Ziehen an einem Strang (von links): Ulrike Berkholz vom Verein Frauen helfen Frauen, Referentin Edith Beleites und Frauenhaus-Gründungsmitglied Hanna Fischer. Foto: Bausch Foto: Schwarzwälder-Bote

Lesung: Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter / Edith Beleites stellt Buch "Und das soll Liebe sein" vor

Calw. Sie ist Expertin,wenn es um häusliche Gewalt in Beziehungen geht. Sie kam auf Einladung des Calwer Vereins "Frauen helfen Frauen" und der Volkshochschule (vhs) Calw eigens aus dem hohen Norden angereist. Was die Hamburger Autorin Edith Beleites einer interessierten Schar von Zuhörerinnen vortrug, hatte es in sich. Mit geradezu erschütternden Bildern, die allen Besuchern unter die Haut gingen, gab die erfahrene Referentin ungeschminkt Einblicke in ein schambesetztes Tabuthema.

Als Comic dargestellt

Die Referentin stellte das Buch "Und das soll Liebe sein" der Kanadierin Rosalind B. Penfold vor, das sie ins Deutsche übersetzt hat. Die Autorin hatte ihr Martyrium, das sie in zehnjähriger Ehe erlebt hat, in einer Art Comic dargestellt. Sie musste ihre Demütigungen und die Gewalt bildlich darstellen, um ihre schwierige Lebenslage besser verarbeiten zu können.

"Das Buch schlug in Kanada und den USA wie eine Bombe ein", berichtete Beleites. Als sie es in die Hand bekam, beschloss sie spontan, mit der Autorin Kontakt aufzunehmen. Dass die schrecklichen Bilder einer autobiografischen Leidensgeschichte einer Frau beeindrucken, war den Zuhörerinnen anzumerken. "Anrührend und aufwühlend zugleich" meinte vhs-Leiter Sebastian Plüer.

Innere Entfremdung

Beleites zeigte zunächst auf, wie sich Beziehungen kaum bemerkbar über innere Entfremdung, ständige Kritik, Demütigungen, Schmähungen und Unterstellungen bis hin zur Gewaltanwendung schleichend entwickeln können. "Untersuchungen haben ergeben, dass es keinen Unterschied gibt zwischen verbaler und physischer Gewalt" unterstrich die Referentin. In beiden Fällen werden die verletzenden Botschaften stets an der gleichen Stelle im Gehirn registriert und abgelagert.

Ganz wichtig bei stetig fortschreitenden negativen Entwicklungsprozessen in Paarbeziehungen sei, dass sie frühzeitig erkannt würden. Ein großes Hindernis für die rechtzeitige Beendigung einer solchen gewaltbereiten Liebesbeziehung sei, dass auf das gewalttätige Verhalten des Aggressors stets nach einiger Zeit wieder eine positive Zuwendungsgeste komme. Damit entstünde zunehmend ein regelrechtes Wechselbad der Gefühle bei der gedemütigten Person, die immer mehr in einen Teufelskreis münde, aus dem es am Ende kaum mehr ein Entrinnen gebe.

Warnsignale wie einseitig forderndes und dominantes Verhalten, Hinterherspionieren, ständiges Kontrollieren des Partners bis hin zur völligen Isolation seien wichtige Hinweise. Am Ende stünde dann der völlige Selbstverlust der gepeinigten Person. Auch die Mitarbeiter des Calwer Frauenhauses zeigten sich tief betroffen von den Darstellungen und der Leidensgeschichte Penfolds.

"Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter" wissen Mit- arbeiterinnen des Frauenhauses, das mit einer Veranstaltungsreihe sein 25-jähriges Bestehen feiert. Übergriffe finden in allen Lebensbereichen und sozialen Schichten statt. Zur traurigen Wirklichkeit gehört, dass jede vierte Frau im Laufe ihres Lebens Gewalt durch ihren Partner erlebe. "Große Hochachtung vor denjenigen, die den Schritt ins Frauenhaus am Ende schaffen", lobte eine erfahrene Beratungsfachkraft.