Das Europäische Menschenrechtsgericht hat ein Verbot ritueller Schlachtungen ohne Betäubung in Belgien gebilligt (Symbolfoto). Foto: IMAGO/MAXPPP/IMAGO/Jean-Baptiste BORNIER

Das Europäische Menschenrechtsgericht hat ein Verbot ritueller Schlachtungen ohne Betäubung in Belgien gebilligt. Das Verbot stelle keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit dar, urteilten die Straßburger Richter am Dienstag.

Das Europäische Menschenrechtsgericht hat ein Verbot ritueller Schlachtungen ohne Betäubung in Belgien gebilligt. Die seit 2019 in den Regionen Flandern und Wallonien geltende Vorschrift, dass Tiere vor dem Schlachten ausnahmslos zu betäuben seien, stelle keinen Verstoß gegen die Religionsfreiheit dar, urteilten die Straßburger Richter am Dienstag. 

Es ist nach Angaben des Gerichts das erste Mal, dass die Richter sich mit der Frage befassen, ob Tierschutz einen Einfluss auf die Religionsfreiheit habe. Muslimische und jüdische Kläger hatten argumentiert, dass das Schächtungsverbot es ihnen erschwere, die Vorschriften ihrer Religion zu beachten. Im Judentum und im Islam gelten ähnliche Regeln, die den Tod des Tieres durch Ausbluten vorsehen. 

In Belgien galt seit 1986 eine Ausnahmeregelung für das Schächten von Tieren, die für den Verzehr von Juden und Muslimen bestimmt waren. Seit die Zuständigkeit für das Tierwohl auf die Regionen überging, beendeten Wallonien und Flandern 2019 die Ausnahmeregelung. In der Region um die Hauptstadt Brüssel bleibt das Schächten weiter erlaubt. 

Deutschland: Schächten innerhalb einer engen Ausnahmeregelung zulässig

„Der Schutz des Tierwohls stellt einen ethischen Wert dar, der in den modernen demokratischen Gesellschaften an Bedeutung gewinnt“, heißt es in der Urteilsbegründung. Die belgischen Regionen hätten bei ihrer Entscheidung die möglichen Einschnitte in die Religionsfreiheit mitbedacht und eine Alternative vorgeschlagen, betonten die Richter. 

Demnach kann die Betäubung des Tieres „vorübergehend“ sein, so dass der Tod nicht durch die Betäubung eintritt, sondern - wie in den beiden Religionsgemeinschaften vorgeschrieben - durch das Ausbluten. Zudem verbieten die beiden Regionen nicht den Import von Fleisch geschächteter Tiere aus anderen Ländern.

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht 2002 entschieden, dass Schächten innerhalb einer engen Ausnahmeregelung zulässig ist. Das Schlachten nicht betäubter Säugetiere mit einem Kehlschnitt ist aus religiösen Gründen in zugelassenen Schlachtereien und unter Aufsicht des Veterinäramts erlaubt. Auch in Frankreich, wo die größte muslimische Gemeinde Europas lebt, ist Schächten unter Auflagen erlaubt.