Sebastian Plüer (links) ist nach dem Vortrag von Wolfgang Dietrich voll des Lobes über den VfB-Präsidenten. Foto: Kraushaar Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: VfB-Präsident Wolfgang Dietrich berichtet über die Abwärtsspirale des Vereins / Fokus muss nun auf Jugendarbeit liegen

Hoher (Fußball-)Besuch in der Volkshochschule (VHS) in Calw: In den gut gefüllten Räumen der Musikhochschule begrüßte VHS-Leiter Sebastian Plüer den Präsidenten des Bundesligisten VfB Stuttgart, Wolfgang Dietrich.

Calw. Dietrich ist seit Oktober 2016 der Präsident des Traditionsvereins. Vor den Toren Stuttgarts in Backnang geboren, war er schon früh ein echter VfB-Fan, erzählt er. Inzwischen verfolgt er seit 44 Jahren als Vereinsmitglied das Geschehen, seit eineinhalb Jahren in verantwortlicher Position.

Die Jahre, als die Stuttgarter in eine kontinuierliche Abwärtsspirale gerieten und dann auch in die zweite Liga gestolpert sind, taten besonders weh, erinnert sich Dietrich. "Da leidet man wie ein Hund mit", räumt er ein. Die Lage sei prekär gewesen, der Abstieg habe den Verein knapp 100 Millionen gekostet. Diejenigen, die für den tiefen Fall verantwortlich waren, gingen weg und rund 200 Mitarbeiter waren am Tiefpunkt.

"Der Aufstieg war kein Selbstläufer", betont Dietrich. Dabei gilt sein Respekt besonders Trainer Hannes Wolf. "Das ist eine ganz schwierige Situation gewesen", sagt er mit Blick auf Traditionsvereine wie Kaiserslautern, Nürnberg oder Düsseldorf, die sich vom Abstieg in die Zweitklassigkeit nicht mehr erholt hätten. "Fußball ist heute zwar ein knallhartes Geschäft", erklärt der Software- und Sportmarketing-Unternehmer, "dennoch im Kern emotional und irrational".

Der VfB Stuttgart hat 60 000 Mitglieder, mehr als 200 Mitarbeiter, erwirtschaftet 130 Millionen Euro Umsatz, hat 1,2 Millionen Kontakte in den sozialen Medien. 50 Print- und rund 100 Online-Artikel über den VfB werden pro Woche veröffentlicht, hinzu kommen 700 Stunden TV-Präsenz im Jahr. Ein gigantisches Zahlenwerk, staunt der Präsident selbst.

Trotz den Widrigkeiten im Alltagsgeschäft zeigt sich Dietrich zuversichtlich, dass der Erfolg bis zu einem gewissen Grad planbar ist. In der Musikschule führt er dazu drei Säulen – Jugendarbeit, Kaderplanung, Stärkung des Vereins über Mitgliederzahlen und wirtschaftliche Substanz, an. "Ziel muss es sein, in drei bis vier Jahren wieder den Anschluss an das erste Drittel der Liga herzustellen", so der VfB-Präsident.

Ein erster Schritt wurde in der Jugendarbeit mit der Bindung von U 16 und U 17-Spielern an den Verein geleistet.

"Das kostet richtig Geld. Aber wir sind überzeugt, dass da ein paar Jungs dabei sind, die den Sprung nach oben schaffen können", zeigt sich Dietrich zuversichtlich. "Wir werden auch bei anderen Vereinen wildern."

Kritisch äußert er sich zu den sozialen Medien. "Was da abgeht, ist oft deutlich unter der Gürtellinie", so Dietrich, der sich vor allem über den Umstand ärgert, dass Spieler und Trainer, noch bevor sie da sind, in der Kritik stehen.

Gegen Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen

Klare Kante zeigt er auch beim Thema Kostenbeteiligung an Polizeieinsätzen. "Alles, was außerhalb des Stadions passiert, fällt in die polizeiliche und staatliche Hoheit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Urteil von Bremen Bestand haben wird."

Ein Punkt, der vielen Fans auf der Seele brennt, ist die Ausdehnung der Bundesliga auf den Montag. "Es geht um einen Tag mehr Pause – und ums Geld", räumt Dietrich ein. "Ich bin gegen eine weitere Zerflederung der Spieltage, aber alle 18 Bundesligavereine (Anmerkung der Redaktion: Bei TV-Vertragsabschluss war der VfB Stuttgart in der zweiten Liga) haben der Reglung zugestimmt". Der VfB-Präsident wünscht sich, dass der Klassenerhalt möglichst schnell in trockene Tüchern kommt, damit erstmals seit Jahren wieder eine gezielte Kaderplanung möglich ist.

Dieser Mann brenne für seinen Verein, stellt Plüer fest. Dietrich stand zwar auf der Bühne, begegnete dem fußballkundigen und überwiegend reiferen Publikum in seinem Vortrag und der Diskussion aber von Beginn an offen und auf Augenhöhe, zeigt der VfB-Leiter sich zufrieden.