Karlheinz Stroppel stellte die Varianten vor.Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Breitbandausbau: Gemeinderat entscheidet sich für die teuerste Variante – und hat gute Gründe dafür

Die Wahl zwischen dem Spatz in der Hand und der Taube auf dem Dach hat der Gemeinderat Obernheim in seiner jüngsten Sitzung – und entsprechend ausführlich darüber diskutiert.

Obernheim. Der Breitbandausbau ist ein unerschöpfliches Thema für die Kommunalparlamente. Das Obernheimer hatte am Dienstagabend die Frage zu beantworten, ob es für viel Geld schon jetzt die Möglichkeiten schaffen soll, dass alle Häuser entlang der Backbone-Trasse angeschlossen werden können – obwohl es bei manchen vielleicht nie dazu kommt – oder viel weniger Geld für abgespeckte Voraussetzungen ausgibt.

Karlheinz Stroppel, der Projektleiter Breitband der Netze BW – sie ist Generalübernehmerin des Ausbaus – sowie Julia Bisinger und Michael Zillgener vom Amt für Digitalisierung des Landratsamtes Zollernalbkreis stellten die Möglichkeiten vor.

Die preisgünstigste Variante sieht den kompletten Tiefbau für das Backbone und die Vorbereitung der FTTB-Hausanschlüsse auf jener Seite der Straße vor, wo auch die Backboneleitungen liegen. FTTB steht für "Glasfaser bis zum Gebäude". 52 000 Euro würden die Netzverteiler und der Glasfasereinzug kosten, falls 40 Prozent der Anlieger sich für einen Anschluss entscheiden und einen entsprechenden Vertrag abschließen.

In Variante zwei wären 100 Prozent der Häuser auf der Straßenseite der Backbone-Leitung und 40 Prozent auf der gegenüberliegenden dabei. Die Kostenberechnung von 60 000 Euro beruht ebenfalls auf einer Anschlussquote von 40 Prozent.

Die teuerste Variante mit 97 000 Euro Kosten ist die dritte, die alle Häuser auf beiden Straßenseiten einschließt. Spätere Tiefbauarbeiten wären dann nicht mehr nötig, denn alle Anschluss-Voraussetzungen wären erfüllt, wenn ein Hauseigentümer sich erst später dafür entscheidet.

Das genau war die Gretchenfrage in der Sitzung, denn ein Großteil der Hausbewohner entlang der Trasse ist älteren Semesters und mutmaßlich an der ganz schnellen Internetleitung nicht interessiert. Allerdings heißt das auch: In diesen Häusern werden die Bewohner früher wechseln als in kürzlich gebauten Einfamilienhäusern im Wohngebiet. Und jene, die nach den aktuell dort lebenden Senioren einziehen, könnten Glasfaserleitungen wollen.

Bürgermeister Josef Ungermann sprach sich schon zu Beginn der Diskussion ganz klar für die dritte Variante aus. "Wenn wir es schon machen, sollten wir es dort, wo wir’s machen, auch recht machen", stellte er klar. Jürgen Moser hielt dagegen: "An dieser Trasse lebt nicht die klassische 100-MBit-Kundschaft. Ich bin skeptisch, ob das überhaupt in den nächsten Jahren genutzt wird, und das Geld brauchen wir anderweitig."

Ungermann widersprach: "Wenn wir die 97 000 Euro jetzt nicht in die Hand nehmen, müssen wir vielleicht irgendwann 250 000 Euro in die Hand nehmen. Und entlang der Trasse liegen drei Betriebe, die sicher gerne anschließen." Eine "Zwei-Klassen-Gesellschaft" zu schaffen, könne nicht der Plan sein. Das Geld liege zwar nicht auf der hohen Kante, doch der Kredit für Variante drei sei "im Haushalt drin".

Konrad Linder sprang dem Schultes zur Seite: "Wir müssen in die Zukunft planen. Die Häuser werden nicht ewig von 70-Jährigen bewohnt sein."

Julia Bisinger hatte noch ein weiteres Argument auf Lager: "Wenn Sie sich für Variante drei entscheiden, ist das nicht umsonst, denn Sie erhalten Pachteinnahmen, sobald die Möglichkeit besteht, ein Haus anzuschließen." Schließe jemand tatsächlich an, seien es statt vier Euro pro Monat gar 17 Euro.

Johannes Huber: Ist Glasfaser überhaupt der Standard der Zukunft?

Johannes Huber stellte die Frage in den Raum, ob Glaser der Standard der Zukunft sein werde. Bisingers Antwort: Homeoffice werde mehr und mehr kommen – "da kann nur noch Glasfaser mithalten". Michael Zillgener wies zudem auf weitere digitale Entwicklungen hin, etwa in der Medizin: "Arztbesuche laufen heute schon elektronisch", dort, wo Hausärzte dünn gesät seien. "Das sind Zukunftsthemen, und da sprechen wir nicht von 50, sondern von zehn Jahren."

Um keine "Zwei-Klassen-Gesellschaft" zu verantworten, sprang Jürgen Moser schließlich doch "über meinen Schatten" und plädierte für Variante drei.

Den Auftrag zur Herstellung derselben vergaben die Räte mit sieben Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen entsprechend an die Netze BW und stimmten auch dagegen, dass die Gemeinde die Kosten der Hausanschlüsse inklusive Glasfasereinzug trägt. Die Verwaltung ermächtigten die Räte, zur Finanzierung nach zinsgünstigen Krediten Ausschau zu halten.