Werdende Mütter haben in Calw aktuell ein Problem - zumindest am Wochenende. Foto: famveldman/ stock.adobe.com

OB Ralf Eggert wendet sich an Klinikverbund. Einfache Lösung vorerst nicht in Sicht.

Calw - Samstags sollte eine Frau dieser Tage besser kein Kind bekommen – denn dann ist der Calwer Kreißsaal derzeit geschlossen. So darf es nicht weitergehen, unterstreicht der Calwer Gemeinderat. Oberbürgermeister Ralf Eggert wandte sich deshalb mit deutlichen Worten an den Klinikverbund.

Zuerst vom 10. Juni bis zum 29. Juli, nun seit dem 2. September und bis einschließlich 28. Oktober – in diesem beiden Zeiträumen blieb und bleibt der Kreißsaal des Calwer Krankenhauses jeweils samstags ab 6 Uhr bis Sonntagmorgen 6 Uhr geschlossen. Und damit zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate. Unter anderem Hans Necker (NLC) reichte es nun: In der jüngsten Sitzung des Calwer Gemeinderates machte er seinem Ärger deutlich Luft – und betonte, dass sich wiederholende Schließungen dem guten Ruf des Krankenhauses schaden würden. Eine einfache Lösung scheint aber nicht in Sicht zu sein.

Auch andernorts begehrt

Denn, so führte OB Ralf Eggert aus, Hintergrund der Schließungen sei bekanntermaßen der bundesweite Hebammenmangel. Und Calw habe in den vergangenen Monaten sogar vom Klinikverbund zusätzliche Hebammen zur Verfügung gestellt bekommen. "Wir hätten sonst viel früher Probleme bekommen", erklärte der OB. Durch Schwangerschaft und Umzug von Hebammen habe sich die Situation letztlich aber doch wieder zugespitzt.

Der Klinikverbund plane, das Problem mit einer Hebammenschule in Nagold zu lösen. Ob die dort ausgebildeten Fachkräfte jedoch am Ende im Kreis blieben, sei letztlich unklar. Denn: Auch andernorts sind Hebammen begehrt, können sich ihren Arbeitsplatz entsprechend nahezu frei aussuchen. "Der Markt ist leer", stellte Eggert klar. Ausbildungsplätze seien nicht begehrt, unter anderem weil in Schichten und an Wochenenden gearbeitet werden müsse und man eine hohe Verantwortung trage.

Ralf Recklies (SPD) regte daraufhin an, eine Art Petition an den Kreistag zu verfassen, damit dieser sich an den Bund wende. Letzterer solle aufgefordert werden, die Bedingungen für Hebammen – unter anderem was die Versicherung betreffe – zu verbessern, um den Beruf attraktiver zu machen. Adrian Hettwer (GfC) meinte jedoch, die Situation sei bekannt, eine Petition helfe deshalb nicht.

Eggert schlug letztlich vor, einen Brief an den Vorsitzenden der Geschäftsführung des Klinikverbundes Südwest, Jörg Noetzel, zu schreiben. Darin erklärt der OB, dass nur ein kleiner Teil der Calwer Gemeinderäte überzeugt sei, "dass die Geschäftsführung alles unternimmt, um die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe am Standort Calw zu erhalten und zu stärken". Darüber hinaus stehe der Vorwurf im Raum, dass "durch Behinderungen der Ärzte, des Pflegepersonals und Verzögerungen und Erschwernisse bei der Nachbesetzung offener Stellen bewusst das Krankenhaus und seine Mitarbeiter beeinträchtigt werden".

Der Brief endet mit der Forderung, dass sich eine solche Situation nicht wiederholen dürfe und dass dafür alles getan werden müsse.

Der Gemeinderat der Großen Kreisstadt Calw anerkennt, dass die Besetzung von freien Stellen von Hebammen, Pflegekräften und Ärzten eine Herausforderung darstellt. Er würdigt ausdrücklich, dass durch Personal aus anderen Standorten eine Unterstützung erfolgt ist, was seinerzeit auch wesentlicher Grund für den Beitritt in die Holding war.

Gleichwohl fordert der Gemeinderat den oben genannten Personenkreis (Geschäftsführung der Holding, des Kreiskrankenhauses Calw und die Personalabteilung, Anm. d. Red.) auf, künftige Leistungseinschränkungen des Kreiskrankenhauses Calw durch eine vorausschauende und engagierte Personalpolitik zu vermeiden.

Nachdem binnen eines halben Jahres nun zweimal die Geburtshilfe in Calw zeitweise geschlossen werden muss, sieht der Gemeinderat den Bestand der Abteilung bei einer Wiederholung dieser Situation als ernsthaft gefährdet an. Die Sorge um Nichtbesetzung bzw. verzögerte Besetzung von Stellen betrifft ausdrücklich auch andere Abteilungen des Krankenhauses, also alle Ärzte, das Pflegepersonal sowie die Verwaltungsmitarbeiter.

Seite 2: Beschluss im Wortlaut

Der Gemeinderat erwartet von der Geschäftsführung, dass eine derartige Situation sich nicht wiederholen wird. Ihm ist bewusst, dass dies eine besondere Herausforderung angesichts des bundesweiten Personalmangels darstellt. Aber das Krankenhaus in Calw liegt nicht in der tiefen ländlichen Region, sondern eine halbe Stunde Fahrtzeit von Böblingen/Sindelfingen und damit von der Metrolpolregion Stuttgart entfernt. Außerdem sind wir in einem großen Klinikverbund, was die Sicherstellung von ausreichendem Personal wesentlich erleichtern muss.