Eine 15-Jährige, die für Boki anschaffen musste und Nermin Culum ans Messer lieferte, was es mit den Safes der Culums auf sich hat und was mit den Frauen passiert ist: Beim Prozess gegen die United Tribuns kommen pikante Details ans Licht.
Wie man es an jenem Verhandlungstag auch dreht und wendet: An den Culums kommt man bei den Machenschaften, die den Angeklagten beim Landgericht Konstanz vorgeworfen werden, nicht vorbei. Der Prozesstag ermöglichte Einblicke in die Welt um Boki und die Masche der Culums.
Dass Bokis Jungs vor Gericht stehen, sein Sohn auf der Flucht ist und sein Bruder Nermin im Knast sitzt, ist unter anderem einer einzigen Frau zu verdanken. Dies wird anhand der Zeugenaussage des zuständigen Kriminalbeamten vor Gericht deutlich. Die Ermittlungen gegen die United Tribuns hatten demnach ihren Ursprung in der Schweiz.
Dort, im Kanton Aargau, hatte sich eine Frau bei den Ermittlungsbehörden gemeldet und mit ihrer Aussage die United Tribuns ans Messer gelieferte. Bereits im Alter von 15 Jahren habe sie für Armin Culum alias Boki, damals im Jahr 2008, anschaffen müssen – in einem Villinger Bordell.
„Sie hat dann Nermin Culum belastet“, erklärt der Kriminalbeamte. Dieser habe die Frau mit der Loverboy-Methode für sich gewinnen können – sie verliebte sich in ihn, wurde anschließend ausgenutzt, musste sich für Sex verkaufen. „Ihnen wurde immer die große Liebe vorgespielt, das Geld gehörte aber der ‚Familie‘“, erklärt der Ermittler.
Schweizer Behörden fragten an
Die Schweizer Behörden hätten nach der Aussage Ermittlungen gegen Nermin Culum eingeleitet und sich im Rahmen dessen mit einem Auskunftsersuchen an die Staatsanwaltschaft Konstanz gewandt. Die erfuhr so davon, dass wohl auch Bokis Sohn, A., dick im Geschäft ist.
A. sei schließlich „der Ursprung unseres Verfahrens“ gewesen, wie der Zeuge vor Gericht betonte. Der heute 23-Jährige A. habe gemeinsam mit zwei nun Angeklagten mehrere Frauen mit der Loverboy-Methode zur Prostitution gezwungen. Auch in die Drogen-Geschäfte sei er verwickelt gewesen.
Intensiver Kontakt mit den Culums
Einer der Angeklagten, ein 33-Jähriger, soll dabei intensive Kontakte mit der kompletten Culum-Familie gehalten haben. Dieser sei mehrfach in Bosnien-Herzegowina in der Culum-Villa gewesen, hätte von Armin und Culum auch telefonisch immer wieder die Anweisung erhalten, „Gas zu geben“. Der Kriminalbeamte sagte vor Gericht: „Bei den Telefonaten ging es darum, wie man mit den Frauen Geld verdient.“ Warum die Polizei das so genau weiß? Zu diesem Zeitpunkt seien bereits Telefone angezapft und der Innenraum der Autos überwacht worden.
Und jenes Geld soll schließlich auch in der Culum-Villa gebunkert sein. Das hatte eines der Opfer gegenüber den Ermittlern preisgegeben. Fünf Safes sollen dort parat stehen: Jeweils einer für Armin, Nermin, A. und den 33-jährigen Angeklagten – der fünfte Safe sei „der große“ gewesen. „Da rein kamen 50 Prozent der Einnahmen“, erklärte der Kriminalbeamte.
Mit Sex 1000 Euro am Tag verdient
Dass das nicht wenig gewesen sein dürfte, wurde auch vor Gericht deutlich. Die beiden Angeklagten, denen Zwangsprostitution vorgeworfen wird, sollen mit „ihren“ Frauen fast eine Million Euro gemacht haben. Pro Arbeitstag seien es, in einem Fall, rund 1000 Euro gewesen, „die mussten größtenteils abgegeben werden“, so der Ermittler. In einem anderen Fall seien von 11 000 erwirtschafteten Euro lediglich 100 Euro für die Prostituierte übrig geblieben.
Dass hierbei von Freiwilligkeit keine Rede sein konnte, wurde den Beamten aufgrund abgehörter Gespräche deutlich. Als eine der Prostituierten eröffnete, dass sie aufhören möchte, sei ihr massiv gedroht worden. Sie würde Besuch bekommen, der sie „grün und blau schlägt“. Ein anderes Opfer sei, wenn auch nicht von den Angeklagten, bewusstlos geschlagen worden.
Frauen im Zeugenschutzprogramm
Kein Wunder ist es demnach, dass jene Frauen, die gegenüber den Behörden ausgepackt hatten, sich laut Aussage des Ermittlers teilweise im Zeugenschutzprogramm befinden. Andere Frauen verweigerten ihre Aussage, würden nun aber nicht mehr als Prostituierte arbeiten. Einzig die Sex-Arbeiterin unter den Fittichen von A. Culum würde noch anschaffen gehen. Das könnte auch daran liegen, dass der 23-Jährige sich nach Informationen der Behörden nach Bosnien-Herzegowina abgesetzt hat, „dort entzieht er sich der Festnahme“, erklärt der Kriminalbeamte. Und wäre wohl weiter in der Lage, Druck auszuüben.
Nermin Culum hingegen konnte, nachdem die Schweizer Ermittlungsbehörden einen Haftbefehl erwirkt hatten, im Sommer 2022 an der Grenze zu Kroatien festgenommen werden. Er sitzt nach der Auslieferung mittlerweile in der Schweiz und warten dort auf seinen Prozess.