Lukratives Geschäft: Kartenlegen Foto: dpa

Erfolg für Wahrsagerin: Kunde darf Zahlung für Kartenlegung nicht grundsätzlich verweigern.

Stuttgart - Eine Wahrsagerin, die im Internet Lebensberatung, sogenanntes Life Coaching, anbietet, hat mit ihrer Klage Erfolg gehabt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass einer ihrer Kunden aus dem Raum Stuttgart die Zahlung fürs Kartenlegen nicht grundsätzlich verweigern kann (Az.: III ZR 87 / 10). Allerdings hat der 3. Zivilsenat die Klage der Frau ans Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart zurückverwiesen.

2007 war der Chef einer Marketingagentur aus dem Raum Stuttgart im Internet auf die Frau aus Busek im Landkreis Gießen gestoßen. Der Mann befand sich in einer Krisensituation, weil ihn seine langjährige Freundin verlassen hatte. Verzweifelt suchte der Geschäftsmann Hilfe bei der Lebensberaterin, die ihm daraufhin am Telefon die Karten legte. Allein im Jahr 2008 schlugen die Telefonate und die daraus resultierenden Ratschläge mit mehr als 35.000 Euro zu Buche. Der Mann bezahlte. Unter anderem auch für bestimmte Liebesrituale, die ihm die Freundin zurückbringen sollten.

Im Januar 2009 folgten weitere Telefonberatungen, die ebenfalls auf Kartenlegen basierten. Weil sich der Geschäftsmann inzwischen bei der Stuttgarter Sektenberatung kundig gemacht hatte, blieb er die neu angefallenen 6723,50 Euro schuldig. Die Wahrsagerin verklagte den Mittvierziger vor dem Landgericht und dem OLG Stuttgart - und verlor. Die Richter entschieden unisono, dass die Wahrsagerin keinen Anspruch auf ihr Honorar habe, weil die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich sei.

Vertrag zwischen Kartenlegerin und Kunde könnte wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein

Der Anwalt des Beklagten sieht das ebenso: "Es handelt sich hier um das schamlose Ausnutzen hilfesuchender Menschen", so Alfred Steudel aus Stuttgart. Der Anwalt der Wahrsagerin sagt dagegen, seine Mandantin habe ihrem Kunden nie Erfolg versprochen. "Es war klar, dass die Dienste nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden nachweisbar sind."

Ähnlich sehen es auch die Richter der 3.Zivilkammer des BGH. Es stimme zwar, dass die von der Klägerin versprochene Leistung objektiv unmöglich sei. Die Richter sagen aber auch, laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) entfalle der Vergütungsanspruch der Frau nicht zwingend. Im Rahmen der Vertragsfreiheit und in Anerkennung ihrer Selbstverantwortung könnten die Klägerin und ihr Kunde durchaus eine wirksame Vereinbarung schließen - auch wenn die Tauglichkeit der erbrachten Leistung rational nicht nachweisbar sei. Soll heißen: Der Mann müsse bezahlen, auch wenn es sich um Hokuspokus handelt.

Allerdings könne es sein, dass der Vertrag zwischen Kartenlegerin und Kunde wegen Sittenwidrigkeit nichtig sein. Dann müsse der Mann nicht bezahlen. Sittenwidrig ist ein Rechtsgeschäft dann, wenn zum Beispiel die Zwangslage, die Unerfahrenheit oder eine erhebliche Willensschwäche eines Vertragspartners ausgenutzt wird.

Anwalt Herbert Geisler, der den Geschäftsmann vor dem BGH in Karlsruhe vertritt, sagte der Presseagentur dpa: "Die Klägerin hat die Lage meines Mandanten schamlos ausgenutzt und aus seinem seelischen Ruin finanziellen Profit geschlagen."

Jetzt muss das Oberlandesgericht Stuttgart neu entscheiden.