Raimund Friderichs begutachtet in einem Waldstück bei Bisingen eine kleine Eiche: Sie ist sieben Jahre alt und kaum gewachsen. Foto: Kauffmann

Wirtschaft: Raimund Friderichs vom Forstbetrieb des Fürsten von Hohenzollern erklärt, wie er den Wald zukunftsfest macht

Dürre, Trockenheit, Borkenkäfer, instabile Bäume: der Wald im Klimastress. Wie reagiert der Forstbetrieb des Fürsten von Hohenzollern darauf? Die Antwort des Unternehmensleiters Raimund Friderichs: das Modell "Fi-Z-100". Was hat es damit auf sich?

Bisingen. Wer mit Raimund Friderichs durch den Wald geht, erlebt einen Fachmann, der seinem Beruf mit Herz und Seele nachgeht. Beim Vor-Ort-Termin mit dem Leiter des Forstbetriebs der Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern bleibt er plötzlich stehen, fokussiert einen Punkt auf dem Boden und beugt sich mit ernster Miene hinab. Als Otto-Normal-Wald-Kenner erblickt man dort vor allem Moos und abgefallene Äste, aber sonst? Nichts. Friderichs streicht mit den Fingern über die Blätter einer kleinen Eiche, die kaum höher als zehn Zentimeter über den Boden ragt, und das betrübt ihn: "Die ist vor sieben Jahren gekeimt. Sie kümmert, sie hat keine Überlebenschance", sagt er mit einem Ton, der so klingt, als hätte er ein wenig Mitleid mit diesem kleinen Bäumchen.

Weniger Bäume pro Hektar, aber dickere Stämme

Diese unscheinbare Pflanze ist für ihn ein Symptom, denn es zeigt, woran die Waldbewirtschaftung krankt. Über Baumbestand in direkter Umgebung klagt Friderichs: "Das sind Wälder, die zu Recht kritisiert werden." Die Bäume seien zu nah beieinander, um gesund wachsen zu können, wie "Sardinen in der Dose". Die Folge: Die Kronen bilden eine dichte Fläche, die kaum Licht an den Boden lässt. Schlechte Karten für das zarte Eichenbäumchen neben den 30 Meter hohen Stämmen.

Dieser Wald sei anfälliger für Sturmschäden. "Schauen Sie mal, wie weit dieser Baum von diesem entfernt ist", erklärt er, "und jetzt schauen Sie, wie weit dieser Baum von diesem entfernt ist". Soll heißen: Die Wurzeln nehmen sich gegenseitig die Fläche weg; die Bäume haben weniger Halt, kippen bei Unwetter leichter um. Und Naturverjüngung gebe es da ja auch nicht.

Wir gehen weiter. Ein Jagdsitz schimmert an diesem frühen Freitagmorgen in der Sonne. Er steht auf einem Areal am Rande Bisingens, für das Friderichs zuständig ist. Mit dem Finger deutet er in diesen Wald, dort wachsen Bergahorn, Fichte, Tanne, Ulmen, "bunt gemischt". Licht dringt bis auf den Boden. Die Bäume seien ähnlich alt und ähnlich hoch wie auf dem benachbarten Grundstück mit der kümmerlichen Eiche, doch die Stämme sind dicker.

"Fichte-Z-100" nennt er das Konzept, das dahinter steht – 100 Bäume auf einem Hektar, die in 50 Jahren gefällt werden. Auf Flächen, die herkömmlich bewirtschaftet werden, seien es 180 bis 250 Stück pro Hektar.

Doch die Bestände, gepflanzt in den 70er- und 80er-Jahren, seien dem heutigen Klima nicht mehr gewachsen. Friderichs: "Seit 2015 haben wir erhebliche Niederschlagsdefizite." Der Zustand des Unterbodens war wohl noch nie so trocken. Ein jahrzehntealter Baum "kann sich nicht an das Klima von 2020 anpassen. Nur, wenn der Förster ihnen hilft, überleben die alten Bäume." Deshalb müsse etwas getan werden, wenn es um die Bewirtschaftung der Wälder gehe. Die Fichten seien genauso alt wie die auf dem Nachbargrundstück, haben aber einen deutlich dickeren Stamm – liefern also mehr Material, das zum Verkauf steht.

Deshalb würden die Bäume im fürstlichen Wald genauso viel Gewinn abwerfen, auch wenn es zahlenmäßig weniger sind. Außerdem sei der Boden durch die lichte Bepflanzung und Naturverjüngung deutlich feuchter als nebenan, wo die Fichten gedrängt nebeneinander stehen.

Derweil ist auch bei Gemeinderatssitzungen von den Förstern des Landratsamts zum Ausdruck gekommen, dass die Fichte keine Zukunft habe. An dieser Ansicht hat sich bis jetzt nichts geändert, wie eine entsprechende Nachfrage ergeben hat.

Friderichs dazu: "Wir setzen immer noch auf die Fichte als Zeitmischung." Heißt? "Wir übernehmen auch junge Fichten oder pflanzen sogar noch welche in Kulturen, aber eben nicht mehr als Reinbestand." Allerdings "ummanteln" diese jungen Fichten lediglich die klimaresistenten Baumarten, die den Wald der Zukunft dominieren würden. Dazu zählt Friderichs unter anderem Douglasie, Lärche, Kiefer und Tanne.

Die Fichte bleibt für ihn aber nach wie vor die ertragreichste Baumart. "Als gelernter Zimmermann weiß ich, dass Fichtenbauholz das liebste Holz der Zimmerleute ist." Bei geringem Gewicht hat es sehr gute statische Eigenschaften (siehe Info). Friderichs: "Wir setzen weiterhin auf die Fichte, wo uns dies noch möglich scheint." Die Baumart werde erst nach und nach ersetzt. Die Automobilindustrie könne ja auch nicht am Nachfragemarkt vorbeiproduzieren und "wider besseren Wissens ausschließlich rot lackierte Verbrenner-Autos herstellen, obwohl die Käufer künftig nur silberne Elektroautos fahren."

Und den Wald sich selbst überlassen? Kommt für Friderichs nicht infrage. Schließlich bringe der Holzeinschlag ja auch Geld. Ganz klar ist für ihn: "Nur in Ländern, in denen Wohlstand herrscht, gibt es Ökologie".

  Fläche

Der Forstbetrieb von Hohenzollern bewirtschaftet eine Fläche von rund 15 000 Hektar in Baden-Württemberg und Bayern. Der Fürst von Hohenzollern ist damit der viertgrößte Privatwaldbesitzer Deutschlands. Rund 40 Mitarbeiter kümmern sich um die Fläche. In der Region um Bisingen unterhält der Forstbetrieb etwa 65 Hektar. Dazu gehört auch der meiste Wald rund um den Zoller.

  Fichte

Die Fichte gilt als Brotbaumart, denn das Fichtenholz ist ertragreich und wird vielseitig verarbeitet: Etwa in der Papierherstellung, und es liefert gutes Bauholz für Gebäude und Möbel. Außerdem ist es geeignet, um daraus Musikinstrumente herzustellen. Allerdings ist ausgerechnet diese Baumart von der zunehmenden Trockenheit stark betroffen, auch der Borkenkäfer bevorzugt Nadelbäume.