Für die Amtsperiode 2019 bis 2023 können sich Bürger noch als Schöffen beim Gericht in Calw bewerben. Foto: Gentsch

Für Amtsperiode 2019 bis 2023 können sich Bürger noch bewerben. Mit Info für Bewerber

Calw - Bis zum 31. März ist es noch möglich, sich als Schöffe für die Amtsperiode 2019 bis 2023 zu bewerben. Für Oliver Langgärtner aus Calw endet dann sein Ehrenamt, das er die letzten zehn Jahre als Hilfsjugendschöffe ausgeübt hat.

"Ein Schöffe ist eigentlich nichts anderes als ein ehrenamtlicher Richter. Er hat bei den Gerichtsverhandlungen zu denen er gerufen wird die selben Rechte wie der Berufsrichter", erklärt Langgärtner. Das heißt, er darf Zeugen, Kläger und Angeklagten befragen und nach der Verhandlung über Schuld und Strafmaß abstimmen. Die Jugendschöffen haben dabei die Besonderheit, dass sie für Verhandlungen zuständig sind, die Minderjährige betreffen.

"Jedem Berufsrichter werden bei einer Verhandlung zwei Schöffen – ein Mann und eine Frau – zur Seite gestellt", so der 49-Jährige. Daher ist es auch möglich, dass die Schöffen den Berufsrichter überstimmen. Gegen die Stimmen der Schöffen kann also niemand verurteilt werden. So soll der Leitsatz "Im Namen des Volkes" in die Tat umgesetzt werden.

Dazu werden alle fünf Jahre neue Volksvertreter gesucht, die an der Rechtssprechung in Strafsachen mitwirken möchten. Die Vertretungen der Gemeinden und die Jugendhilfeausschüsse müssen dafür mindestens doppelt so viele Kandidaten wie benötigt vorschlagen. "Im Kreis Calw waren das letztes Mal 32 Stück", so Sozialdezernent des Landkreises Calw Norbert Weiser: "Jede Gemeinde braucht einen Schöffen pro 2000 Einwohner. das ist nicht immer ganz einfach, deshalb freuen sie sich bestimmt über jede Bewerbung."

Die Schöffen brauchen ausdrücklich keine juristische Ausbildung. "Vielmehr sollen sie die Vielfalt des Bevölkerungsdurchschnitts widerspiegeln und daher ganz verschiedene berufliche und soziale Hintergründe haben", sagt Langgärtner. So ist er selbst beispielsweise Teamleiter bei Mercedes.

Laut dem zweiseitigen Bewerbungsformular kann sich jeder als Schöffe bewerben, der deutscher Staatsbürger im Alter von 25 bis 69 Jahren ist und weder Vorstrafen noch finanzielle Schulden hat. "Die Jugendschöffen sollten aber Erfahrung mit Kindern und Jugendlichen mitbringen", erklärt Langgärtner, der selbst Vater von vier Kindern und in der Jugendarbeit seines Sportvereins aktiv ist.

Der Schöffenwahlausschuss wählt dann Haupt-und Hilfsschöffen für die kommenden fünf Jahre aus. "Das Schöffenamt ist zwar ein Ehrenamt, aber wenn man gewählt ist, muss man das auch durchziehen", sagt Langgärtner. Ein Schöffe wird pro Jahr für etwa zwölf Gerichtstermine eingeteilt. Wenn er nicht kann, kommen Hilfsschöffen zum Zug, die dann wenige Wochen vor dem Termin informiert werden. "Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet den Schöffen für sein Ehrenamt freizustellen und darf ihn auch nicht deswegen entlassen", so Langgärtner.

Er selbst war in den vergangenen Jahren bei etwa sieben Gerichtsverhandlungen dabei: "Die Schöffen kommen 15 Minuten vor Verhandlungsbeginn ans Gericht und werden dann vom Berufsrichter ins Bild gesetzt." Zeit für Vor-und Nachbereitung des Ehrenamts müsse man daher nicht einplanen. "Bei den Verhandlungen taucht man dann in eine ganz andere Welt ein", so der Calwer. "Da geht es um Drogen, Diebstahl und Gewalt und das eben bei Minderjährigen", so Langgärtner weiter: "Wir ehrenamtlichen Richter haben die Aufgabe den Berufsrichter bei der Wahrheitsfindung zu unterstützen.

Oft ist es ja so, dass sich die Geschichten des Klägers und des Angeklagten deutlich voneinander unterschieden." Das sei durchaus eine große Verantwortung, die man als Schöffe trage. "Man muss sich da schon bewusst sein, dass seine Entscheidung enorme Folgen für das Leben des Angeklagten haben kann." Das dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. "Beim Strafmaß geht es dann nicht nur darum den Schuldigen zu bestrafen, sondern auch darum, wie man ihn wieder in die Gesellschaft integrieren kann." Gerade Jugendliche gerieten nämlich schnell auf die schiefe Bahn und müssten dann wieder ins normale Leben zurückgeführt werden.

"Was mich immer wieder beschäftigt ist, dass es auch hier bei uns in Calw so viele Jugendliche gibt, die sich in Drogen, Schlägereien und Gewalt verstricken. Das kennt man sonst nur aus den Medien." Ein Schöffe sollte deshalb eine stabile Persönlichkeit mitbringen und sich in der Lage sehen, pünktlich uns diszipliniert zu Verhandlungen zu erscheinen, sowie Verschwiegenheit über die Details zu wahren. "Aber das Schöffenamt ist wirklich ein interessantes Ehrenamt. Man bekommt spannende Einblicke und übernimmt Verantwortung für die Gesellschaft", resümiert Langgärtner.

Info: So bewerbe ich mich

Interessierte, die den genannten Kriterien entsprechen, können sich noch bis 31. März bewerben. Dazu müssen sie ein zweiseitiges Formular ausfüllen und ihre Bewerbung in wenigen Sätzen begründen. Sie liegen auf den Stadt- und Gemeindeverwaltungen aus. Calwer Bürger können den Bewerbungsbogen auch im Internet unter www.calw.de/Schöffenwahl herunterladen. Das unterschriebene Formular wird dann in der jeweiligen Gemeindeverwaltung abgegeben.