erklärte beispielsweise Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) im Gespräch mit dem NDR im Sommer dieses Jahres, dass dieser BVWP der erste sei, der mindestens im vordringlichen Bedarf nur so viele Projekte enthalte, wie am Ende auch finanzierbar sein würden. "In einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung haben wir damit die Chance, alle Projekte, die dort enthalten sind, auch umzusetzen", erklärte er.

Kommentar: Gute Zeichen

Von Ralf Klormann

Der Calwer Tunnel steht auf der Liste jener Projekte weit oben, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden sollen. So viel ist klar. Doch was bedeutet das? Zunächst herzlich wenig. Denn konkrete Termine für Baubeginn oder gar Eröffnung des Tunnels stehen in den Sternen. Die guten Zeichen sollten dennoch nicht unterschätzt werden. Die ersten Pläne stehen, die Kosten sind überschaubar. Anders als beispielsweise bei der Hesse-Bahn sind gerichtliche Klagen unwahrscheinlich. Klar ist aber auch: Es wird noch eines langen Atems bedürfen, bis der Verkehr unterirdisch durch die Hesse-Stadt rollt. Den dürfte die Stadt aber haben. Die Entlastung der Bischofstraße ist schließlich mehr als eine Entlastung der Anwohner. Sie ist eine Chance, die Innenstadt weiterzuentwickeln, zusammenzuführen und Calw attraktiver zu machen. Wenn das kein Ansporn ist?!