Natur: Bestimmte Flächen werden nicht mehr bewirtschaftet / Zu viel Holz, zu geringe Preise

"Der Bisinger Wald ist in relativ gutem Zustand. Irgendein Bächlein gluckert immer", so lautet die Einschätzung von Forstdirektor Hermann Schmidt im Gemeinderat. Er spricht dort auch über Waldrefugien, aber nur am Rande. Was hat es damit auf sich?

Bisingen. Bürgermeister Roman Waizenegger spricht im Hinblick auf die Wälder von einem "Thema, das uns die nächsten Jahrzehnte beschäftigen wird".

 Bäume leiden Der Grund? Die durchschnittlichen Temperaturen steigen und die Bäume leiden darunter. Zumindest vielerorts. In Bisingen ist der Wald noch weitgehend in Ordnung, so könnte man die Ausführungen von Forstdirektor Hermann Schmidt im Gemeinderat zusammenfassen. Gerade der Wald am Albtrauf sei mit Wasser gut versorgt, trotz der heißen Sommer.

 Indirekte Auswirkungen Die Auswirkungen davon bekommt Bisingen nur "indirekt" zu spüren. Denn der Markt ist überschwemmt mit Millionen Kubikmetern Käfer- und Sturmholz. Deshalb sind die Preise in den Keller gegangen und deshalb haben die Förster den Einschlag massiv gedrosselt.

Das heißt: Im Jahr 2018 wurden mehr als 800 Festmeter weniger als vorgesehen geschlagen, im Jahr 2019 sind es schon gut 2000 Festmeter, die entgegen der Planungen nicht eingeschlagen wurden. 2018 wurde mit dem Gemeindewald noch eine Schwarze Null geschrieben, 2019 liegt das Defizit wohl bei 60 000 Euro. 2020 dürfte es nicht anders aussehen.

  Waldrefugien Zur Sprache gekommen sind in der Gemeinderatssitzung, wie schon in der Ortschaftsratssitzung von Thanheim die Einrichtung von Bannwäldern. Dafür ist in Bisingen Flächen von rund 44 Hektar am Albtrauf im Gespräch.

Die Waldrefugien sind ausgewiesene Waldflächen, die sich selbst überlassen werden. Umgefallene Bäume werden liegen gelassen. Dies gibt manch einer Tierart, zum Beispiel dem Hirschkäfer, einen Lebensraum. "De facto nutzen wir in diesen Flächen ab 2019 kein Holz mehr", berichtet Schmidt.

Die Waldrefugien wurden im Rahmen der Forsteinrichtung 2018 vorgeschlagen. Der Gemeinderat hat mit seiner Zustimmung zur Forsteinrichtung im Sommer 2019 auch das Okay zur Ausweisung der Waldrefugien gegeben. Das größte Waldrefugium hat eine Fläche von sieben Hektar, das kleinste 1,2 Hektar.

 Ökopunkte sammeln Als nächsten Schritte werden die Waldrefugien in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde in ein Ökokonto eingebucht.

Die Eröffnung eines Ökokontos muss der Bisinger Gemeinderat noch beschließen. Die Ökopunkte kann dann die Gemeinde verwenden um beispielsweise ein neues Baugebiet ökologisch auszugleichen.

 Die Idee Wie Schmidt weiter erklärt, sei die Idee sehr alt. In Mecklenburg-Vorpommern wurde bereits vor mehr als Hundert Jahren ein alter Buchenbestand (Heilige Hallen) stillgelegt. Schmidt: "Eine Besichtigung dieses alten Bestandes hatte mich vor 15 Jahren bewegt, ebenfalls Waldrefugien in Burladingen anzulegen. Mittlerweile ist es Standard, im Zuge der Forsteinrichtung beim Thema Waldnaturschutz, Waldrefugien auszuweisen." Waldrefugien wurden bereits in Burladingen, Hechingen und Haigerloch eingerichtet. In Jungingen ist der Stand wie in Bisingen.

 Und der Borkenkäfer? Die Käfer greifen am liebsten die schwächsten Bäume an. Ist es da nicht kontraproduktiv, den Wald sich selbst zu überlassen? Nein, sagt Schmidt auf Nachfrage weiter. "Das Thema Borkenkäfer beschränkt sich in der Regel auf Nadelbäume. Die Waldrefugien bestehen überwiegend aus über 100 Jahre alten Laubbäumen, die meisten sind mehr als 160 Jahre alt", erklärt der Forstdirektor.

Die naturnahe Waldwirtschaft könne fast alle Funktionen des Waldes positiv bedienen. Was fehlt, ist die natürliche Zerfallsphase des Waldes. Diesen Nachteil können die Waldrefugien ausgleichen. Die Zerfallsphase sei "sehr wichtig für Pilze und Totholzbewohnende Insekten".