Der langjährige Trumpf-Chef Berthold Leibinger. Foto: dpa

Im Jahr 1992 gründete der langjährige Trumpf-Chef Berthold Leibinger die nach ihm benannte Stiftung – nun wird sie 20 Jahre alt. Im Gespräch erklärt der Gründer, was diese Stiftung bezweckt.

Berthold-Leibinger-Stiftung fördert seit 20 Jahren die Forschung – Dem Stifter ist nicht bange vor der Konkurrenz aus China.

Herr Leibinger, Sie haben Millionen Euro aus Ihrem Privatvermögen in die Berthold-Leibinger-Stiftung investiert, die wissenschaftliche, soziale, kulturelle und kirchliche Zwecke fördert. Was sind Ihre Beweggründe dafür?
Ich bin dankbar, in diesem Land arbeiten und hier etwas aufbauen zu dürfen. Dieser wirtschaftliche Erfolg ist für mich auch eine Verpflichtung. Ich bin der Meinung, dass es so etwas wie eine Gemeinwohlpflichtigkeit der Erfolgreichen gibt. Dieser Verpflichtung möchte ich nachkommen.

Haben die Projekte auch Auswirkungen auf Ihr Unternehmen?
Nur sehr indirekt. Das Umfeld ist für ein Unternehmen ein ganz wichtiger Faktor. Wir setzen wissenschaftliche Erkenntnisse in gute Produkte um. Somit ist die Pflege der Wissenschaft zugleich ein Grundanliegen für Trumpf. Wir leben auch von unserem kulturellen Umfeld. Es kann einem Unternehmen nicht gleichgültig sein, ob es in Stuttgart gute Orchester gibt oder nicht. Das Gleiche gilt für das geistige Umfeld. Ich glaube, dass der christliche Glaube ein Wertesystem vermittelt, das das eine oder andere Ethikseminar ersetzen könnte. Wenn wir durch die Arbeit der Stiftung auf diese Art dem Umfeld etwas zurückgeben, in dem unser Unternehmen zu Hause ist, dann kommt dies mittelbar auch Trumpf zugute. Übrigens kommt andererseits der Erfolg von Trumpf der Stiftung zugute, die an dem Unternehmen beteiligt ist. Wächst Trumpf, wächst auch die Stiftung.

Die Stiftung verfolgt auch soziale Ziele und unterstützt zum Beispiel ein Projekt für entlassene Strafgefangene. Was ist Ihre Zielsetzung dahinter?
Die Förderung sozialer Zwecke zeigt mir immer wieder, dass man mit wenig Geld viel bewirken kann. Das ist immer wieder beglückend. Überdies erweitert es den Horizont ungemein, wenn man sich mit gesellschaftlichen Entwicklungen jenseits des eigenen Tätigkeitsfelds auseinandersetzt.

Kommt es eigentlich oft vor, dass Menschen Sie um Geld bitten, weil Sie ja so viel davon haben?
Je älter ich werde, desto mehr persönliche Wünsche werden an mich herangetragen. Jeder Einzelne hat sicher gute Gründe dafür. Aber ich muss auch lernen, Nein zu sagen. Denn die Summe aller Wünsche ist immer größer als meine Möglichkeiten. Und wenn man etwas bewirken will, muss man sich auf bestimmte Projekte konzentrieren.

Würden Sie sich wünschen, dass andere Unternehmen Ihrem Beispiel folgen?
Die Unternehmen machen ja mehr, als man gemeinhin weiß. Viele Initiativen sind aber zu regional und oft auch zu spontan. Da wird mal ein Kindergarten oder eine Turnhalle gefördert, was im Einzelfall auch sicher wichtig ist. Es wäre jedoch gut, wenn möglichst viele wirtschaftlich erfolgreiche Menschen die Idee verfolgen würden: Ich nehme einen Teil dessen, was mir in meinem Leben zugeflossen ist, und richte es über eine Stiftung systematisch am Allgemeinwohl aus. Je zielgerichteter die Förderung ist, desto mehr Wirkung entfaltet sie.

„Viele Probleme könnten vermieden werden, wenn Techniker zum Beispiel in der Lage wären, sich besser zu artikulieren“

Sie fördern ja auch zehn Jahre lang einen Lehrstuhl für die Wirkungsgeschichte der Technik an der Universität Stuttgart. Welche Idee steckt dahinter?
Die Universität Stuttgart hat starke Wurzeln im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich. Und Ingenieure, Chemiker, Physiker, Elektrotechniker und Maschinenbauer neigen manchmal dazu, Geisteswissenschaftler, die es dort ja auch gibt, nicht ganz so wichtig zu nehmen. Ich sehe das anders. Viele Probleme könnten vermieden werden, wenn Techniker zum Beispiel in der Lage wären, sich besser zu artikulieren. Wenn sie besser erklären könnten, warum sie tun, was sie tun. Und wenn sie klarmachen könnten, was man sich von ihrer Arbeit versprechen kann – und was nicht. Der Streit um Stuttgart 21 hängt sehr mit versäumtem Dialog und auch versäumtem Erklären des eigenen Tuns und dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft zusammen. Der Lehrstuhl soll dieses gesamtgesellschaftliche Denken voranbringen.

Sowohl Forschung als auch Kultur und Soziales gehören ja auch zu den Aufgaben des Staates. Stoßen Sie mit Ihrer Stiftung in ein Verantwortungsvakuum, das der Staat mit seiner Sparpolitik hinterlässt?
Das tun wir ganz gewiss. So wäre der Lehrstuhl ohne die Stiftung nie zustande gekommen. In anderen Fällen sind die Gelder der Stiftung zumindest hilfreich, um eine ergänzende staatliche Förderung zu erreichen.

Sie zeichnen bahnbrechende Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Lasertechnik aus. Riskieren Sie nicht, damit auch Ihre Konkurrenten zu fördern?
Mitarbeiter von Trumpf sind von der Teilnahme sogar ausgeschlossen. Es kann durchaus passieren, und das hatten wir auch bereits, dass wir Arbeiten auszeichnen, die letztlich Unternehmen zugutekommen, mit denen sich Trumpf im Wettbewerb befindet. So haben wir einmal eine Biophysikerin für eine Erfindung ausgezeichnet, die es erlaubt, eine einzelne Zelle aus einem Gewebe herauszulösen, um diese besser analysieren zu können. Diese Erfindung wurde später von Zeiss umgesetzt. Es geht darum, die Lasertechnik insgesamt voranzubringen.

Gerade der Maschinenbau sieht sich derzeit ja heftigen Herausforderungen aus China ausgesetzt. China verfolgt derzeit einen ehrgeizigen Fünfjahresplan und ist inzwischen zum Weltmarktführer der Branche aufgestiegen. Hat Deutschland dieser Offensive etwas entgegenzusetzen?
China hat einen riesigen Markt und eine große Zahl von Menschen, die für wenig Geld viel arbeiten. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Doch wir sollten uns auch nicht selbst unterschätzen. In den achtziger Jahren war man in Deutschland überzeugt, dass Japan mit seiner leistungsfähigen Industrie uns niederwalzt. Davon kann heute keine Rede mehr sein. Auch der Konkurrenz aus China haben wir einiges entgegenzusetzen. Zu unseren Wettbewerbsvorteilen gehört auch unser demokratisches System. Manche Debatten in diesem Land mögen ärgerlich sein, doch unsere Staatsform mit all ihren Widersprüchlichkeiten schafft für die Menschen ein lebendiges Umfeld. Hier gedeihen Selbstständigkeit und Kreativität viel stärker als in einer formierten, in Diktatur lebenden Gesellschaft. Wir haben also keinen Grund, uns vor diesem Wettbewerber zu verstecken.