Nach vier Jahren Pause feierte Nagold sein zünftiges Keltenfest. Foto: Thomas Fritsch

Wehe, wenn sie losgelassen – die Kelten in Nagold. Nach vier Jahren Abstinenz, war das Keltenfest so erfolgreich wie vielleicht noch nie. Die Solarmannen aus Mindersbach siegten bei den Highland-Games.

Die Stadt Nagold und ihre Kelten – dank des Keltenfestes wird diese eigentlich eher verborgene Geschichtsepoche in Nagold immer wieder greifbar. Denn beim Keltenfest ist hautnah zu erleben, wie es damals gewesen sein könnte – in Nagold, in jener Zeit vor gut 2500 Jahren, als auf dem Schlossberg Kelten siedelten, und ein keltischer „Fürst“, der wahrscheinlich dort oben seine Burg hatte, gerade frisch bestattet worden war – im fünf Meter hohen „Krautbühl“ – dem einzigartigen keltischen Bodendenkmal, das in Nagold erhalten blieb.

Living History

Der Krautbühl ist auch Nagolds ältestes Denkmal. Und man spürt beim Keltenfest regelrecht, wie die wahren Keltenfans fast ehrfürchtig ihre Lager im Park rund um das Keltengrab aufschlagen. Hier, im Keltenlager, ist Living-History angesagt. Da brodeln Mahlzeiten über offenem Feuer, der Schmied zeigt sein Handwerk ebenso wie Frauen, die neue Stoffe nach keltischer Art weben. Holz wird verarbeitet, Waffen werden stolz präsentiert. Hier ist das keltische Leben der Wirklichkeit wohl am nächsten. Zumindest legen die Bewohner – ja Akteure müsste man sie nennen – besonders hohen Wert auf Authentizität.

Ihr fundiertes Wissen über die keltische Zeit, wie das Leben damals war, sie geben all das gerne weiter – und präsentieren sich als stolze Kelten. Und Römer, auch die dürfen am Krautbühl campen. Wobei zur römischen Zeit der Nagolder Krautbühl schon viele Jahrhunderte auf dem Buckel hatte. Doch die späten Kelten und die Römer – da gab es Kontakt. Und Handel. Ja, auch Handel wird im Living History-Bereich betrieben. Mit allem möglichen, was handgemacht wurde. Über allem thronend: Der Krautbühl, das Nagolder Fürstengrab. Selten geht es hier so lebendig zu, wie beim Keltenfest. Eine späte Anerkennung, für eine über viele Jahrhunderte kaum erforschte Zeit in Nagold.

Highland-Games

Doch seit gut 20 Jahren sind die Kelten und die Forschung rund um dieses Volk in Nagold gut präsent. Bestes Beispiel dafür ist das Keltenfest. Vier Jahre mussten die Fans dieser Kelten-Sause warten. Umso größer war der Andrang an diesem Wochenende, vor allem am Samstag. Besonders bei den schwäbischen Highland-Games, die im Stadtpark und mit dem Battle on the Water auf der Nagold ausgetragen werden. Baumstämme werden da geworfen, schwere Fässer gerollt, Geschicklichkeit ist beim Balancieren gefragt – und von allem etwas beim Bootle stechen – dem archaisch umgetauften „Battle on the Water“ auf der Nagold.

Die Highland-Games haben sich zu einem Magneten für das Keltenfest entwickelt. Die teilnehmenden Clans, darunter die ganz großen Gruppen von der Seminarturnhalle und die Solarmannen aus Mindersbach – sind der wahre Motor dieses Festes. Wenn die Clans zu den Wettkämpfen antreten, dann ist Stimmung garantiert. Das wissen auch die vielen Zuschauer, die die urigen Wettkämpfe begeistert feiern und die Stimmung in sich aufsaugen. Da ist viel geboten, für das Auge, für die Emotionen, für das Herz. Achso, und einen Sieger gibt es auch: die Solarmannen verteidigen ihren Titel!

Live-Musik

Eine schöne, harmonische Stimmung herrscht am Samstagabend mit dem Live-Auftritt der Folk-Rocker The Aberlour’s. Alle Sitzplätze sind belegt, viele Zuschauer nutzen die weite Fläche des schönen Stadtparks, genießen die Musik, die abendliche Stimmung bei rauchigem Lagerfeuer-Geruch, sitzen und liegen entspannt auf der Wiese. Die Musik ist mitreißend, und doch eher dezent. Die Lautstärke nicht wirklich hoch. Die Bewirtungsstände sind allerdings schwer umlagert. Auch ein Zeichen für den guten Besuch.

Für Clans und Familien

Das Keltenfest ist auch ein echtes Familienfest. Der offizielle Teil wird nach dem Feuertanz der Nagolder Tanzgruppe Ellylldan vergleichsweise früh beendet. Zumindest im offiziellen Bereich. Dort wo die Clans campen und die Keltengruppen lagern geht es natürlich privat weiter. Zum Familienangebot gehört auch die Kreativwerkstatt der Jugendkunstschule. Da darf nach Herzenslust gewerkelt werden.

Liebe zum Detail

Und noch etwas fällt auf beim Blick auf das Festareal: Die Liebe zu den Details. Vieles ist hier stimmig, nichts ist schrill, alles versucht zueinander zu passen. Authentisch ist das selten. Es sind nunmal Zugeständnisse an solch ein Fest vonnöten, damit es auch wirklich von der Bevölkerung angenommen wird. Die Versorgungsstände aber sind urig, oft mit Holz oder Stroh verkleidet, oder unter naturfarbenen Zeltplanen. Selbst die gute Ausschilderung ist hölzern, wirkt irgendwie echt, auch wenn die richtigen Kelten keine Schrift kannten.

Im Mittelpunkt des Klebs steht die Arena, mit Holz und Stroh umrundet– umgeben von an Baumstämmen gespannten Tüchern, die für Schattenplätze für die Zuschauer sorgen. Dann ist da das mächtige neu gezimmeret Keltentor mit den bunten Wappen-Schildern an den Wänden. Ja, das erinnert an Asterix-Comics – und das ist wunderbar! Schließlich waren ja auch Frankreichs wehrhafte Gallier Kelten.

Die Liebe zum Detail, sie geht beim Keltenfest sogar bis zum absperrenden Metallzaun – der ist von innen bespannt mit aufgedruckten Holzlatten und wird immer wieder von echten Holzpalisaden unterbrochen. Es sind Details wie diese, die das Nagolder Keltenfest zu etwas ganz Besonderem machen.